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zu Weida. – Das „Herr“ vor Hoënegg ist nur ein Druckfehler für „Hoë“ v. Hoënegg. Dieser Doctor der Theologie hiess Matthias, war in Wien am 24. Februar (also am Schalttage) 1580 geboren, ward schon 1602 kurfürstlicher Hofprediger und 1694 Superintendent zu Plauen: jedenfalls der jüngste im Lande. Dieses Amt gab er jedoch 1611 auf, und am 4. März 1643 starb er als der erste der sächsischen Oberhofprediger. – Den hier genannten wenigen ausgezeichneten Söhnen der Stadt fügen wir noch bei: die Baumeister Peter und Joachim Marquard, davon Ersterer den Katharinenthurm in Hamburg, Joachim den Schneebergischen und den obern Theil des Zwickauischen gebaut hat; die Musiker Cornel Freund (gestorben 1591 in Zwickau,) Johann Glück (der schon vor 220 Jahren – wie vor 80 J. Joseph Haydn – die 7 Worte Jesu mit vielem Glück in Musik gesetzt hat, und als Diakon zu Schwarzhach bei Hof starb,) den grossen Orgelmeister Johann Christian Barthel (geboren 1776, als Hoforganist zu Altenburg gestorben 1831), den hiesigen Johann Friedrich Finke (geb. 1788) und den Dresdner Organisten Christian Robert Pfretzschner; die Sprachkundigen Ferdinand Gotthelf Hand zu Jena (geb. 1786) und Professor Gustav Hartenstein in Leipzig; den Geheimerath Wehner, Finanzdirector zu Dresden (lebte 1791 bis 1857) und den Geheim-Regierungsrath Dr. Alexander Karl Hermann Braun, mehrmals Präsidenten der 2ten Kammer, auch eine Zeit lang Minister, jetzt Amtshauptmann allhier und besonders um das Voigtland hochverdient. Ferner reihen wir an die Gebrüder Heubner, den Advocat Dieskau und den Stadtrichter Haussner. – Nach Einigen wäre hier auch der seinerzeit ausgezeichnete Dichter Paul Schneevogel geboren, der vor 370 J. unter dem Namen Niavis blühete.

„Graf v. Plauen“ haben ausser dem ersten König Friedrich August sich auch der zweite König dieses Namens und der heutige Kronprinz als incogniti genannt.

Des Radschauers Seehöhe mag 1130 bis 1150 Fuss betragen, da Lohrmann die ihm nahe Elster 974 bis 1011, Wiemann 987 Fuss hoch gefunden. Der Stadtkirche giebt letzterer 1047, die geognostische Karte (mit sonderbarer Abweichung) 1104 Fuss. Beiläufig sei auch bemerkt, dass, wenn man der Connewitzer Eisenbahnbrücke unfern Leipzig 330 Fuss beimisst, der Plauische Bahnhof 1259 Fuss hoch liegt. – Den Schlossberg sondert in Südwest der Syrauer Bach – und zwar kurz vor seiner Mündung – von der viel minder hohen und steilen Anhöhe, auf welcher die Stadt sich hinauf streckt. Ein Drittel des Ratschauers gehört zum Rittergute Leubnitz noch aus jener Zeit her, wo die Röder den hiesigen Erbcastellanat besassen; nur ist zu bemerken, dass wenn die diessfälligen Lehnbriefe vom „alten Schlosse zu Plauen“ sprechen, auch wohl der städtische Palast der Ebersteinischen Grafen gemeint sein kann. Noch jetzt hatten einige Hauswirthe Geld und Licht-Inselt nach Leubnitz zu zinsen; doch könnte nun Ablösung erfolgt sein. – Zu Herren des Schlosses wurden die Herzöge Ernst und Albert 1466 dadurch, dass der böhmische König Georg (v. Kunstadt und Podiebrad) als oberster Lehnberg ihnen auftrug, gegen den Burggrafen Heinrich III. die Acht zu vollstrecken. Allerdings wurde hierbei allerlei Vorwand gebraucht, um den wahren Bewegungsgrund, die Glaubensverschiedenheit, zu verdecken. Die Herzöge besetzten zwar den eroberten Ort, gaben ihn jedoch später, soviel das dominium utile betraf, denn Burggrafen-Stamme zurück. – Was die frühere Erstürmung der Burg durch die Hussiten betrifft, so geschah sie am 25. Januar: ob aber 1430 oder erst 1431, ist nicht völlig gewiss, weil man damals noch häufig das Jahr erst mit Ostern begann. Ueber den Commandanten Georg v. Raschau sind die älteren Nachrichten äusserst abweichend; nach einigen wollte er allerdings capituliren, wusste aber – in Hoffnung auf Entsatz – die Sache so in die Länge zu ziehen, dass Czapek die Geduld verlor und stürmen liess. Somit hatte Georg keineswegs schurkisch gehandelt. Spätere Commandanten waren 1470 Apel v. Tettau, und dann dessen Sohn Markward. – Durch den ungeheuren Brand Plauens am 9. October 1844 ist des Ratschauers Aussehen nicht verändert worden. Er zeigt hauptsächlich 2 ältliche ansehnliche Wohngebäude, die nebst einigen Seitengebäuden einen merklich abhängigen weiten Hof umgehen. Hinter dem obern gethürmten Flügel ist noch ein zweiter Hof mit dem Uhrthurme. An den tiefern Flügel hingegen stösst der jetzt nur noch niedrige und neu-bedachte, sehr dickwändige Verliessthurm, der sichtlich anfangs rund gewesen (wie die übrigen in Sachsen und Böhmen aus dem 12. und 13. Jahrh.), dem man aber später soviel abgenommen, dass er ein Oktogon darstellt. Vielleicht hat man geglaubt, dann das Geschütz darauf richtiger postiren zu können?? – In diesem Schlosse nun residirte in der letzten Zeit seines rastlosen Lebens und Strebens der meissnische Burggraf und böhmische Reichscanzler Heinrich V., als General eben so tapfer, wie als Staatsmann gewand und einflussreich, seit 1548 ein erklärter Reichsfürst, welcher Würde er unendlich mehr werth war, als z. E. ein Wallenstein. Von seinen Söhnen bewohnte zwar Fürst Heinrich VI. das Geraische Schloss Osterstein, Heinrich VII. aber gleichfalls den Radschin, während der Wittwe, einer gebornen Gräfin zu Salm, Luditz in Böhmen zugewiesen war. Als Fürsten des obersächsischen Kreises hatten die Heinriche auf Reichstagen ihren Platz zwischen Anhalt und Henneberg. Ihre voigt- und osterländischen Besitzungen (eingeschlossen die Anwartschaft auf Hof und das ganze Regnitzland, ausgeschlossen dagegen ihre grossen böhmischen Herrschaften) hiessen fortan officiell das Burggrafthum Meissen, obwohl sie ursprünglich dieses nichts angingen. Denn dieses Burggrafthum hatte zur Dotation nur viele einzelne Orte und Rittergutslehne bei Meissen, in gewisser Beziehung auch die Reichsgrafschaft Hartenstein, welche aber der Heinrich’schen Dynastie nie gehörte. Von ihren böhmischen Herrschaften gehört Luditz jetzt dem Grafen Karl v. Kokorzowa, Graslitz einem Grafen Nostiz, Theusing dem Herzog Alfred v. Beaufort-Spontini, Engelhaus mit Giesshübel und Buchau Denen v. Neuberg; Elnbogen aber hatten sie an die Schlick, Grafen v. Bassano und Weisskirchen versetzt. Der gesammte Gütercomplex reichte von Burgk an der Saale und von Gera bis in’s Herz von Böhmen hinein: eines Reichsfürsten wohl würdig. Im Voigtlande besass Heinrich V. ausser dem nachmaligen voigtländischen Kreise noch Schleitz, Lobenstein, Burgk und Saalburg: jetzt der Reussischen Linie der Vögte Heinrich gehörig. – Ein Fürstenthum Plauen aber, das in manchen Schriften vorkommt, hat es (wie besonders Märcker überzeugend dargethan) nie gegeben. – Der 5te Heinrich starb am 19. Mai 1554 vor Plassenburg, und von seinen Söhnen der ältere am 25. December 1568, der jüngere am 22. Januar 1572. Heinrich VI. soll ein sehr ausschweifendes Leben auf dem Ratschauer geführt haben, wesshalb ihn auch seine Gemahlin, die markgräflich Brandenburg-Ansbachische Prinzessin Dorothea Katharina, verliess; als Wittwe residirte sie in Theusing. Des letzten Heinrichs Wittwe aber, die zuvor dasselbe auch für den Anhaltiner Fürsten Karl gewesen, war die hinterpommerische Prinzessin Anna, welche in Schleiz gestorben, wohin auch schon der 5te Heinrich 1560 (von Plauen mit Dobenau) seine Regierung und sein Consistorium verlegt hatte, weil er 1559 die Aemter Plauen und Voigtsberg an den Kurfürsten verpfändet. Als dieser aber 1563 einmal Plauen besuchte und sich hier wie einen Erbherrn huldigen liess: protestirten die Burggrafen, obwohl sie die Pfandsumme zu erstatten zu rechter Zeit nicht vermocht hatten; diese betrug 60000 rheinische Gulden oder 1/8 Million Thaler. Es ist auch der Kurfürst in den unangefochtenen Besitz des voigtländischen Kreises nicht alsbald 1572, sondern erst 1575 gekommen, nachdem die böhmischen Stände ihrer Ansicht, auch jenes Territorium sei böhmisches Lehn, entsagt hatten. So lang dieses nicht geschehen, konnte August die kaiserliche Belehnung nicht erlangen, und ohne jenes Aufgeben würde wohl auch jetzt noch der voigtländische Kreis ein böhmischer sein. Wie aber die böhmischen Stände dazu (gegen ihres Landes Interesse und gegen ihres Königs Wunsch) bewogen worden, ist unbekannt.

Von Plauen lässt sich nicht wohl scheiden ohne Erwähnung der beiden Elstermühlen, weil diese, ursprünglich vom Rittergute Reinsdorf abgelöst, nach früherer Verfassung amtsässige Cancellei-Lehne mit eigner Erbgerichtsbarkeit und folglich den Rittergütern analog waren. Diese Gerichtsbarkeit gab 1839 gleichzeitig Herr Gössel, dem beide Mühlen gehörten, an die Regierung ab.

Reinsdorf (S. 20 d. A.) führt den Beinamen „bei Plauen“ zum Unterschiede von jenem reussischen Dorfe zwischen Greiz und Netzchkau. Es raint mit dem in Norden ihm sehr nahen Reussa, mit Messbach und beiden Losa, und liegt rechts nächst der Strasse nach Oelsnitz, in coupirter, anmuthig abwechselnder Gegend, westlich vom Wachhügel. Ohne eben der Hypothese von einem See in Plauens Gegend zu widersprechen, haben wir nur zu bemerken, dass man dann als dessen zu durchbrechen gewesene Wand nicht die nahen Plauen-Möschwitzer Thonschiefer-, sondern die entfernderen Grünsteinschieferberge zwischen Liebau und Elsterberg betrachten muss; diese sind es auch eben, die man die „voigtländische Schweiz“ nennt.

Die im Mittel 1287 Fuss hohe, eine städtische Parcelle einschliessende Flur von Reinsdorf ist zwar etwas steinig, aber keinesweg untragbar und wohl cultivirt. Das 1822 behufs der Subhastation auf 72865 Thlr. geschätzte Rittergut versteuert 71442/3 Einheiten, hat an Pachtland 205 Acker Feld, 87 Acker meist guter Wiesen, 26 Acker Hutung, 2 Acker Teiche, und noch immer eine starke Schäferei, obwohl am 19. Febr. 1841 beim Brande der in Nordost jenseits der Strasse stehenden Kemmlerschäferei sehr viel Vieh mit verbrannt ist. – Seine Erbgerichtsbarkeit über den Ort, der 1801 erst 123 Consumenten, 1834 in 22 Häusern auch nur 145 –, 1858 aber in 26 Häusern 196 Seelen zählt, gab das Gut im October 1855 ab: die Obergerichte stehen dem Amte von jeher zu, obwohl das Gut altschriftsässig und landtagsfähig war. Es hat Allodialqualität. Dem Gute gehört auch die der Stadt ganz nahe liegende sogenannte Hofwiese. Dagegen hat die Stadtcommun 891/5 Acker mit 520 Einheiten in hiesiger Flur.

Ein Albert von Reinoltsdorf erscheint urkundlich schon 1206 als Domherr zu Naumburg. – Der S. 21 des Album genannte Hanns Christoph v. Reibold, Kammerherr und Obersteuereinnehmer, besass 1666 theils ausschliesslich, theils mit Verwandten gemeinsam Reinsdorf, Gutenfürst, Strassberg, Rössnitz, Kloschwitz, Naundorf und Polenz bei Stolpen. Dass 1819 Georg Friedrich Müller mit R. beliehen war, ist sicher; welcher es vom Lieutenant Tümpling acquirirt hatte, letzterem überkam nach Müllers Verschuldung das Gut wieder, von welchem es an den dermaligen Besitzer fiel. Derselbe ist Mitdirector bei der ritterschaftlichen Kreiscasse. Sein andres Gut Sornau liegt bei Auma im Weimarischen. – 1588 war Reinsdorf ein Domanialvorwerk, welches der Stadtrath zu Plauen um 525 Thlr. in Pacht hatte: und dieses zu einer Zeit, wo das Zubehör stärker war, als jetzt. – Die Häuser des Dorfes stehen auf ursprünglich herrschaftlichem Boden.

Reusa (S. 39. d. A.) in Urkunden Reusza, Reuser, Reisa, Reussa. Irrig wohl blos wurde angenommen, dass der Stammvater der Reussen und Bruder des Voigts Heinrichs des Böhmen seinen Beinamen von der Burg geführt habe, auf deren Stelle später der General von Müffling das heutige Schloss erbaute; Reuss kann nach der Gütertheilung jenem Heinrich gar nicht gehört haben.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen V. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1859, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_V.djvu/347&oldid=- (Version vom 4.2.2017)