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2 Stockwerke durchzieht, ist mit 72 Hirschköpfen, welche die seltensten Geweihe von 24 – 50 Enden haben, verziert.

In einem grossen Schranke werden eine Reihe Pokale aufbewahrt, die noch der Zeit angehören, wo das Zechen als Ehre galt.

Der grösste dieser Pokale, welcher 3 Kannen fasst, besteht in einem kelchförmig gebildeten Hirschgeweihe, aus dem bei jedem Gastmahl „der Willkommen,“ zugetrunken wurde. – Ein besonderes Buch lässt die Namen der Gäste lesen, die zu August II. Zeit hier mit getafelt haben.

Auf dem Altare des Ballsaals hat man eine vortreffliche Aussicht nach 9 in den Wald gehauenen Alleen, von denen die mittlere nach der Fasanengrube führt.

In allen Sälen hängen Spiegel von seltner Grösse, Spiegelschränke und Uhren. In allen Sälen und Vorsälen, so wie auf den Treppen und Gängen findet man Jagd- und andere historische Gemälde. Unter den erstern zeichnet sich ein Oelgemälde von Lucas Cranach aus, das eine auf der Annaburger Haide gehaltene Jagdparthie von 40 in verjüngtem Maassstab nach den Leben gemalter Personen darstellt.

Die durch Johann Georg II. gegründete und am 1. Nov. 1661 eingeweihte, katholische Kapelle, deren Emporkirchen an die königlichen Zimmer stossen, wurde im Jahre 1790 unter August II. der Jungfrau Maria geweihet. Sie ist mit Goldbesetztem, rothen Sammt ausgeschlagen. Ein hier aufgestellter ans Kreuz geschlagener Christus von fleischfarbenem Marmor wird als ein Meisterstück erklärt.

Unweit des Schlosses sind mehre Königl.- und Privatgebäude erbaut, zu denen die Ställe, die Menagerie, das Fasanenhaus und ein Gasthof gehören.

Friedrich August, der Vater der treuen Sachsen liess im Jahre 1769 auf einem gegen 2000 Schritte von diesem Schlosse entfernten und am Ufer der grossen Teiche gelegenen Hügel, das neue, achteckige Schloss erbauen.

Die in neuerem Geschmack eingerichteten Zimmer sind mit verschiedenen Trinkgeräthen geziert.

Auf dem vor dem neuem Schlosse gelegenen grossen Teiche, wurde im Jahre 1790 von dem Schiffszimmermann Petzold mit einem Aufwand von 30,000 Thlr. eine Fregatte erbaut und auch in demselben Jahre in der Gegend des Entenbergs bei Borsdorf vom Stapel gelassen.

Doch war dieses Schiff, dessen Ausbesserung während der Kriegsjahre ganz unterlassen worden war, in dem Grade schadhaft, dass man es im Jahre 1818 ganz auseinander nahm und die Bestandtheile desselben zu Meissen den Meistbietenden verkaufte.

Der zu dem Schlosse gehörige Fasanengarten hat mehrere grosse und kleine Drathhäuser. Der vor ihm gebaute Thiergarten war berühmt wegen des früheren seltenen Wildes, jetzt ist wenig mehr dort zu finden.

In der Mitte dieses Thiergartens ist auf einem künstlichen 30 Ellen hohen Berge ein achteckiges Gebäude errichtet, welches wegen seiner hellen Lage, bei der man aus demselben die höchsten Bäume und 8 strahlenförmig auslaufende Alleen überblicken kann, den Namen des Hollhauses nicht Höllenhauses erhalten hat. Auf seinem flachen, mit Geländer umgebenen Dache bezeichnet der Schwanenwärter bei königlichen Jagden mit einer Fahne die Richtung, in der das Wild gelaufen ist.

Der grosse Teich steht durch einen schiffbaren Kanal mit einer beträchtlichen Anzahl anderer Teiche in Verbindung, deren Fischfang, besonders an Karpfen, Hechten, Schleien sehr ergiebig und einträglich ist.

Die vom neuen Schlosse und vom Thiergarten südwestlich befindlichen Wiesen sind zu einem Gestüte umzäunt.

Der Entenfang ist an der entgegengesetzten Seite angelegt.

Unweit des alten Schlosses liegt der Marktflecken Eisenberg.

(M. G.)     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/327&oldid=- (Version vom 3.6.2018)