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wurde dem Senior, dem Minister und Kanzler Heinrich von Bünau, dem gleichzeitigen Besitzer von Nöthnitz, ein silberner, stark vergoldeter Becher überreicht. Im Speisesaal des Schlosses zu Seuslitz hängt auch das Bildniss des Grafen Heinrich von Bünau.

Doch auch im Schlosse zu Nöthnitz ist des Grafen Heinrich von Bünau Bildniss im sogenannten Ahnensaal zu schauen. Aber noch lebhafter ist sein Bild in aller Herzen eingeprägt, die da wissen und zu würdigen verstehn, was dieser Mann für geistige Ausbildung gewirkt und geopfert und deshalb auch stets seine grösste Aufmerksamkeit Kirchen und Schulen zugewendet hat.

So suchte er auch in so fern eine Verbesserung mit Nöthnitz bezüglich des Kirchenganges herbeizuführen, als er die Auspfarrung von der Frauenkirche zu Dresden, und die Einpfarrung von Nöthnitz und Rosentitz nach Leubnitz bewirkte, da letztrer Ort den beiden ersteren Dörfern näher liegt.

Die Kirche zu Leubnitz, welche unter der Inspection Dresden steht ist im Jahre 1459 von der Markgräfin Agathe gestiftet und gehörte unter das Kloster Zelle. Bei Ausbesserung des Thurmknopfes im Jahre 1666 fand man in dem zinnernen Knopfe desselben ein bitteres Klagschreiben eines hiesigen Plebans, des Bruders Anton von Zelle, gegen Luther’s Lehre, auch verschiedene Reliquien nebst dem Evangelium Johannis, welchem man damals eine blitzableitende Kraft zutraute, weshalb es so häufig in die Thurmknöpfe gelegt wurde. Auf dem Kirchhofe von Leubnitz ruht der bekannte ausgezeichnete Landmann Pahlitzsch, von seines Gleichen nur der Sternguker oder der Bauernprofessor genannt.

Er zeichnete sich durch seine mathematischen und astronomischen selbst erworbenen Kenntnisse aus. Neben der Landwirthschaft, die er keineswegs vernachlässigte, trieb er eifrig Astronomie, Physik und Naturgeschichte. Sein Haus war ein kleines Museum, das umsomehr überraschte, weil man es hier nicht suchte. Es enthielt eine ausgesuchte Büchersammlung, mehrere Naturalien und viele Instrumente.

Den Garten zierten viele ausländische Gewächse.

Pahlitzsch ist der Entdecker des grossen Kometen von 1769, denn die englischen Astronomen haben erst später auf diesen Kometen aufmerksam gemacht. Die Naturforscher lehrte er einen neuen Polypen kennen. Er wurde von den Gelehrten der damaligen Zeit sehr hoch geschätzt und von den Grossen geachtet und geliebt.

Der grosse Hirschel[VL 1] in London war sein Freund, mit England stand er häufig in Briefwechsel.

Im Kriege 1779 wurde er mit einem Besuche des Prinzen Heinrich und des Herzogs Leopold von Braunschweig beehrt. Ersterer lud ihn oft zu sich nach Dresden ein und machte ihm Geschenke an Büchern und Instrumenten. Auch der Herzog von Braunschweig bezeigte sich auf jegliche Art freigebig gegen Pahlitzsch. Selbst der Churfürst von Sachsen unterhielt sich oft und gern mit ihm. Dabei blieb er der einfache Landmann in Kleidung, Lebensweise und Arbeit. Er pflügte und ladete Dünger, wenn die Wirthschaft es heischte und studierte blos in freien Stunden. Er starb am 22. Februar 1788.

Sein Bild ist auf Kosten des Geheimen Raths von Ferber äusserst ähnlich vom[VL 2] Graf gemalt und im Jahre 1782 von Schultze gestochen worden.

Pahlitzsch war in dem ebenfalls nach Leubnitz eingepfarrten Dorfe Prohlis geboren und soll viel auch mit dem Grafen von Bünau in Nöthnitz verkehrt haben, und vorzüglich dieser Verkehr die Veranlassung gewesen sein, weshalb Pahlitzsch mit so viel grossen Männern in Verbindung kam.

Nirgends passender in diesem Album als gerade bei der Beschreibung von Nöthnitz dürfte daher die Erwähnung eines so grossen Mannes angebracht sein und man wird daher diese kleine Abschweifung gewiss gerne verzeihen.

Wir haben von Nöthnitz nur noch zu erwähnen, dass ausser dem Rittergutsgebäude keine besonderen grossen Güter hier existiren. Doch sind im Orte eine Mühle und ein Gasthof; ausserdem nur 25 Häuser, wovon im Jahre 1813 nicht weniger als 6 ein Raub der Flammen wurden.

Die Einwohner, die über 100 betragen, sind in das Gerichtsamt Dresden gewiesen.

(M. G.)     



Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftliche Korrektur: Herschel
  2. handschriftliche Korrektur: von
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/282&oldid=- (Version vom 17.1.2018)