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Lauenstein,


früher auch Leonstein, Löwenstein und Lawenstein, liegt über dem linken Ufer der Müglitz am Abhange eines zwischen höheren Gebirgen gelegenen Berges, am Zusammenflusse des Tiefenbachs und Geisingbaches, nahe bei Neu-Geissing und Bärenstein, 6 Stunden südlich von Pirna.

Die aus Thälern, höhern und niedern Bergen und nur wenigen Ebenen bestehende Umgegend bietet dem Auge abwechselnd schöne Wiesen, mühvoll bearbeitete Saatfelder und meistens aus Nadelholz bestehende Büsche und zahlreiche Berghalden, als Erinnerungen an den hier früher stark betriebenen Bergbau dar.

Das alte Schloss thront auf hohem Berge, dessen Entstehung nicht mit Bestimmtheit zu ermitteln sein dürfte. Es ist zu verschiedenen Zeiten gebaut worden und dessen Vollendung in das 13. Jahrhundert zu versetzen. Als Reliquie des Alterthums wird darinnen der sogenannte Trompetersaal gezeigt. Dieser Saal ist ein langes, grosses Gemach mit Orchester, indem in frühester Zeit zu Ehren edler, tugendhafter Ritterfrauen die üblichen Ritterfeste gefeiert wurden. Aber auch an die Schattenseite jener alten, in mancher Hinsicht herrlichen Zeit wird man hier durch die noch vorhandene sogenannte Marterkammer und durch das noch existirende Burgverlies erinnert. In der erstern befanden sich noch vor einigen 40 Jahren mehrere Marterinstrumente, die seit dem Kriegsjahre 1813 vermisst werden. Dieser düstere, trübe Eindruck wird blos dadurch wieder gemindert, wenn man auf die einzelnen Ueberreste der schon längst eingegangenen Schlosskapelle schaut und erwägt, wie der fromme Sinn schon frühzeitig auch hier zu Hause war, um das niedergebeugte, von Gram und Kummer verzehrte Gemüth in seiner Hingebung zur allwaltenden Vorsehung wieder zu trösten und aufzurichten.

Lauenstein war von seiner Entstehung an eine bedeutende Herrschaft, welche im Jahre 1320 Markgraf Friedrich mit der gebissenen Wange besass. Bei der Landestheilung des Kurfürsten Friedrich II. mit seinen beiden Brüdern Siegismund und Wilhelm 1436 fiel die Herrschaft Lauenstein dem Kurfürsten selbst zu, welcher sie an die Herren von Korbitz verlieh. Letztere verkauften diese Herrschaft 1479 an Hans und Erhardt Münzer, welche den sogenannten Begnadigungsbrief erhalten haben. Von dem Einen dieser Brüder, welcher der reiche Münzer genannt wird, erzählt man, dass er aus den Freiberger Bergwerken 300,000 Thaler erhalten habe. Nach dem Ableben seines Sohnes, Hans Münzer des Jüngern, welcher nach der Rückkehr aus dem gelobten Lande, wohin er den Herzog Albert begleitet hatte, als Landeshauptmann zu Freiberg ernannt worden war, verkaufte[VL 1] Stephan Allenbeck Lauenstein und erhielt 1494 seine Begnadigung. Dieser Besitzer hat dem Städtchen Lauenstein seine Vorrechte verschafft, auch den Bürgern gegen einen ganz mässigen Erbzins die bis dahin gehabten Hofdienste erlassen.

Nach der Familie von Allenbeck wurden die Herren von Saalhausen mit Lauenstein begnadigt, welche es bis 1515 besassen. In diesem Jahre kam die Herrschaft an Rudolph von Bünau auf Tetschen in Böhmen, welcher ein Schwager derer von Saalhausen war und im Jahre 1520 auch wirklich mit Lauenstein beliehen wurde. Nach seinem Tode ist die Herrschaft Lauenstein und die Herrschaft Tetschen auf seinen Sohn Günther von Bünau übergegangen. Dieser hat das hiesige Pfarrgut für 300 Gülden käuflich übernommen. Ihm ist Rudolph von Bünau, welcher das alte Stammhaus dieser Familie, Tetschen, der Religion wegen verlassen musste, als Besitzer von Lauenstein gefolgt, und im Jahre 1635 in Reinhardtsgrimma, welche Besitzung er noch dazu gekauft hatte, gestorben. Tetschen ist dagegen im Jahre 1628 an das Thun’sche Geschlecht gekommen. Seit des im Jahre 1635 verstorbenen Rudolphs von Bünau Tode ist Lauenstein ununterbrochen bis zum Jahre 1806 bei dessen Familie geblieben. Im gedachten Jahre starb der letzte männliche Sprössling dieser Rudolph von Bünau’schen Linie, der Graf Rudolph von Bünau, Geheimrath und sächsischer Gesandter zu Paris, und Lauenstein fiel als ein Mannlehn an eine Bünau’sche Nebenlinie, und zwar an den Artillerie-Major Günther von Bünau, welcher es nach dem Kriege von 1813 wegen der beispiellosen Verwüstungen, welche die Besitzung im Kriege erlitten hatte, und der übernommenen Lehnsschulden am Ende aufgeben musste, so dass es im Jahre 1821 subhastirt wurde.

Der Geheimrath Graf von Hohenthal-Dölkau erstand Lauenstein mit seinem ganzen Complex und seit dessen Tode besitzt die Herrschaft sein Herr Sohn, Carl von Hohenthal-Püchau.

Die Schicksale Lauensteins anbetreffend, hat der Ort viele Drangsale durch den Hussiten- und dreissigjährigen Krieg erduldet; auch von Brandunglück ist derselbe oft heimgesucht worden.

Am 2. Mai 1594 Nachts 12 Uhr ist im Schlosse durch Verwahrlosung eines Malers ein Feuer entstanden, welches bei der damaligen grossen Trockenheit mehrere Schlossgebäude, die Kirche, Schule, das Rath- und Brauhaus und 54 Wohnhäuser in Asche legte. Auch im Jahre 1643 ist ein grosser Theil des Städtchens, mit der Kirche, Pfarre, Schule und Rathhaus abgebrannt. Ein dritter Brand am 11. December 1806 legte den oberen Theil der Kirche bis auf das Gewölbe, nebst dem Kirchthurm, das Rath- und Schulhaus und 8 Bürgerhäuser in Schutt und Asche.

Lauenstein hatte früher ansehnliche Zinn- und Eisenbergwerke und noch zu Anfange des 18. Jahrhunderts sind auf hiesigen Fluren 14 gangbare Gruben betrieben worden, welche aber sämmtlich, bis auf den hiesigen Communstollen, liegen geblieben sind.

Ausserdem besitzt die Commun, welche im 14. Jahrhundert Stadtgerechtigkeit erhielt, grosse Brauereigerechtsame, und der Betrieb dieses Nahrungszweiges

Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftliche Korrektur: erkaufte
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/251&oldid=- (Version vom 17.1.2018)