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Auguste Ernestine Freiin von Brandenstein verehelicht war und von dieser zweiten und dritten Ehe ebenfalls Kinder vorhanden sind.

Die hiesigen Schlossgebäude gewähren ein freundliches Bild, welches durch die herrlichen dabei befindlichen Parkanlagen einen besondern Reiz für den Beschauer bietet. Das Brauhaus und die Schäferei stehen auf dem sogenannten Oberhofe und letzteres besteht aus einem Gebäude, wie ein zweites in Sachsen nicht leicht zu finden sein dürfte.

Das Rittergut selbst hat ein bedeutendes Areal an Feldern und Wiesen, vorzüglich aber an Holzungen, obschon es ehedem durch das dabei befindliche grosse Vorwerk Cunnersdorf, welches zu Zeiten der Herren von Schönberge von Reinhardsgrimma abgetrennt und selbstständig bewirthschaftet wurde, noch viel grösser war. Denn das ehemalige Freigut Cunnersdorf, oder das Vorwerk genannt, welches eine halbe Stunde von Reinhardtsgrimma entfernt auf einer Anhöhe liegt und über das ganze Dorf sich erhebt, gehört nebst dem dasigen Erb- und Lehngerichte zu den ansehnlichsten Gütern. Vorzüglich ist es aber die Lage von Reinhardtsgrimma, welche so ungemein anzieht. Wohin sich auch der Naturfreund hinwenden mag, überall wird derselbe entzückt von den herrlichen Ansichten, von dem zauberischen Liebreiz der Natur. Die Bildung der tiefsten und schönsten Thäler der hiesigen Gegend wird erzeugt durch die rings herum liegenden Gebirge. Im Süden von Reinhardtsgrimma steigt der kegelförmige, aus Basalt bestehende Lucher Berg, im Osten der Lederberg bei Schlottwitz, im Norden der Wilischkegel empor, von welchem aus man sonst das schöne Elbthal, den Königstein, Lilienstein, die hervorragenden Punkte der sächsischen Schweiz, die Frauensteiner Ruinen und einen Theil der böhmischen Gebirge erblicken konnte.

Nach einer alten Volkssage bewahrten einst die Riesen den Luch- und Wilischberg und schleuderten Basaltwacken gegen einander, die nun mitten zwischen beiden Höhen angehäuft liegen.

Vom nahen Schlottwitz führt ein bequemer Fussweg auf den Grimmstein, auf welchem ein liebliches Lusthaus erbaut ist, wozu schon die Anlage von dem früheren Besitzer von Reinhardtsgrimma, dem dänischen Gesandten, Herrn von Bülow, gemacht worden war.

Von Schlottwitz hat der so oft schon in Reisebeschreibungen und Topographien genannte Schloitzgrund seinen Namen, wodurch die hiesige Gegend so berühmt geworden.

Die westliche Einfassung dieses Grundes ist unterwärts hoch, stark coupirt und sehr steil, oberwärts hingegen, nur bis auf 50 oder 70 Ellen[WS 1] steil und felsig ansteigend, dann sanft abgewölbt, so dass hier Felder existiren können. Oestlich also zur rechten Seite zieht sich 3000 Schritt lang die steile, mehre 100 Ellen hohe, aber mit freundlichem Laubholz und der üppigsten Vegetation geschmückte Wand des Lederberges hin und gewahrt eine ähnliche Ansicht, wie der Reisende bei Tharandt geniesst. Die grösste Höhe dieses weithin sichtbaren Berges beträgt 616 Ellen über dem Dresdner Elbspiegel, also 1456 Pariser Fuss über dem Meere. Sein Gipfel ist bewaldet. Der eigentliche Schloitzgrund ist eine Stunde lang und meist 200 bis 400 Schritte breit. Gewaltige Felsmassen machen ihn bis Glashütte hin zum Theil unwegsam.

Das Ganze bildet eine der reizendsten Parthien in Sachsen und kann nicht so geschildert werden, als es der Beschauer fühlen und geniessen muss.

Beide Thalwände des Schloitzgrundes bestehen, wie schon erwähnt, aus Gneus, welcher nur vom Achatgebirge unterbrochen wird. Daher der Name Schlottwitzer oder Schloitzer Achat, sehr häufig auch Cunnersdorfer Achat oder Cunnersdorfer Stein genannt.

Vor Einführung der neuen Gerichtsorganisation gehörten von Schlottwitz unter die Gerichtsbarkeit von Reinhardtsgrimma 4 ganze, 2 halbe Hufengüter und einige Häusler. Ebenso war ein Theil von Cunnersdorf den hiesigen früheren Patrimonialgerichten einverleibt, wogegen ein anderer Theil dem Rittergute Maxen zugetheilt war, was wohl darinnen seinen Grund haben mag, dass Maxen und Reinhardtsgrimma in den frühesten Zeiten ein und derselben Familie gehörte, der Familie von Karras.

Der Gerichtsherrschaft von Reinhardtsgrimma steht bis zum heutigen Tage noch das Patronatrecht über hiesige Kirche und Schule zu.

Die Erbauung der Kirche fällt in die katholischen Zeiten zurück. Sie ist ein langes, aber schmales, mit 3 Thürmen versehenes Gebäude.

An sie angebaut sind 2 herrschaftliche Erbbegräbnisse. In dem älteren ruhen die früheren Besitzer von Reinhardtsgrimma, in dem neueren die des dänischen Gesandten am sächsischen Hofe, Freiherrn von Bülow, und zweier Gemahlinnen des Herrn Georg Conrad Ruschenbusch.

In der Kirche befinden sich mehre Monumente, worunter das des Heinrich von Schönberg und das seiner Gemahlin, der Elisabeth geb. von Trotta, Erwähnung verdienen. In der herrschaftlichen Kapelle erblickt man viele sehr schätzbare Gemälde, auch interessante Gedenktafeln. Der Altar ist alt und enthält verschiedenartige Verzierungen. Die Kanzel ist mit den 4 Evangelisten geschmückt. Die Orgel ist von Silber neu erbaut, und hat 2 Claviere.

Ausserdem besitzt die Kirche ein Vermögen von 1100 Thalern und 10 Legate, die theils zur Unterstützung Armer, theils zum Unterricht dürftiger Kinder, theils zur Anschaffung von Schulbüchern bestimmt sind; ein Legat ist zur Erhöhung der Feier des Charfreitags durch eine Predigt bestimmt.

Der Kirchhof enthält unter vielen andern Grabdenkmälern auch ein uraltes Bild, welches den alten Ritter Grimmer vorstellen soll.

Eingepfarrt hierher sind Cunnersdorf, ein Theil von Schlottwitz und die sogenannten Hütten, Oberfrauendorf, Niederfrauendorf, Reinholdshain und Hirschbach.

Die Pfarrwohnung, welche mit sammt den Wirthschaftsgebäuden im Jahre 1765 abbrannte, ist seit ihrem Wiederaufbau in gutem Zustande, hat eine hohe, freie Lage und gewährt eine weite Aussicht.

Die Gründung der Schule, welche von beinahe 100 Kindern besucht wird, lässt sich nicht genau ermitteln; Cunnersdorf, Oberfraundorf, Reinholdshain und Hirschberg haben in der neuern Zeit ihre eigenen Schulen erhalten und besondere Schulhäuser erbaut.

Ausser diesen namhaft gemachten Gebäuden verdient blos noch eine Erwähnung einerseits das Gasthaus – welches auf dem Gebiete des hiesigen, seit alten Zeiten zum Rittergute gekommenen Erbgerichts steht – und andererseits die Schlossmühle, welche sich am obern Dorfende befindet, und aus drei Gängen und einer Schneidemühle besteht.

Reinhardtsgrimma bildet nur eine Gemeinde und besteht aus 26 Bauergütern, 16 Gärtnern und 50 Häuslernahrungen, und im Ganzen aus 4 Mühlen, und auf dem Rittergute befinden sich, ausser dem Schlosse, noch 16 Wohngebäude.

Die Einwohnerzahl beläuft sich auf 871, welche jetzt unter dem Gerichtsamte Dippoldiswalde stehen. Letzteres ist dem Bezirksgerichte Dresden und den übrigen dortigen höheren Behörden untergeordnet.

Die Einwohner von Reinhardsgrimma selbst beschäftigen sich meistentheils mit Ackerbau und Viehzucht und Strohflechten.

M. G.     



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Ellen Ellen
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/246&oldid=- (Version vom 17.1.2018)