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Der achte erbliche Markgraf war des letztern Sohn, Friedrich der Ernsthafte, von welchem Friedrich der Strenge die Markgrafenwürde erbte. Dieser starb 1381 und war der letzte, welcher in die ehrwürdige Gruft zu Altzelle gelegt ward.

Ihm folgte der letzte Markgraf und der erste Kurfürst, Friedrich der Streitbare.

In der Gegend von Wittenberg und Dessau war bekanntlich das Kurfürstenthum Sachsen. Der Kurfürst dieses Landes, der keine Kinder hinterliess, starb im Jahre 1422 unerwartet, als er in der Lochauer Haide mit der Jagd sich vergnügte. Da fiel das Land dem Kaiser Sigismund zu und dieser schenkte es Friedrich dem Streitbaren, dem er schon 90,000 fl. schuldig war und den er gern länger als Beistand gegen die Hussiten beibehalten wollte. So wurde aus der Markgrafschaft Meissen, die fast 500 Jahre bestanden hatte, im Jahre 1423 das Kurfürstenthum Sachsen.

Im Jahre 1428 starb unter trüben Ahnungen und ernsten Ermahnungen an seine beiden Söhne, Friedrich und Wilhelm, der einst so gefürchtete Held, und aus Furcht vor den racheschnaubenden Hussiten wurde derselbe in aller Stille im Dome zu Meissen beigesetzt.

Die Regierung übernahm Friedrich der Sanftmüthige. Im Jahre 1445 erfolgte zwischen Friedrich und Wilhelm eine Ländertheilung, zufolge deren der letztere Thüringen erhielt, Friedrich aber im Besitze von Meissen blieb.

Die beiden Söhne Friedrichs des Sanftmüthigen regierten nach des Vaters Tode die ererbten Güter gemeinschaftlich, so dass Ernst, als der ältere, Kurfürst, Albrecht aber Herzog war.

Unter ihnen wurde im Jahre 1471 der Grund zu dem gegenwärtigen Schlosse von Meissen, wie wir solches in der Abbildung erblicken, gelegt. Die Ausbeute der Schneeberger Silbergruben deckte die Kosten des Baues, der unter Leitung des Baumeisters Arnold aus Westphalen 1483 vollendet ward. Johann Georg II., der nach dem 30jährigen Kriege das Schloss wieder in Stand setzte, gab ihm den Namen „Albrechtsburg,“ wie durch dessen Befehl vom 15. October 1676 erweislich ist.

Die an die Domkirche grenzende Albrechtsburg ist durch und durch massiv und fünfmal übereinander gewölbt. Die dreifachen Gewölbe unter der Erde sind so geräumig, dass 12000 Stück Fässer darin lagern können. Das ursprüngliche alte Schloss war aber von weit grösserem Umfange als jetzt und eine dreifache Residenz, nämlich des Markgrafen, der den mittlern, des Burggrafen, der den vordern, und des Bischofs, der den hintern Theil desselben bewohnte. Von dieser letztern Burg ist jetzt nur noch der markgräfliche Theil übrig.

In der ehemaligen Wappenstube, wo an 4 Pfeilern das Meissner, Thüringer, Landsberger und Sächsische Wappen angebracht war, und welche man sonst als ein Gefängniss für Standespersonen brauchte, stand ehemals über einem Kamine: Es geluckt noch wohl. H. J. H. Z. S. und darunter mit Röthel: Gnad dir der allmächtige Gott, welche Inschriften, um sie vor dem Untergange zu schützen, mit einer Glastafel überzogen waren. Ein zweitägiger Brand, der 1773 im Schlosse ausbrach, zerstörte sie fast ganz, und jetzt sieht man nur noch die Erhöhung, wo die Glastafel gefasst war. Die Inschrift rührt wahrscheinlich von Johann Friedrich dem Mittlern her, der wegen der bekannten Grumbach’schen Händel, als Gefangener von Grimmenstein zu Gotha nach Wien geschafft wurde und dabei mehrere Nachtquartiere zu Meissen und Dresden hatte, und zwar in der sichern Hoffnung, der Kaiser werde ihn noch begnadigen.

Das alte bischöfliche Schloss oder der sogenannte Bischofshof ist von der Albrechtsburg durch die Domkirche getrennt. Es wurde im Jahre 1478 zu bauen begonnen und kostete dem Bischof Johann VII. von Weisbach, welcher es von Grund aus neu bauen liess, enorme Summen. Ueber dem Eingange ist der Namenszug Karls V. in Stein gehauen, der nach der Mühlberger Schlacht hier gewohnt haben soll.

Das ehemalige burggräfliche Schloss ist ganz eingegangen; so auch das einst daneben befindlich gewesene Diversorium oder Absteigequartier für die Alt-Zellischen Mönche, wenn sie nach Meissen kamen. Dasselbe gilt von dem sogenannten rothen Thurm, der wahrscheinlich nicht weit von der Capella Ducum stand, und vor welchem in Schranken unter freiem Himmel eine Art von allgemeinem Landgericht gehalten wurde, das aus lauter ansässigen Rittern unter dem Vorsitze des Markgrafen bestand und im Jahre 1488 noch geübt wurde.

Die Besitzer bezogen gewisse Einkünfte aus 20 Dorfschaften, welche nachher unter Friedrich August das Erbamt gründeten.

Damals hatte das rothe Thurmgericht zu Meissen grosses Ansehen und erstreckte seine Aussprüche sogar über einen Theil Böhmens.

Die Albrechtsburg ist seit dem Jahre 1710 für die königliche Porzellanfabrik eingerichtet worden und der Bischofshof enthält das Rentamt und den Schüttboden der königlichen Procuratur.

Mit dem Schlossberge, worauf die Albrechtsburg und die Domkirche stehen, ist durch eine unter Heinrich dem Erlauchten im römischen Style erbaute aus 42 Fuss langen Bogen stehende Brücke der Afraberg verbunden, auf welchem die St. Afrakirche nebst Fürstenschule und die dazu gehörigen Schulamts- und Wirthschaftsgebäude stehen. Beide Berge wurden die Freiheit genannt, weil sie nicht zu dem Gerichtssprengel des Stadtraths gehören, und von beiden führen Treppen in die Mittelstadt herab, welche aus allen am Fusse dieser Berge gegen die Elbe und Triebisch hinab liegenden Gebäuden besteht.

Unter der Gruppe der Gebäude des Schlossberges zeichnet sich vorzüglich die Domkirche aus, deren Ausbau unter Otto I. erfolgte, während Heinrich I. schon 973 den Grund dazu legte. Der Baumeister dieser Kirche ist leider nicht bekannt. Die heutige Domkirche hat jedoch von der von Otto I. vollendeten wenig Aehnlichkeit mehr; denn schon die Zeit machte Veränderungen nothwendig; die Baulust mancher Bischöffe vergrösserte sie durch Kapellen und verschönerte sie im Innern. Von den vielen jetzt hier befindlichen Grabmälern war auch natürlich damals noch keins vorhanden. Einen Hauptbau an dieser Kirche unternahm um das Jahr 1274 Bischof Wittigo I., welcher besonders das schöne Gebäude des jetzt sogenannten breiten Thurmes betraf, das jener Bischof anfing, aber seinem Nachfolger völlig auszuführen überliess. Bei dem von Wittigo I. angefangenem Bau entdeckte derselbe das Grab des Bischofs Benno, und liess dessen Gebeine in einer prächtigen Truhe vor dem Hochaltar beisetzen. Aber schon 1295 gebrauchte Friedrich mit der gebissenen Wange in seinen Fehden diese Kirche nothgedrungen als Scheuer, so dass Wittigo II. nach 1312 zu abermaliger Instandsetzung derselben sich genöthigt sah. Derselbe legte auch auf der Abendseite den Grund zu drei grossen Thürmen, welche unter der Regierung des Bischofs Thimo von 1399 bis 1411 vollendet, schon 1413 mit sieben darauf hängenden Glocken bei einem Sturmwinde, Dächer und Fenster beschädigend, zusammenstürzten. Unter Johann von Weissbach wurden diese Thürme wieder hergestellt, deren abermalige Vernichtung im Jahre 1547 durch einen Blitzstrahl erfolgte, und zwar in derselben Nachmittagsstunde, in welcher die Meissner Domherren nach dem Siege Kaiser Karls V. über Kurfürst Friedrich bei Mühlberg den Ambrosianischen Lobgesang in der Domkirche anstimmten. Später erhob sich an der Stelle dieser Thürme ein sehr hohes Haus ähnliches Gebäude, welches der Kirche allerdings nicht zur Zierde gereicht. Wohl aber verdient als ein Denkmal gothischer Kunst besonders Erwähnung der sogenannte höckerige Thurm, auf dessen 127 Ellen hohem Gemäuer, welches in einen mit Steinplatten belegten und von einem Geländer umgebenen Freiplatz ausläuft, ein steinerner pyramidenförmiger Obelisk, vielfach durchbrochen und nur durch einige eiserne Anker zusammengehalten, die Bekrönung bildet. Dieses grosse baukünstliche Spiel des Alterthums, dem Scheine nach nicht einem Sturme trotzbar, behauptete vielleicht seit fast einem Jahrtausend unversehrt seinen Platz. Im Innern der Kirche, deren Kreuzgewölbe auf Säulen ruht, die durch Laubwerk-Capitäler geziert sind, bewirkt die in einigen Fenstern erhaltene Glasmalerei ein mit dem Ganzen harmonirendes Licht. Unter dem Fussboden ruhen Markgrafen, Burggrafen und Bischöffe. Der Grabstein Wittigo I., welcher am 7. März 1293 verstorben, trägt noch gut erhalten seine Schrift. Einer der merkwürdigsten hier beerdigten Bischöffe ist Johann Hofmann, Sohn eines Bürgers zu Schweidnitz in Schlesien. Dieser, Doctor der Theologie und Rector Magnificus zu Prag, fasste, von den Hussiten befeindet, den Entschluss, ausserhalb Böhmen einen

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/231&oldid=- (Version vom 17.1.2018)