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ihre besonderen Kirchen, über welche ebenfalls dem Besitzer von Walda das Collaturrecht zusteht. Roda ist nach Wildenhain eingepfarrt, wogegen Kleinthiemig nach Scassa eingekircht ist.

Dieses Scassa ist durch seinen früheren Pfarrer Adam Friedrich Zürner berühmt geworden. Derselbe verwaltete im Jahre 1704 das Pfarramt zu Scassa, resignirte aber 1721 auf dasselbe und wurde vom König August zum königlichen Geographen und Landgrenzcommissar erhoben.

Er vermass innerhalb der Zeit von 1712 bis 1732 ganz Sachsen und zeichnete während dieser Zeit mit der Feder 141 grosse Landkarten von zwei bis drei Blättern jede, sowie 761 kleinere, woraus er für den König 40 Special- und 40 Generalkarten, sowie eine grosse Postkarte der sächsischen Lande anfertigte. Zum Behufe seiner Messungen, wozu der König ihm einen sogenannten geometrischen Wagen bauen liess, reiste er 18000 Meilen im Lande herum. Seit 1721 datiren sich daher die steinernen Postsäulen.

Das nach Scassa eingekirchte Kleinthiemig gehörte früher nur zum Theil mit 6½ Hufen zum Rittergute Walda, während ein anderer Theil zum Procuraturamte Meissen, ein dritter zum Rittergute Promnitz gehörte und ein vierter unter dem Amte Grossenhain stand.

Grossthiemig gehört jetzt, wie bekannt, nicht mehr zum Königreiche Sachsen und ist eins der Schradendörfer, von dem Schradenwald so genannt.

Der Schraden, der jetzt zum Herzogthume Sachsen gehört, bildet eine längliche Insel in Form eines Triangels, welche 8894 Acker 20 Quadratruthen Flächeninhalt hat. Den Becken-Schenkel des Triangels begrenzt die Pulsnitz, den rechten die schwarze Elster, welche hinter Elsterwerda bei Katzschka in einem spitzigen Winkel mit der Pulsnitz zusammenfliesst. Die Hauptlinie zieht das sogenannte Grenzwasser oder der Kanal, welcher von der Buschmühle bis hinter Tettau die Pulsnitz mit der schwarzen Elster verbindet. Elsterwerda, Grosskmehlen, Strauch und Merzdorf; Frauenwalde, Hirschfeld, Gröden, Krauschutz, Kotzchka, Bühlen, Kraupa, Dreska, Kahla, Plosse und Grossthiemig haben Theil an dem Schraden und heissen deshalb die Schradendörfer.

Was der Spreewald für die Niederlausitz, die Annaburger Haide für den Wittenberger Kreis, die Auerbacher Wälder für das Voigtland sonst waren, das war einst der 7 bis 8 Stunden lange und über zwei Stunden breite Schradenwald für Meissen, nämlich eine ungeheure Holz-und Wilpretskammer.

Jetzt besteht der Schraden grösstentheils aus Hut- und Wiesenflächen, auch tragbaren Feldern. Der kleinste Theil ist mit Laubholz, besonders mit Eichen, Birken, Erlen, Buchen, auch einigen Fichten und Kiefern bewachsen.

Die Rechte und Befugnisse der Theilhaber sind durch die Schradenordnung Kurf. Augusts von 1582 schon bestimmt worden.

Branntwein, Kartoffeln, Speck und Fische sind die gewöhnliche Nahrung des Schradenbewohners, der sich durch einen nervigten Körperbau von den Landleuten in der Gegend von Meissen und Oschatz unterscheidet.

Die Schradenmädchen, welche das Viehfutter aus Moor und Wasser holen müssen, bleiben eben so rothbäckig und so kerngesund wie ihre Schwestern in lachenderen und trockneren Gegenden. Die einfache Lebensweise dieser Menschen bewirkt diese Frische, diese Gesundheit.

Die Sümpfe des Schradens sind für die umliegende Gegend eine Art von Wetterableiter; denn über derselben theilen sich fast alle Gewitter und ziehen entweder rechts über die Berge oder links nach der Lausitz.

Grossthiemig war vor der Theilung Sachsens ebenfalls dem Amte Grossenhain zugetheilt, wogegen Kleinthiemig unter verschiedene Gerichtsbarkeiten gehörte.

Das nach Walda eingekirchte Nassenböhla gehörte theilweise zum Rittergute Hirschstein und zum Theil blos unter das Amt Grossenhain.

In der frühesten Zeiten soll Nassenböhla eine eigene Kirche gehabt und Stroga dahin eingepfarrt gewesen sein.

Walda allein hat 39 bewohnte Gebäude mit 53 Familienhaushaltungen und 286 Einwohnern. Dieser Ort sammt Rittergut ist jetzt dem Gerichtsamte Grossenhain, dem Bezirksgerichte Meissen und der Amtshauptmannschaft des letztern Ortes zugetheilt, sowie dem Regierungsbezirke Dresden zugewiesen.

M. G.     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/222&oldid=- (Version vom 17.1.2018)