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Hermsdorf
(bei Lausa[VL 1])


an der Röder, 4 Stunden nördlich von Dresden an der Camenzer Strasse gelegen, besitzt ein schönes Schloss mit Park, berühmte Schäferei und Brauerei und im Westen ein Vorwerk.

Das alte Schloss ist im Jahre 1748 abgebrannt und das jetzige, im erhabenen Style erbaute, datirt sich aus jener Zeit. Dasselbe ist mit drei Thürmen geschmückt, steht aber noch in der Tiefe. In demselben befindet sich eine geschmackvoll aufgestellte Bibliothek und eine seit dem 9. November 1777 concessionirte Hauscapelle.

Der reizende, mit Wasseranlagen reichlich versehene Garten wird von einem Arm der Röder durchflossen, welche auf die mannichfaltigste Art zu Teichen und Canälen benutzt worden ist. Unter den vielen interessanten, theils englischen, theils französischen Anlagen zeichnet sich ein schöner, von alten ehrwürdigen Teichen[VL 2] rings umgebener Teich vorzüglich aus. Der verstorbene Hausmarschall von Schönberg, welcher diesen Garten im Jahre 1764 anlegte, war oft in England; daher die Anlagen, besonders die Wasserparthien, im englischen Geschmack sind, der erst durch diesen Garten in Sachsen einheimisch geworden ist.

Unsere Nachrichten über die einzelnen Besitzer des Gutes gehen blos bis zum Jahre 1500 zurück. Damals verkauften es die Herren „Gevattern“ von Carlowitz an die von Zschieren, von welchen es im Jahre 1603 der Kurfürst Christian II. erkaufte. Derselbe behielt es nicht lange und überliess es dem Grafen von Bindlauf.

Dieser verstarb im Jahre 1616 und sein Epitaphium war in der protestantischen Hofkirche an einem der mittleren Pfeiler angebracht. Mit dieses Herrn Tode, der keine Erben hinterliess, fiel das Gut Hermsdorf oder Herrmannsdorf an den Kurfürsten Johann Georg I., welcher 1630 das Schloss erbaute. Von ihm kam es auf Johann Georg II. Dieser Kurfürst überlies es an einen Freiherrn von Rechenberg, nach welchem es zwei Grafen von Flemming (Vater und Sohn) bis zum 18. Jahrhundert besessen haben. Aus des Letztern Nachlass erstand es 1756 die verwittwete Gräfin von Hoym aus dem Hause Guteborn, geb. Gräfin von Beichling. Sie lebte hier 53 Jahre, wie ihr herrliches Grabmal an der Morgenseite der Kirche zu Lausa besagt, wo sie mit ihrer Tochter, der Frau Hofmarschallin von Schönberg, unter einer steinernen Grabhütte ruht. Ihr folgte Herr Heinrich Ludwig Burggraf und Graf zu Dohna, ein sehr verdienter Mann um dasigen Ort und alle seine Unterthanen.

Dessen erste Gemahlin, eine geb. von Schönberg, liegt ebenfalls in Lausa begraben. Ihr kostbares Denkmal steht in Gestalt eines hohen steinernen Kreuzes auf einem Granitwürfel neben dem der Gräfin von Hoym. Der Burggraf und Graf zu Dohna verkaufte das Rittergut Hermsdorf an Ernst Gottlob von Heynitz, der hier das Unglück hatte, zwei junge Gemahlinnen in kurzer Zeit nach einander begraben lassen zu müssen. Die erste, eine geborne Freiin von Rechenberg, liegt in Lausa begraben neben den Gräbern eines Grafen Constantin zu Stollberg-Wernigerode und dessen Schwester Maria Fürstin Reuss-Lobenstein. Dieser Herr von Heynitz überlies endlich Hermsdorf im Jahre 1835 dem Herrn Kaufmann Jäger aus Leipzig kaufsweise, von welchem es Herr D. Schmiedel auf Zehmen bei Leipzig acquirirte. Von Letzterem hat es in neuerer Zeit der dermalige Besitzer, Herr Kammerherr Graf von Wallwitz erkauft.

Schriftsässig gehörten früher zu dem Gute Hermsdorf Wahnisdorf, auch Weinsdorf oder Wahnsdorf genannt, in einer angenehmen Gegend, welche herrliche Aussichten gewährt. In den Urkunden heisst es auch Woyansdorff und es gehörte als ein bischöfliches Lehen den Meissnischen Burggrafen. Bis zu diesem Orte reichte im Juni 1760 das verschanzte Lager des Feld-Marschall Daun.

Ferner gehörten unter die Gerichtsbarkeit von Hermsdorf die Lause, mit welcher eng zusammenhingen die Dörfer Friedersdorf, Weixdorf und Gomlitz, fast in Gestalt eines Winkelmasses, nach der Mittagsgegend aufgethan, wovon es selbst mit der Kirche den Winkel und

     Meissner Kreis, 18tes Heft, oder 88tes der ganzen Folge.

Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftliche Korrektur: Dresden
  2. handschriftliche Korrektur: Eichen
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/206&oldid=- (Version vom 17.1.2018)