Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen II.djvu/191

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Borthen.


Borthen liegt 2¼ Stunde von Dresden gegen Südsüdosten, 2 Stunden von Pirna, kaum ¼ Stunde von Dohna am Abhange des gegen Süden immer höher ansteigenden Saidaer oder Maxener Gebirges, in zwei Gruppen, von deren östlicher, Grossborthen genannt, sich ein kurzer Grund nordwärts zum schönen Thal des Grimmaischen oder Lockwitzer Baches herabzieht, in der andern Gruppe. Kleinborthen mit Jägerhaus und Schenke bildet das schöne thurmlose Schloss das tiefste Gehöfte.

Borthen mit seinen 30 bewohnten Gebäuden, mit seinen 46 Familienhaushaltungen und seinen 259 Einwohnern gehört zum Regierungsbezirk Dresden, zur Amtshauptmannschaft Pirna, zum Bezirksgericht und zum Gerichtsamt Pirna, und ist somit bei seiner frühern Behörde geblieben.

Die ersten Bewohner des vormaligen Amtsbezirks Pirna mögen Hermunduren gewesen und die natürliche Beschaffenheit desselben eben so rauh als die des übrigen Deutschlands gewesen sein. Ihnen folgten die Sorben, welche das Land mehr und mehr cultivirten, Sümpfe austrockneten, Wälder ausrodeten, Wiesen und Felder anlegten, Dörfer und Städte erbauten. Die Namen der meisten Orte und Bäche dieses frühern Amtsbezirks sind sorbischen Ursprungs. Das frühere Amt Pirna soll aus dem Gau Nisani entstanden sein. Nach Besiegung der Wenden fiel dieser Landstrich an das Bisthum Meissen. Im Jahre 1249 kam Pirna durch Heirath mit Agnese von Böhmen an Heinrich den Erlauchten. Im Mittelalter litt die hiesige Gegend viel, besonders von den Burggrafen von Dohna und den Birken von der Duba. Auch in der Nähe von Borthen haben diese Burggrafen von Dohna gehaust; denn das blos ⅛ Stunde von Borthen entfernt gelegene Burgstädtel soll ehemals eine burggräfliche Dohnaische Burg oder Grenzfestung gewesen sein und Borthen selbst auch zu der grossen Dohnaischen Herrschaft gehört haben.

Die Nachrichten selbst gehen indess blos bis ins fünfzehnte Jahrhundert zurück, wo dieses Gut Borthen von Heinrich Lange besessen wurde, von welcher Familie es im Jahre 1558 an Hans Christoph von Bernstein gekommen ist, der es bis 1574 behauptet hat. Durch Kauf acquirirte es dann der Rath Christoph von Loss, welcher noch 1636 damit beliehen war. Später erwarben es die Herren von Schönberg. Unter diesen ist der Oberberghauptmann von Schönberg berühmt, der das von Schönberg’sche Haus zu Freiberg baute. Dann folgte im Besitze das Geschlecht derer von Neidschütz auf Röhrsdorf. Der Generalmajor von Neidschütz starb hier im Jahre 1682, dem sein Bruder der Landesdirector Karl August von Neidschütz folgte, welcher aber schon im Jahre 1687 mit Tode abging und derselbe von Neidschütz war, dem auch Mannichswalde gehörte. Nach dessen Ableben überkam das Gut dessen Tochter, Helena von Neidschütz, welche sich im Jahre 1705 mit dem Baron Christian von Meusebach verheirathete, der im Jahre 1716 mit Borthen selbst belieben wurde. Im Jahre 1752 acquirirte es die Frau Oberlieutenant von Troyff und im Jahre 1816 war Graf von Flemming im Besitze des Gutes, von welchem es der Kammerherr, Friedrich Sebastian Leberecht Graf von Wallwitz erkaufte, von welchem es sein Herr Bruder, Georg Friedrich Graf von Wallwitz seit dem 22. Juli 1840 überkommen hat und solches nun mit Gross- und Kleinborthen ganz besitzt.

Das Schloss von Borthen zeigt ein zehn Fenster breites, schönes, bequem eingerichtetes, erst im sechszehnten Jahrhundert neu entstandenes Gebäude mit trefflicher Aussicht, wie es denn auch im Elbthale weit und breit gesehen wird. Der daran stossende Garten – im französischem Geschmacke – ist erst vor 150 Jahren angelegt, und die Parkanlagen erstrecken sich bis in das herrliche Lungwitzthal. Das Gut selbst hat auch eine vortreffliche Schäferei und grosse Brauerei. Es gehört überhaupt zu den stärkeren Gütern Sachsens.

Borthen wird von Dresden aus wegen seiner vortrefflichen Lage häufig besucht und zur Frühjahrszeit und in schönen Herbsttagen zieht Jung und Alt hieher, um an den frischen Blüthen, an den gereiften Früchten sich zu ergötzen und zu laben. Dabei wird bei dieser Wanderung das nahe dabei auf steiler Bergeshöhe liegende Burgstädtel mit der südwärts von diesem Oertchen gelegenen Hummelmühle nicht vergessen und neben heiteren Gesprächen über vergangene Zeiten der Gegenwart sich erfreut und sogar botanisirt. Die Hummelmühle nämlich befindet sich in einem der freundlich schönsten Thäler um Dresden, wo die Tris Sibirica

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/191&oldid=- (Version vom 17.1.2018)