Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen II.djvu/182

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Pillnitz.


Pillnitz liegt an steilen Bergen und zum Theil an einem Nebengrunde, 1¼ Meile südöstlich von Dresden am Lohmer Wege, in des Landes reizendster Gegend, nicht hart am rechten Elbufer.

Hier giebt es einen ausgezeichneten Gasthof und mehre Schenken, 1 Forsthaus, 2 Mühlen, mehre Villen. Pillnitz hat 59 bewohnte Gebäude, 125 Familienhaushaltungen mit 553 Einwohnern, worunter sich 18 Winzerinnen befinden.

Auch ist daselbst eine schöne neue Presse, eine bedeutende Brauerei, und ausserdem existiren noch 3 Ziegel- und Kalköfen.

Pillnitz, ehemals Belonitz, Beulnowitz, hatte ursprünglich eine Felsenburg, nach Einigen auf der Stelle der heutigen Ruine, nach Andern auf dem Hausberge. Der Erbauer dieser Felsenburg ist unbekannt. Nur so viel steht fest, dass im 13. Jahrhundert ein Heinrich von Baulnowitz solche besass, von welchem Geschlecht es zu Anfang des 15. Jahrhunderts an die Familie von Carlowitz kam, welche die Hälfte davon im Jahre 1435 an die Gebrüder von Ziegler verkaufte, deren Name schon im 14. Jahrhundert vorkommt. In der Mitte des 15. Jahrhunderts gab es der Burgen zwei. So wurden laut Urkunde von 1443 und 1444 Einige aus der Familie der Ziegler von Pillnitz mit dem sogenannten halben Hofe (oder Vordersitze) zu Billonitz und mit dem Fach (Fähre) uff der Elben belehnt. Im Jahre 1547 besass das Gut die Ziegler’sche Familie ebenfalls noch. Erst im Jahre 1569 verkaufte Christoph von Ziegler dasselbe an den Reichspfennigmeister Christoph von Loss. Der Hofmarschall Ernst von Loss, der 1609 starb, erbaute die ehemalige Schlosskirche zu Pillnitz unten an der Elbe. Im Jahre 1616 gründete der Reichspfennigmeister und Hofmarschall Christian von Loss das sogenannte alte Schloss, von welchem nur noch ein Theil auf die neuesten Zeiten kam. In der Mitte des 17. Jahrhunderts kam Pillnitz durch Günther von Bünau, der in das von Loss’sche Geschlecht heirathete, an die Bünau’sche Familie. Damals bediente sich der Hof, wenn in den oberen Gegenden Jagden veranstaltet waren, des Pillnitzer Schlosses, um daselbst kalte Küche einzunehmen; erst im Jahre 1693 kaufte es Johann Georg IV. gegen Vertauschung von Lichtenwalde von Heinrich von Bünau und schenkte es darauf dem Fräulein von Neidschütz, der Gräfin von Rochlitz, von welcher es kurz darauf der geh. Rath von Einsiedel für 60,000 M. Gl. kaufte; doch trat derselbe solches der Kammer wieder ab, und nun belehnte August der Starke die Gräfin Kosel im Jahre 1765 damit. Nach dem Fall dieser Gräfin kam es abermals an die Kammer, welche es dem Feldmarschall Rutowski zum Sommeraufenthalt einräumte. Bald aber bezog es August der Starke selbst in der schönen Jahreszeit wieder, und baute hier neben dem alten Loss’schen Schlosse bis zum Jahre 1734 noch zwei grosse Paläste, welche nach seinem bekannten Geschmacke eingerichtet und seit dieser Zeit immer von der regierenden Familie bewohnt wurden. Eine neue, schönere Gestalt bekam das Ganze erst im Jahre 1788 bis 1792. Nun bilden vier grosse, einzeln stehende Pavillons, aus Pirna’schem Sandstein erbaut, die Flügel eines grossen Quadrats, an welches nach Abend der königliche Garten, so wie Promenaden und Alleen, nach Morgen zu aber die alten Schlossgebäude grenzen. Zwei der Pavillons stehen gegen die Weinberge und die beiden andern ihnen gegenüber nach der Elbe zu. Zwischen den beiden letzten oder südlichen Pavillons steht das sogenannte Wasserpalais, zwischen den nördlichen aber das Bergpalais. Die Pavillons sind in ganz einfachem Style erbaut, nicht hoch, mit chinesischen Kupferdächern und mit toskanisch geordneten Säulengängen versehen. Drei waren schon im August 1791 fertig, der vierte aber wurde erst im Jahre 1800 vollendet, wodurch sich der (jedoch nordwestwärts offene) neuere, meist mit Bowling greens, Spielvorrichtungen und der Orangerie bedeckte, sehr grosse Hof gestaltete. Der geöffnete Theil des weitläuftigen Gartens stösst an die offene Seite dieses Hofs und verbindet sich durch eine vierfache, vortreffliche, 800 Schritt messende, Kastanienallee (sonst Maillebahn) mit dem Dorfe Hosterwitz. Als am 11. Mai 1818 die Burg abgebrannt war, errichtete man auf der Südostseite des neuern Schlosses seit 1819 ein grosses, mit Säulen decorirtes Gebäude, welches ausser dem prächtigen Speisesaal, der eine erleuchtende Kuppelöffnung hat und das

     Meissner Kreis, 16tes Heft, oder 74tes Heft d. g. F.

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/182&oldid=- (Version vom 29.10.2017)