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Feuer der Andacht, mit der Begeisterung himmlischer Gefühle übte er seine Menschenpflicht. Der wahre Charakter des Ritterthums war mit einem Worte edel und gross und lässt die Macht und Gewalt, die es überkommen hatte, weniger gefährlich, weniger schädlich dem Allgemeinen erscheinen. Diese ritterlichen Tugenden haben zur Erhaltung, zum Glanze des Geschlechts selbst sehr viel beigetragen, wie ein älterer Geschichtsschreiber sehr richtig bemerkt. Wir finden die Wahrheit dieses Ausspruches eben bestätigt bei dem Geschlechte derer von Hiersfeld. Noch im Jahre 1328 bis 1345 finden wir auf Hirschfeld einen Landgräflichen Hofmarschall Arnold von Hiersfeld.

Dieser Hiersfeld war Hofmarschall Friedrichs II., des Ernsthaften, des Sohnes Friedrichs mit der gebissenen Wange. Den unglücklichen Krieg, welchen Friedrich II. mit dem Könige Johann dem Blinden von Böhmen wegen Zurücksendung seiner Tochter, die Friedrich II. eigentlich als Gemahlin zugedacht war, im Jahre 1345 führte, erlebte der Hofmarschall nicht mehr, welcher als ein treuergebener Diener seines Landgrafen gerühmt wird. Dieser Johann, König von Böhmen, eroberte damals die ganze Oberlausitz, brachte Weimar und andere Oerter des Grafen von Orlamünde an sich, schlug aber die deutsche Königskrone zu Gunsten Karls IV. von Böhmen aus. Der frühere Schöppenstuhl in Leipzig hatte seine Entstehung diesem Johann dem Blinden zu verdanken.

Während der Vormundschaft Friedrichs II., welche bis zum Jahre 1329 dauerte und welche Heinrich Reuss XII. führte, der dafür mit Ziegenrück, Triptis und Auma belehnt wurde, war Arnold von Hiersfeld auf Hirschfeld mit den wichtigsten Geschäften betraut. Die Nachkommen desselben behaupteten sich noch lange im Besitze von Hirschfeld. Erst im Jahre 1547 kam das Gut an die von Mergenthal auf Deutschenbora und Neukirchen. Von dieser Zeit an wechselten öfter von Zeit zu Zeit die Besitzer. Denn im Jahre 1612 finden wir einen Siegmund Röling damit beliehen, von welchem es wieder in den Besitz des Appellationsraths von Thielau überging und zwar im Jahre 1730. In den darauf folgenden Zeiten hat es dann eine Familie Freiberg acquirirt, von welcher es der königl. Preussische Kammerherr Heinrich Friedrich Eduard von Seckendorf erkaufte.

Die dermalige Besitzerin ist aber Frau Hübner.

Die im Orte befindliche Kirche ist ebenfalls sehr alten Ursprungs und eingepfarrt hierher ist Drehfeld, welches eigentlich früher zum Rittergute Reinsberg, jetzt zum Gerichtsamte Nossen gehört.

Hier hat schon lange vor der Reformation eine ausgezeichnete Pfarrkirche bestanden. In den alten Urkunden ist sie als eine solche schon zu Anfang des dreizehnten Jahrhunderts genannt. Ihre Erbauung mag aber so alt sein, wie das Schloss.

Die Collatur über die Kirche steht dem Rittergute zu.

Nicht weit von Hirschfeld, an der alten Strasse von Meissen nach Freiberg, zwischen Wendischbora, Deutschenbora und Mergenthal liegt der bekannte Schaafteich, welcher mit dem Schaafteich bei Glauchau hinsichtlich seiner Grösse nicht concurriren kann.

In Hirschfeld ist ein Gasthof, eine Mühle und eine grosse Ziegelei. Uebrigens gehört auch Hirschfeld zu denjenigen Orten des Meissner Landes, wo ansehnlicher Bergbau getrieben wurde. Leider blieben die Gruben wieder liegen, nachdem im Erzgebirge weit ergiebigere Quellen gefunden worden waren.

Als besondere Merkwürdigkeit von Hirschfeld ist noch hervor zu heben, dass im Jahre 1214 hier ein Erzpriester[1] residirt haben soll.


  1. Die Erzpriester standen früher unter den Archidiakonen, welche dem Bischof ad manus waren, die Archidiakonen wohnten in Meissen und jeder Archidiakon hatte dreizehn Erzpriester unter sich, unter welchen dann die Plebane – unsern Pastoren entsprechend – standen. Die Archidiakonen oder die Pröbste und Dechanten waren die Vorgesetzten der Suffraganstifte des Meissner Bisthums, welches im Jahre 965 oder 968 vom Kaiser Otto I. gestiftet, vom Papst Johann XIII. alsbald aus der Gewalt des Erzbisthums Magdeburg eximirt wurde. Diese Suffraganstifte des Meissner Bisthums, welche zu Bautzen, Wurzen, Freiberg, Stolpen, Ebersdorf, Grünberg und Hain oder Zschilla existirten, waren dem Hochstifte untergeordnet. Der erste vom Kaiser erwählte Bischoff war dessen Hofcaplan Burchard, welcher 972 starb, unter dessen 45 Nachfolgern Viele als ausgezeichnete Gelehrte und als grosse herrliche Charaktere glänzten.
M. G.     




Druck von Sturm und Koppe (A. Dennhardt) in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/167&oldid=- (Version vom 22.6.2020)