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Grödel,


ein altschriftsässiges, ehemals mit Skassa verbundenes, seit 1709 aber wieder von demselben getrenntes Rittergut, liegt am rechten Ufer der Elbe, 4 Stunden westlich von Grossenhain, ohne Dorf, nur umgeben von einer Anzahl Häuslerwohnungen, einem Mühlhause und zwei Schiffsmühlen, die auf herrschaftlichem Grund und Boden erbaut sind und deren Bewohner sich meist von der Schiffahrt, oder von Handarbeiten bei dem nahe gelegenen Königlichen Flosshofe ernähren. Bei letzterem mündet seit 1740 der Neugraben, ein Flosskanal, in ein Bassin über der Elbe. Grödel, zu dem schriftsässig die Dörfer Lessa, Nünchritz und Zeithain gehören, besitzt Kalk- und Ziegelöfen, und eine Runkelzuckerfabrik. Von den genannten Dörfern zeichnet sich besonders Zeithain aus, denn hier war es, wo Friedrich August der Starke, der mehrfach in gespannte Verhältnisse mit Preussens König, Friedrich Wilhelm I. gerathen, zur Feier der Versöhnung mit diesem Fürsten im Jahre 1730, vom 30. Mai bis 29. Juni, jenes weltbekannte Lustlager hielt. Durch dieses Fest, welches die schöne Summe, von 968,780 Thalern kostete, wollte Sachsens Churfürst zugleich der Welt seine, nach dem schwedischen Kriege wieder hergestellte, aus 30,000 Mann bestehende Armee zeigen. Ausser dem Könige von Preussen, in dessen Begleitung sein Sohn, der nachmals so berühmt gewordene Friedrich der Grosse sich befand, nahmen noch 47 Fürsten an diesem Feste Theil. Die Uebungen der Armee, deren eine Abtheilung als Janitscharen gekleidet und bewaffnet und mit 20 Mohren zur Feldmusik versehen war, fanden auf einem von 500 Bauern und 250 Bergleuten geebneten Lagerplatze von 3 □Meilen Umfang Statt, während eine mit 550 holländisch gekleideten Matrosen bemannte kleine Flotte auf der Elbe schwamm, deren Hauptschiff, mit vergoldetem Schnitzwerk, allein mit einem Kostenaufwand von 15,000 Thalern ausgerüstet worden war! Am jenseitigen Elbufer bei Riesa, strahlte des Abends eine Illumination von mehr als einer halben Million Lampen. Besonders zeichnete sich ein Feuerwerksgerüste aus, das einen Pallast darstellte, an welchem 200 Zimmerleute mehre Monate hindurch gearbeitet hatten, und wozu 2000 Stämme Holz, 2000 Bretter und 6000 Ellen feine, bemalte Leinwand verwendet worden waren. Ein feuersprühender Wallfisch und 4 Delphine verwandelten die Elbe gleichsam in ein Feuermeer. Kurz vor Aufhebung des Lagers wurden sämmtliche Regimenter gespeist und für die churfürstliche Tafel wurde zum Desert ein Kuchen von 14 Ellen Länge, 6 Ellen Breite und 1½ Elle Höhe gebacken, der achtspännig auf einem 10 Ellen breiten Wagen herbeigeschafft wurde. Ganz Europa hallte wieder von dem bei diesem Feste entwickelten Prunke. –

Unser Grödel befindet sich gegenwärtig im Besitze des Herrn F. G. Rossberg, zugleich Erb- Lehn- und Gerichtsherrn auf Mautitz. Genannter Herr übernahm dasselbe von der Familie von Wolfersdorf, die eine lange Reihe von Jahren im Besitze dieses Rittergutes gewesen. Schon an anderer Stelle gedachten wir dieses uralten und berühmten Geschlechtes, können aber nicht umhin, hier noch einmal darauf zurückzukommen, da der Name von Wolfersdorf mit der Beschreibung von Grödel nahe zusammenhängt. Ursprünglich mag dieses Geschlecht das sich früher auch Wülfsdorf oder Wilsdorf schrieb, wohl nur in der Lausitz ansässig gewesen sein, denn dort besass es ausser Frauenberg, auch Wolfersdorf welches Gut jedenfalls der Stammsitz der Familie ist. Bald breitete es sich jedoch auch in Schlesien und Meissen aus und eine grosse Anzahl derer von Wolfersdorf stand in Diensten der Churfürsten und Herzöge von Sachsen, so der schon einmal erwähnte Ernst von W. der tapfere

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/128&oldid=- (Version vom 3.6.2018)