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Rittergutes Proschwitz gelangt. Reizend ist von hier die Aussicht auf das liebliche Elbthal mit dem gegenüberliegenden alten Schlosse von Meissen, nach Osten hin der Stadt Dresden und den gewaltigen Sandsteinkegeln der Sächsischen Schweiz und den noch ferneren Berggipfeln Böhmens, während der Strom zwischen waldigen Höhen und fruchtbaren Rebenpflanzungen in kurzen Krümmungen majestätisch dahinzieht. Das Schloss Proschwitz liegt mit seinen Wirthschaftgebäuden und dem kleinen Dorfe etwas abwärts, wodurch es einen trefflichen Schutz vor Stürmen und Wettern erfährt.

Proschwitz war bereits im elften Jahrhundert Eigenthum des Bisthums Meissen, doch scheint es vorher im Besitz einer adeligen Familie von Proschwitz gewesen zu sein, aus welcher Ekbert von Proschwitz noch 1102 als Zeuge urkundlich erwähnt wird. Der berühmte wunderthätige Bischof Benno weilte gern in Proschwitz und wandelte namentlich oft in dem nahen einsamen Grunde, aber die hier wohnenden Frösche störten den frommen Mann gar oft, in seinen religiösen Gedanken, so dass er einst, entrüstet darüber, den unzeitigen Schreiern ewiges Stillschweigen gebot. Fortan verstummten die Frösche und haben nie wieder in dem Proschwitzer Grunde ihre unmelodischen Stimmen erhoben; doch findet der Naturforscher unserer aufgeklärten Zeit die Ursache dieses Schweigens in der äusserst empfindlichen Kälte, von welcher das Wasser des heiligen Grundes durchdrungen ist. Die Sage behauptet ferner, dass Bischof Benno hier oft den Sorben, welche damals die hiesige Gegend bewohnten und trotz aller Verfolgungen heimlich dem Glauben ihrer Väter anhingen, das Christentum predigte und durch das Feuer seiner Rede, sowie viele Wunderthaten die meisten dieser Heiden für die christliche Kirche gewann. Benno starb als der zehnte Bischof Meissens im Jahre 1106 und das gläubige Volk wallfahrtete noch Jahrhunderte nach seinem im Dome befindlichen Grabe, um des heiligen Mannes Fürsprache bei Gott zu erflehen. Bischof Witigo I. liess Bennos Gebeine 1274 unter eine prächtige Tumba bringen, nach dessen Heiligsprechung durch den Papst Hadrian VI. aber kamen dieselben unter den Hochaltar, zur Zeit der Reformation nach Stolpen, und bald darauf nach München, wo man sie noch heute zeigt. Ob diese Reliquien ächt sind, darüber herrscht freilich Zweifel, denn es wird behauptet, dass bei der ersten Kirchenvisitation, wo auch Bennos Tumba entfernt wurde, Herzog Heinrich und Churfürst Johann Friedrich in ihrer Gegenwart die Gebeine Bennos aus dem Sarge nehmen und in die Elbe werfen liessen, denn mit unerschütterlicher Ueberzeugung glaubte das Volk an die Wunderkraft der Ueberreste des heiligen Mannes die vier Jahrhunderte hindurch so viele Beweise ihrer überirdischen Einwirkung gegeben haben sollten.

Nach der Reformation wurde das Rittergut Proschwitz mit Zubehör Eigenthum der Krone, im Jahre 1554 aber überliess es der Landesherr Churfürst August einem Herrn von Ziegler und Klipphausen, von dessen Familie das Gut 1627 an den Kammerrath Peter Werdermann gelangte. Derselbe erkaufte von dem Prokuraturamte zu Meissen das Patronatrecht über die Kirche zu Zscheila, wohin Proschwitz eingepfarrt ist und in welcher sich noch eine schöne Gruft für die Besitzer des Rittergutes Proschwitz befindet, doch blieb dasselbe nur bis 1698 bei dem Gute, da es in diesem Jahre durch Kauf wieder an die Prokuratur gelangte. Peter Werdermann starb 1674, und von seinen Besitzungen fiel Proschwitz an den Grafen von Beichlingen, dessen Sohn als Premierminister der Churfürsten Johann Georgs IV. und Augusts eine so traurige Berühmtheit erlangte. Nach dem Sturze des Ministers blieb das Gut im Besitze der Gräfin von Beichlingen, geborenen von Miltiz, die im Jahre 1707 das Schloss zu Proschwitz von Grund aus neu erbaute und durch viele segensreiche Verbesserungen sich ein bleibendes Andenken erwarb. Nach ihrem Tode kam das Gut an den Legations- und Consistorialrath von Leisching. Derselbe verkaufte es an den früher in Dänischen Diensten gestandenen General von Arnstädt, von welchem es im Jahre 1791 an den churfürstlich Sächsischen Kammerherrn und nachherigen Hausmarschall Freiherrn von Berlepsch gelangte. Zur Zeit ist Eigenthümer des Rittergutes Proschwitz mit Baselitz, Okrylla und einem Vorwerke in der Nassau der königl. Preussische Kammerherr Herr Friedrich Freiherr von Berlepsch. – Die letzten Besitzer von Proschwitz haben viele neue Bauten Verbesserungen und Verschönerungen vorgenommen. Längst den südlichen Abhängen bis ziemlich an die Ufer der Elbe sich erstreckende zum Rittergute gehörige Weinberge enthalten äusserst guten Boden, der aus verwittertem Granit und Sienit besteht, und vorzügliche Rebsorten. Die Namen dieser Weinberge, Katzensprung, Gottesgabe und Steinberg, erfreuen sich eines längst begründeten Rufes. Im Jahre 1845 kaufte der jetzige Besitzer von Proschwitz das eine Stunde entlegene kleine Rittergut Roitzschberg, was dem Baron von Werthern gehörte und vorzüglich aus Weinbergen mit vier Winzereien bestand. Die Anlagen und Alleen von Kirschbäumen, die auf dem Plateau des Rittergutes Proschwitz sich befinden, bieten zur Zeit der Kirschenreife der Umgegend und namentlich den Bewohnern Meissens eine willkommene Veranlassung die schöne Aussicht daselbst zu geniessen und die parkähnlichen Anlagen und Spaziergänge zu besuchen.

Das zu Proschwitz gehörige Dorf Baselitz ist nach Wantewitz eingepfarrt und zählt in sechsundzwanzig Häusern etwa hundertfunfzig Einwohner. Okrylla wird schon in einer Urkunde von 1205 als eines der

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/094&oldid=- (Version vom 3.6.2018)