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Die frühesten Besitzer des Rittergutes Reinsberg waren die Herren von Reinsberg, deren Geschlecht schon im dreizehnten Jahrhundert beträchtliche Besitzungen hatte und oft urkundlich genannt wird. Ritter Berndt von Reinsberg überliess 1334 dem Hospitale zu Freiberg den Zehnten im Dorfe Conradsdorf, und Hermann von Reinsberg kommt in einer Urkunde von 1380 als Zeuge vor. Dieser war vermuthlich der letzte Besitzer Reinsbergs aus der Familie der Reinsberge; denn schon 1404 gehörte das Gut dem Ritter Hans von Schönberg. Nach ihm besass dasselbe Caspar von Schönberg, zugleich Herr auf Schönberg und Sachsenburg, der 1426 in der furchtbaren Hussitenschlacht bei Aussig seinen Tod fand. Ein noch im Original vorhandener Lehnbrief vom Jahre 1449 besagt, „dass des erschlagenen Caspars von Schönberg vier Söhne Dietrich, Caspar, Nickel und Heinrich von Schönberg mit den väterlichen Gütern beliehen wurden.“ Die einzige Schwester dieser vier Brüder war die Mutter des bekannten Prinzenräubers Kunz von Kaufungen.

Um das Jahr 1460 besass Reinsberg Ritter Dietrich von Schönberg, dessen Sohn Cardinal wurde, und später werden die Gebrüder Hans und Antonius von Schönberg als Herren auf Reinsberg genannt, von denen Letzterer, ein eifriger Freund und Begünstiger der Reformation, von Herzog Georg dem Bärtigen dergestalt angefeindet wurde, dass er nach Freiburg flüchten und sich dort unter den Schutz des Herzogs Heinrich stellen musste. 1537 folgten als Besitzer Hans und Caspar von Schönberg, deren Söhne Lorenz und Haubold im Jahre 1572 die schon erwähnte Gutstheilung vornahmen. Haubold von Schönberg starb ohne männliche Nachkommen; sein Bruder aber hinterliess einen Sohn, Lorenz von Schönberg, dessen unglückliches Ende auf einem im Oberreinsberger Walde, nahe an der Bober, errichteten Denksteine folgendermassen gemeldet wird: „Am 17. August 1632 wurde auf diesem Platze Lorenz von Schönberg, Erbherr auf Ober- und Niederreinsberg, als er sich nach Eroberung dieser Schlösser durch kaiserlich Oestreichische Truppen nach Freiberg flüchten wollte, durch den Schuss eines Croaten tödtlich verwundet.“ Der Verletzte erreichte zwar noch Freiberg, starb aber daselbst am 19. August im sechsundfunfzigsten Lebensjahre. Er hinterliess sechs Söhne, von denen fünf bei der heldenmüthigen Vertheidigung Freibergs vor dem Feinde blieben. Gemeinschaftlich mit Lorenz von Schönberg besassen die Güter Hans Heinrich von Schönberg und der Kammerrath Caspar Dietrich von Schönberg. Ihnen folgte Georg Caspar von Schönberg, der 1646 ohne männliche Erben starb und eine Wittwe hinterliess, welcher wegen bedeutender Geldforderungen Niederreinsberg überlassen werden musste, während Oberreinsberg an die Maxner Linie der Schönberge und zwar an Georg Rudolf von Schönberg gelangte, der 1651 auch Niederreinsberg zurückkaufte. Dessen Söhne Hans Georg, Heinrich Friedrich und Georg Rudolf, von denen Letzterer Hof- und Justizrath war, besassen die Güter gemeinschaftlich; nach ihnen gehörten dieselben dem herzoglich Weissenfelsischen Kammerrath Hans Wolf von Schönberg, der 1712 starb. Adolf Ferdinand von Schönberg, sein Nachfolger, lebte bis 1758, worauf die Güter unter dessen drei Söhne getheilt wurden. Nach einem früheren Wunsche des Verstorbenen sollte der älteste seiner Söhne, Christian Ferdinand von Schönberg, Oberreinsdorf erben; da dieser aber kurze Zeit vor dem Vater mit Tode abging, so erhielt dieses Gut, unter Vormundschaft der Wittwe und Mutter, dessen Sohn, der nachmalige Amtshauptmann Ferdinand Ludwig Christian von Schönberg, und nach ihm, 1808, der Kammerherr und Oberforstmeister Friedrich August Wolf von Schönberg, dem 1838 Friedrich Ludwig Wolf Oswald von Schönberg, der jetzige Besitzer folgte.

Der zweite Sohn Adolf Ferdinands von Schönberg, Alexander Christoph von Schönberg, Major und Kreiskommissar, erhielt Niederreinsberg, und ihm folgte der Kammerherr August Friedrich Christoph von Schönberg, welcher vor seinem 1832 erfolgten Tode dieses seiner Güter an Carl Friedrich Christoph, seinen zweiten Sohn, verkaufte. Adolf Ferdinands von Schönberg dritter Sohn, Rudolf Gottlob, erhielt Tanneberg, dessen Enkel dieses Gut noch jetzt besitzt.

Die Schicksale Reinsbergs anbetreffend, hat der Ort viele Drangsale im dreissigjährigen Kriege aushalten müssen, wo die Kaiserlichen, wie schon erwähnt, die hiesigen Rittersitze erstürmten und den Junker Lorenz von Schönberg tödteten. Im Jahre 1676 herrschte hier eine sehr gefährliche pestartige Krankheit, und in dem Kriege des Churfürsten August von Sachsen mit König Karl XII. von Schweden musste die Gemeinde, nach übler Begegnung, dem Feinde über dreitausend Thaler zahlen. Nicht minder hart traf den Ort der siebenjährige Krieg, indem 1745 vor und nach der Schlacht bei Kesselsdorf den Bewohner Reinsbergs fast unerträgliche Lasten aufgebürdet wurden, und von 1759 bis 1763 die Gemeinde fast achthalbtausend Thaler bezahlte. Am 7. October 1754 ging der grösste Theil des sogenannten Städtchens, nämlich das Erbgericht sammt neun Häusern, in Flammen auf, und 1771 war ein so grosser Misswachs, dass weder Samen noch Korn erbaut wurde und der Scheffel Weizen auf vierzehn Thaler, Roggen auf dreizehn Thaler zu stehen kam. Eine noch grössere Theuerung brachte das Jahr 1805, in deren Folge eine grosse Anzahl Leute gänzlich verarmten. – Uebrigens ist noch zu bemerken, dass Reinsberg nur eine Gemeinde bildet und die Namen „Ober- und Niederreinsberg“ sich auf die beiden Rittergüter beziehen. Das Patronat über die Ortskirche und Schule hat das Rittergut Oberreinsberg, während dem Besitzer Niederreinsbergs die Collatur über Dittmannsdorf und Grumbach zusteht. In Reinsberg leben gegen achthundert Einwohner.

Wie die meisten alten Kirchen ist auch die von Reinsberg in der Nähe des Schlosses gelegen, weil man in den frühesten unsichern Zeiten die Gotteshäuser vor Raub und Zerstörung schützen musste und die Besatzungen der Burgen durch religiösen Trost und Zuspruch zu tapferer Vertheidigung des anvertrauten Postens zu begeistern pflegte. Die alte baufällige Kirche, über deren Entstehung alle Nachrichten fehlen, wurde im Jahre 1771 abgebrochen und die noch jetzt stehende aufgeführt, ein freundliches, stattliches, mit einem hübschen Thurme geschmücktes Gotteshaus, welches seit 1833 eine neue Orgel und ausserdem verschiedene Schönbergische Denkmäler besitzt. Das Vermögen der Kirche besteht aus etwas mehr als tausend Thalern, wobei sich ein Capital von fünfhundertfünfzig Thalern befindet, welches seit dem achtzehnten Jahrhundert als dem Pfarrer zustehendes Lehngeld verrechnet wird, der auch die Zinsen davon geniesst. Die alten Kirchrechnungen nennen dieses Capital das „Kalandslehn,“ daher die Wahrscheinlichkeit, dass es wohl von der einst hier bestehenden Kalandsbrüderschaft herrühren möge. Neben der Kirchenkasse besteht auch noch eine Armenkasse, deren Zinsen zu milden Zwecken verwendet werden, und eine seit Jahrhunderten vorhandene Pfarrholzkasse ist durch Abtreibung eines Holzgrundstücks auf viertausendfünfhundert Thaler angewachsen,

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/054&oldid=- (Version vom 29.10.2017)