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statt. Die noch vorhandenen Rechnungen besagen, dass die Soldaten Kirche, Pfarre, Schule und Wohnhäuser gräulich zurichteten, und 1639 wird berichtet, dass vom Sonntage in der Fasten bis auf Pfingsten wegen Kriegsunruhen nichts eingekommen sei, weil das Volk sich verlaufen habe und zerstreuet worden. In derselben Jahresrechnung wird auch der „verfluchten Trautzischen Räuber“ gedacht, die alle Kirchenschlösser zersprengten, (so dass dieselben von dem Schlosser zu Dohna wieder hergestellt werden mussten) und den Gotteskasten ausräumten. So erwähnt auch die Ortschronik einiger Hinrichtungen, die auf dem nahen Galgenberge vollzogen wurden. Im Jahre 1668 starb Anna Maria Müller, die Tochter des Schenkwirths aus Leuben, die ihr uneheliges Kind ermordet hatte, den Tod durch das Schwert, und 1687 erlitt ein gleiches Schicksal eine Müllerin, die ihren Mann mit einem Brodmesser erstochen. 1765 wurde Heinrich Schuster, der Mörder eines Sattlers aus Lockwitz, auf dem Galgenberge gerädert, und 1809 der Brandstifter Richter auf derselben Stelle enthauptet.

Bemerkenswerth ist, dass 1739 zu Nickern der berühmte Instrumentmacher Gottfried Joseph Horn geboren wurde, ein gelernter Müller, dessen Klaviere und Fortepianos häufig nach Russland, Liefland und Amerika, ja selbst nach Afrika gingen. Sein mechanisches Talent entwickelte sich durch Erwerbung der Werkzeuge, Risse und Mensuren des Dresdner Instrumentmachers Schwarze, welche Horn in einer Auction erstand. So baute er im Jahre 1772, ohne die geringste Anleitung, sein erstes Klavier, und während seines Lebens hat er deren fünfhundert hergestellt, die zum Theil noch vorhanden und sehr geschätzt sind. Er starb zu Nickern, wo er stets gewohnt hatte, am 25. December 1797. – – Nickern und Lockwitz gehörten im vierzehnten und funfzehnten Jahrhundert den Herren von Ziegler, welche in Dresdens Umgegend bedeutende Besitzungen hatten. Paul von Ziegler wird im Jahre 1411 genannt, und von seinem Enkel kamen die Güter an die Alnpecke, eine Ungarische Familie, welche sich um das Jahr 1450 wegen des Bergbaues nach Sachsen gewendet hatte. Stephan Alnpeck, 1458 Rathsherr und von 1473 bis 1488 Bürgermeister zu Freiberg, stiftete in der dasigen Domkirche nebst etlichen geistlichen Lehen die Alnpeckische Capelle, in der er auch Freitag nach Kunigunden 1489 zur Ruhe gebracht wurde. Georg Alnpeck auf Lockwitz und Nickern war ebenfalls Bürgermeister zu Freiberg, Fürstlicher Rath, Münzmeister und Zehndner. Im Jahre 1520 gab er sein Bürgerrecht auf, zog auf sein Freihaus und starb 1523. Er liegt in der Alnpeckschen Capelle zu Freiberg begraben. Seine Muhme, Ottilie Alnpeck, Tochter des Freibergischen Amtmanns Stephan Alnpeck, wurde von dem Junker Martin von Minkwitz während der Predigt entführt und auf das Schloss Brix gebracht, wo er sich unverzüglich mit ihr vermählen liess, und dadurch die erbitterte Familie der Braut zur Versöhnung zwang.

Wenzel Alnpeck war 1536 Fürstlicher Zehndner und führte die Rechnungen bis 1542, wo Hans Röling an seine Stelle kam. Nach ihm wird Andreas Alnpeck genannt, der das Amt eines Münzmeisters bis 1556 versah, (in welchem Jahre die Münze nach Dresden kam) und auch das Bürgermeisteramt verwaltete. Bei einem Aufruhr in Freiberg war er in grosser Gefahr sammt einigen anderen beim Volke nicht beliebten Rathsherren aus dem Fenster des Rathhauses herabgestürzt zu werden. Peter Alnpeck starb 1563, und wurde ebenfalls in der Erbgruft seiner Familie begraben. Valentin Alnpeck war Vorsteher des Almosenkastens und Schulinspector zu Freiberg und ging 1599 im siebenundsiebenzigsten Jahre seines Lebens mit Tode ab. Der letzte Besitzer von Lockwitz und Nickern aus dem Geschlecht der Alnpecke, war Ernst Albrecht Alnpeck, von dem die Güter 1620 an Johann Georg von Osterhausen auf Reinhardsgrimma, Churfürstlich Sächsischen Hofmarschall, Oberkammer- und Bergrath, gelangten. Dieser Herr hat sich um Nickern und Lockwitz viele Verdienste erworben und ist Erbauer der Ortskirche, welche er zugleich aus eigenen Mitteln anständig dotirte und mit allen Nothwendigkeiten versah. Er starb am 1. November 1627, und fand seine Ruhestätte in der Sophienkirche zu Dresden. Von den beiden Söhnen Johann Georgs von Osterhausen bekam Oberlockwitz der Kammerherr und Amtshauptmann der Aemter Dippoldiswalde, Tharand und Altenberg, Johann Georg von Osterhausen, ein Mann, der durch Reisen und Studien seinen Geist vielfach gebildet und den Churfürsten Johann Georg I. häufig auf Feldzügen begleitet hatte. Von ihm rühren einige Stiftungen her und sein Tod erfolgte am 12. Juni 1670; Niederlockwitz und Nickern erbte sein Bruder Hans von Osterhausen, Churfürstlich Sächsischer Kammerherr, der 1683 durch Kauf in den Besitz von Oberlockwitz kam, nachdem er Niederlockwitz 1680 und Nickern 1682 verkauft hatte. Er starb am 14. September 1686.

Nickern war durch Kauf an den Dr. Gottfried Wiessner, Churfürstlich Sächsischen Rath und Leibmedicus zu Dresden gelangt, der hier ein sogenanntes Gesundheitsbier braute, das weithin verfahren wurde und in der Gegend sehr beliebt war. Wiessner starb im rüstigsten Mannesalter, sechsundvierzig Jahre alt, am 2. November 1686, und liegt in der Nickernschen Erbgruft in der Kirche zu Lockwitz begraben. Nach ihm besass Nickern, Carl Rudolph von Karlowitz, Kaiserlicher Majestät, wohlbestallter Hauptmann und Churfürstlich Sächsischer Kriegscommissarius, der indessen das Gut nicht lange behielt, indem er es bereits 1691 an den Königlich Polnischen und Churfürstlich Sächsischen Geheimen Staatsrath Christoph Dietrich von Bose auf Mölbitz und Frankenleben verkaufte, welcher nach einer vierundfunfzigjährigen Dienstzeit 1708 im achzigsten Lebensjahre verschied. Nickern kam jetzt an des verewigten Staatsraths ältesten Sohn, den Königlich Polnischen und Churfürstlich Sächsischen Oberhofmeister und Domprobst zu Meissen, Hans Balthasar von Bose, der jedoch schon 1712 seinem Vater in das Grab folgte, und Nickern seinem Bruder dem Königlich Polnischen und Churfürstlich Sächsischen Obristlieutnant, Gottlob Sigismund von Bose hinterliess, welcher im fünfundvierzigsten Jahre seines Alters 1723 an einem Schlagfluss starb. So erhielt Nickern der dritte Bruder, Wolf Dietrich von Bose, Königlich Polnischer und Churfürstlich Sächsischer Appellationsrath und Assessor des Oberhofgerichts in Leipzig, wie auch Fürstlich Sachsen-Merseburgischer Geheimerath, welcher um das Jahr 1740 mit Tode abging. Fast ein Jahrhundert noch blieb Nickern im Besitz der Boseschen Familie, und gehörte sogar bis in die neueste Zeit zu den Majoratsgütern derselben; jetzt aber ist Eigenthümer von Nickern, Herr Georg Ernst Wilhelm Rühle.

Bis zum Anfange des siebzehnten Jahrhunderts waren Nickern und Lockwitz in das eine Stunde entfernte Leubnitz eingepfarrt. Bis zur Reformation stand zwar in Lockwitz, nahe am Schlosse eine mit zwei Altären versehene

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Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/039&oldid=- (Version vom 29.10.2017)