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Berg gegangen, und da sie daheim Niemand hatte, der ihr kleines Kindlein wartete, nahm sie es mit. Auch sie fand die Höhle offen, und darin waren gar freundliche kleine Männchen, die sie höflich bat, so lange auf das Kind Acht zu geben, bis sie ihren Korb mit Gras gefüllt haben würde. Die kleinen Leute verstanden sich gern zu der erbetenen Gefälligkeit, und als die Frau nach beendigter Arbeit hinging, das Kind zu holen, hatten die Männchen ihr Amt getreulich versehen, und gaben ihr das Kindlein freundlich zurück, gaben demselben auch eine Semmel. Als nun die Mutter mit ihrem Kleinen nach Hause kam, da hatte sich die Semmel in Gold verwandelt, und mit Freuden erkannte die nunmehr wohlhabende Frau, dass es die guten Quarkse gewesen, denen sie ihr Kind anvertraut.

Einstmals ging eine sehr arme Frau von Kummer und Sorgen darniedergedrückt, über den Berg, und als sie dessen Gipfel beinahe erreicht hatte, trat ihr plötzlich aus den Büschen ein kleines, wundersam aussehendes Männchen entgegen und gab ihr ein ziemlich schweres Päckchen in die Hand. Voller Schrecken und Entsetzen ergriff sie die Flucht, ging aber doch später in herzhafter Begleitung nach dem Orte des Schreckens zurück und fand daselbst zwischen den Steinen, wohin sie das Packet geschleudert, einige unbekannte Silbermünzen.

Noch jetzt lebt in Cotta ein Mann, der als Knabe einst mit einem Schulkameraden am Hange des Spitzberges herunterkletterte und eben so plötzlich als unerwartet vor der offenen Höhle der Zwerge stand. Von gewaltigem Grausen überfallen, waren die Knaben nicht im Stande, die Höhle näher zu untersuchen, sondern flohen so rasch wie möglich von der unheimlichen Stätte. Trotz späterer Nachforschungen, gelang es den beiden Knaben niemals wieder, den Ort der offenen Höhle aufzufinden. – Ebenso sah man in einer dunklen Nacht drei Zwerge mit langen, weissen Bärten in dem lange Zeit unbewohnten nach der Abendseite gelegenen Eckzimmer des Cottaer Herrenhauses sitzen, und bei einer Beleuchtung wie Mondenschein in einem grossen Buche lesen. – So lebt denn die uralte Sage von den Zwergen des Cottaer Berges im Munde der hiesigen Landleute noch immer fort und findet aufrichtigen Glauben. Leider ist die Sage von betrügerischen in der Nähe wohnenden Leuten schon benutzt worden, um sich auf Kosten treuherziger Menschen zu bereichern – den grossen Schatz der Cottaer Zwerge aber birgt noch immer der dunkle Schooss des Spitzberges.

In Wahrheit aber findet man am Cottaer Berge häufig alte Silbermünzen – sogenannte Brakteaten oder Hohlmünzen – welche von Papierstärke sind und ein Bildniss tragen, das der gewöhnlichen Darstellung eines Zwerges mit einem unverhältnissmässig grossem Kopfe gleicht. So wurden im Jahre 1844 unter einem grossen Steinhaufen vierzig Stück solcher Münzen in einem Rindenkästchen gefunden, welche zum grössten Theile noch im Besitze des dasigen Rittergutsbesitzers sind; diese öfteren Vorkommnisse aber tragen ohne Zweifel nicht wenig dazu bei, die alte Volkssage im Gedächtniss und Glauben der hiesigen Bewohner festzuhalten.

Die Kirche zu Cotta ist unmittelbar neben dem Rittergutshofe gelegen, und ein massives, als Dorfkirche gar stattliches und grosses Gebäude mit im Jahre 1618 angebautem starken, hübschen Thurme von ziemlich beträchtlicher Höhe. Das Innere, geräumig, einfach und hell, macht einen wohlthuenden Eindruck. – Die Zeit ihrer Entstehung ist bis jetzt mit Sicherheit nicht zu ermitteln gewesen; die älteste vorhandene Urkunde ist vom Jahre 1311, und besagt, dass der würdige Pfarrer Paulus zu Cotta mit Gunst des Grafen Otto dem Aelteren von Dohna, als damaligem Erbherrn des Cottaer Pfarrlehens, ein Stück Feld, zur Ehre Gottes und des heiligen Nikolaus, der Kirche als ewige Gabe darbrachte. Nach aller Wahrscheinlichkeit lässt sich annehmen, dass nicht lange Zeit nach der Begründung von Cotta auch die Kirche durch die Burggrafen von Dohna entstand, da diese, bis auf den wilden und fehdelustigen Jeschke, dessen Treiben den Untergang seiner Familie beschleunigte, durch Frömmigkeit und kirchlichen Sinn sich rühmenswerth auszeichneten. Im Innern der Kirche befindet sich ein altes Grabdenkmal mit zwei Kreuzfahrerkreuzen, einem geschlossenen Helme und Schilde, auf welchem Letzteren ein grosser Fisch dargestellt ist. Dieses Monument ist ohne Zweifel älter, als oberwähnte Urkunde, indem es höchst wahrscheinlich dem zwölften Jahrhundert angehört.

Die Kirche war dem Schutze des heiligen Nikolaus übergeben, dessen reich vergoldetes in Holz geschnitztes Bildniss sich bis auf den heutigen Tag erhalten hat, und gegenwärtig in der Sammlung des Sächsischen alterthumsforschenden Vereins zu Dresden aufgestellt ist. Das Gotteshaus ist von Alters her durch Schenkungen und Vermächtnisse, namentlich durch die dasigen Kirchenpatrone und deren Familienglieder, gut dotirt worden, und befindet sich in Folge davon noch bis auf den heutigen Tag im Besitze eines ansehnlichen Vermögens in baaren Capitalien und Waldgrundstücken. – Aus den vorhandenen Urkunden ist ersichtlich, dass die Kirche anfangs klein, vielleicht nur eine Kapelle, war, durch fortgesetzte Vergrösserung aber ihre jetzige stattliche Gestalt erhielt.

Weit und breit berühmt seit der ältesten Zeit ist Cotta durch seine vortrefflichen Sandsteinbrüche, deren schon in den ältesten Urkunden Erwähnung geschieht, und welche bereits von den slavischen Ureinwohnern benutzt worden zu sein scheinen. Der Cottaer Sandstein ist zweifacher Art, nämlich ein grobkörniger, sehr harter Stein, der jetzt nur noch wenig gebrochen wird, in früherer Zeit aber in sehr beträchtlichen Massen als Mühlstein nach auswärts bis in die weiteste Ferne, ja sogar bis nach den Nordseeländern versendet wurde. Die zweite Art des Cottaer Steines ist der Bildhauersandstein, dessen Benutzung noch jetzt im vollen Gange ist, da er alle anderen Sorten des Sandsteins an Feinheit und Gebräuchlichkeit zu künstlerischen Zwecken übertrifft.

Die Statuen der katholischen Kirche zu Dresden, die Bildhauerarbeiten im Zwinger, am Theater und dem neuen Museum, sowie die grossen, schönen Säulen der Altstädter Hauptwache, sind sämmtlich aus Cottaer Sandstein gearbeitet, ebenso eine unendliche Menge Verzierungen aller Art an weniger bedeutenden Dresdner Gebäuden. Auch der Bildhauerstein wird weit hinaus über Sachsens Grenzen verschickt, und zum Schmuck der Gebäude, Denkmalen und anderen plastischen Kunstwerken benutzt.

Eduard von Burchardi auf Cotta.     




Druck von Sturm und Koppe (A. Dennhardt) in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/036&oldid=- (Version vom 29.10.2017)