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wahrscheinlich die alte fränkische Zwingburg stand, welche Kaiser Heinrich I., nebst einer Anzahl anderer Kastelle längs der Elbe zum Schutze der deutschen Colonien und Inzaumhaltang der besiegten Slaven erbaute. Nach Errichtung der Burgwarte Bustrici entstand auch bald das Dorf Pesterwitz, welches in der Folge eines von den fünf Küchengütern des Bischofs von Meissen wurde, jedoch nach einem Uebereinkommen des Papstes und der Sächsischen Fürsten Ernst und Albrecht vom Jahre 1485, jedes Mal dem Bischof verliehen werden musste. Zur Zeit des Hussitenkrieges gehörte Pesterwitz dem Ritter Johann von Maltitz, und der Ort wurde gleich Altfranken, Zauckerode und anderen naheliegenden Ortschaften, von den wilden Böhmen gänzlich zerstört. Im siebzehnten Jahrhundert besass das Gut der Berghauptmann Christian Reichbrod, der unter dem Beinamen „von Schwendendorf“ in den Adelsstand erhoben wurde. Bei dessen Familie verblieb Pesterwitz bis zum Jahre 1744, wo es ein Herr von Nimpsch besass, dessen Nachkommen selbiges 1820 an den Baron von Thümen verkauften.

Altfranken ist, nebst Niederpesterwitz, Neunimpsch, Potschappel, Rossthal, Saalhausen und Zauckerode in die Kirche zu Pesterwitz eingepfarrt, über deren Gründung alle Nachrichten fehlen. Das Thürmchen, welches sich auf dem Dache des Gotteshauses befand und seit 1518 gestanden hatte, wurde im Jahre 1662 abgebrochen und das noch jetzt vorhandene erbaut. Eine Hauptreparatur erfuhr die Kirche im Jahre 1756, und als 1804 der Thurm von einem Blitzstrahle getroffen wurde, musste abermals eine solche vorgenommen werden. Die gesammte Kirchfahrt Pesterwitz besteht aus etwa 2000 Einwohnern und 300 schulpflichtigen Kindern.

Otto Moser, Redact.     




Helfenberg.


Rechts von der Hauptstrasse, die aus Sachsens Hauptstadt nach Bautzen führt, liegt etwa eine Meile in südöstlicher Richtung von Dresden das Rittergut Helfenberg. Das Herrenhaus erhebt sich inmitten freundlicher Gartenanlagen kaum eine halbe Stunde vom Elbstrome entfernt über dem linken Ufer des Helfenberger Baches, der an der Gönnsdorfer Höhe entspringt, den herrlichen Helfenberger und Boyritzer Grund bildet, und, nachdem er viele Rebengelände bespühlt, unmittelbar hinter Niederboyritz in die Elbe mündet.

Im vierzehnten Jahrhundert gehörte Helfenberg den Herren von Ziegler, welche sich später Ziegler und Klipphausen nannten und vielleicht die alte Burg bewohnten, von der man auf einer Höhe des Felsenberger Grundes noch jetzt einige Spuren bemerkt. Die Burg wurde indessen damals nicht Helfenberg, sondern, wie aus Urkunden hervorgeht, „der Helfenstein“ genannt, und scheint eine nicht unwichtige Veste gewesen zu sein. Die Ritter von Ziegler besassen zu jener Zeit ausser Helfenberg auch Schönfeld und Gönnsdorf; bei einem im Jahre 1400 erfolgten Todesfalle wurden die Güter indessen getrennt, wobei Helfenberg in den Besitz Pauls von Ziegler gelangte, dessen einziger Sohn, Tilemann, den geistlichen Stand erwählte und Domherr ward. Hierdurch wurde Helfenberg ein offenes Lehen, und der damalige Churfürst, Friedrich der Streitbare, säumte nicht, das schöne Gut in Besitz zu nehmen. So blieb Helfenberg bis 1547 ein Krongut; in diesem Jahre aber veräusserte Churfürst Moritz dasselbe, nebst dem damals sogenannten Amte Schönfeld und dreizehn Ortschaften, an den berühmten Kriegsbaumeister, Oberforstmeister und Amtshauptmann, Hans Dehn, genannt der Rothfelser. Die Familie der Dehne stammte aus dem Schlosse Rothenfels, zwischen dem Spessart und Main gelegen, und weil sie bei damaligen Streitigkeiten der Päpste und Kaiser Parthei für Letzteren genommen, stürmte der Bischof von Würzburg das Schloss Rothenfels und trieb die Ritter von Dehn aus ihren Besitzungen. Sie kamen im elften Jahrhundert nach Sachsen und zeichneten sich in Krieg und Frieden als tapfere Kriegsleute und treffliche Rathgeber aus, weshalb Viele ihres Geschlechts die höchste Gnade ihrer Fürsten genossen. Auch des Kriegsbaumeisters Hans Dehn vom Rothfelsers Vater war ein vertrauter Rath des Churfürsten von Sachsen, Friedrichs des Weisen gewesen. – Als der Kriegsbaumeister mit Tode abging, hinterliess er vier Söhne, von denen Adolph Helfenberg erhielt und später durch das Ableben seines Bruders Ernst auch Gönnsdorf[WS 1] erbte. Ernst Abraham Dehn Rothfelser wurde churfürstlicher Stallmeister und war als ein ausgezeichneter Pferdekenner und Reiter berühmt. Dabei war seine Kunstfertigkeit in der Dressur so vorzüglich, dass er zum Erstaunen des Hofes und Adels den churfürstlichen Pferden tanzen lehrte. Er starb 1625 und hinterliess einen einzigen Sohn, Hans Dippold, der in dänische Dienste trat, Reichsjägermeister wurde und im Jahre 1665 auf dem Schlosse zu Helfenberg verschied. Dessen Wittwe blieb lange Zeit im Besitze des Gutes, verkaufte es aber endlich an ihren Schwager, Carl Rudolf Dehn Rothfelser, von dem Helfenberg an seinen Sohn, Carl Heinrich, gelangte. Dieser veräusserte seine väterlichen Güter und wandte sich nach Schlesien, wo die Familie der Dehn Rothfelser noch jetzt beträchtliche Besitzthümer hat. Im Jahre 1806 besass Helfenberg ein gewisser Fischer, von dem es der bekannte Lord Findlater erwarb, dessen berühmte Villa viele Besucher herbeizog. Dieselbe stand am rechten Elbufer unweit der breternen Saloppe, einem durch seine herrliche Lage bekannten Vergnügungsorte, in der Nähe Dresdens. – Jetzt erheben sich auf der Stelle, wo vormals Findlaters reizende Villa thronte, die prachtvollen Paläste des Prinzen von Preussen. – Der jetzige Besitzer ist Herr Christian Gottlob Winkler.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Gönnersdorf
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/032&oldid=- (Version vom 29.10.2017)