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und es giebt wohl kaum in Burgk ein Haus, das nicht eine Baumschule neben sich hätte. Ueberall, auf den Fluren des Rittergutes wie des Dorfes, an allen Wegen und Stegen stehen die herrlichsten Obstbäume, welche namentlich während der Blüthenzeit der ohnehin schönen Gegend einen neuen Reiz verleihen. Der wackere Gründer dieser einträglichen Obstbaumzucht ist der Pfarrer Martin Künzelmann zu Döhlen, welcher im Jahre 1535 bis 1581 sein geistliches Amt verwaltete und allgemein betrauert und bewundert in hohem Alter starb. Als tiefer Forscher nach den geheimen Kräften der Natur, und weil er oft die Vorurtheile seiner Zeitgenossen geschickt zu seinen Zwecken benutzte, auch bei den schwersten Krankheiten sich oft als tüchtiger Arzt und Helfer bewährte, kam er bald in den Ruf, dass der Teufel mit ihm im Bunde sei. Trotzdem suchte man seine Hülfe, die er auch gern und willig gewährte, von nah und fern, wobei der wackere Pfarrherr sich keine andere Belohnung geben liess als junge Obstbäume und Pfropfreiser. Ein reicher böhmischer Graf, dessen schwererkrankter Sohn durch den Pfarrer Künzelmann gerettet wurde, bot diesem in der Freude seines Herzens eine grosse Geldsumme an, die Künzelmann indessen entschieden zurückwies und den Grafen nur um einige Obstbäume und Reiser von sehr guter Gattung bat. Hierdurch wuchs im Volke die Meinung von seinen übernatürlichen Kräften dergestallt, dass der vermeinte Wundermann endlich selbst im Auslande grossen Ruf genoss und von Reich und Arm um Rath und Beistand angegangen wurde. Da nun seine Gemeinde, wie auch einige seiner Freunde, Künzelmanns Beispiele als Obstzüchter folgten und die Bäume nach seiner Anordnung pflanzten und pflegten, so entstand die in hiesiger Gegend allgemein bekannte und lohnende Obstzucht. Nachkommen des Pfarrers Künzelmanns sollen sich noch in Gittersee befinden, wo er einst sieben Hufen Landes urbar machte und einige Güter baute.

Die zum Rittergute Burgk gehörigen und durch Ankauf der in den Fluren der Dorfschaften Zschiedge, Birkicht, Kleinburgk, Kleinnaundorf, Bannewitz, Wilmsdorf, Niederhässlich, Schweinsdorf, Deuben, Döhlen, Oberhermsdorf, Wurgewitz, Kohlsdorf und Pesterwitz gelegenen erlangten Kohlenlager umfassen einen Flächenraum von 4–5000 Scheffeln Land, und sichern dem Rittergute auf Jahrhunderte hinaus eine Erwerbsquelle, dem Vaterlande aber die reiche Ausbeute eines unentbehrlichen Brennmaterials, gleichwie einer grossen Anzahl der Bevölkerung nährenden Erwerb.

Rittergut und Dorf Burgk sind in die Kirche zu Döhlen eingepfarrt, welche ihre jetzige Gestalt im Jahre 1587 empfing. Die Kirche besitzt ein grosses Crucifix, das auf dem Altar stehend fast das kunstvolle Altargemälde verdeckt, und auf eine damals für übernatürlich gehaltene Art hierherkam. In uralter Zeit war nämlich die Weisseritz einmal so angeschwollen, dass ihre Fluthen sich bis an die hohe Kirchentreppe erhoben. Vermuthlich hatte der ungestüme Fluss im oberen Lande ein Kirchlein zerstört, denn auf seinen Wellen schwamm ein Crucifix daher und blieb auf der Treppe der Döhlener Kirche liegen. Die staunende Menge sah in diesem Zufall ein Wunder, das Kreuz wurde mit grosser Feierlichkeit nach der Kirche gebracht und dort auf dem Altar emporgerichtet. Bald verbreitete sich die Kunde von dem angeschwommenen Christusbilde über das ganze Land, und Tausende strömten herbei um vor demselben ihre Gebete zu verrichten. So blieb das Crucifix in hohen Ehren Jahrhunderte hindurch, bis endlich die Aufklärung der späteren Zeit das Wunderbare von einem Ereigniss abstreifte, welches damals Tausende zu gläubigem Gebet begeisterte. – Uebrigens befindet sich in der Kirche zu Döhlen auch ein interessantes Deckengemälde, welches die Versuchung Christi in der Wüste darstellt, der Versucher ist aber nicht, wie er immer abgebildet wird, eine Mannsperson, sondern – ein Frauenzimmer! –

Des wackeren Pfarrers Martin Künzelmann ist bereits Erwähnung gethan. lhm folgte als hiesiger Pastor sein Sohn, Bartholomäus Künzelmann, der im Jahre 1616 starb. Er war so unglücklich sich dem in Sachsen eingeschlichenen Calvinismus anzuschliessen, wozu er sich namentlich von seiner Frau verleiten liess, die ihn zur Unterzeichnung eines darauf bezüglichen Cirkulars mit den Worten aufmunterte: „Schreibt, lieber Herr, schreibt! dass Ihr nur bei der Pfarre bleibt! –“ welche Rede später zum Sprichworte geworden ist. Als jedoch nach Churfürst Christians Tode der Kryptocalvinismus mit aller Härte aus Sachsen verdrängt wurde, hatte auch Pastor Künzelmann viel zu leiden, und man erzählt, dass er zu der Strafe verurtheilt gewesen sei, einen Priesterrock mit nur einem Aermel zu tragen. Eingepfarrt in die Kirche zu Döhlen sind die Ortschaften Deuben, Potschappel, Birkicht, Gittersee, Grossopitz, Gross- und Kleinburgk, Leissnitz, Niederhässlich, Schweinsdorf, Weissig und Zschiedge.




Da wir fast im Mittelpunkte des Gebietes stehen, durch welche die bis jetzt untersuchten Steinkohlenflötze streichen, so dürfte es unseren Lesern nicht unangenehm sein, wenn wir hier einen Blick auf den so wichtigen Zweig der Gewerbsamkeit, den Steinkohlenbau, werfen. Es wurde schon erwähnt, dass die Kohlenlager sich von Burgk am Fusse des Windberges weithin erstrecken. Die Flötze lagern auf Porphyr. Die Weisseritz scheidet die angebrochenen Flötze in zwei Hauptbezirke; auf dem linken Ufer theilt der Zaukeroder Bach, der bei Potschappel in die Weisseritz fällt, und der Sauberg, zwei Reviere ab, wovon das eine von Pesterwitz und Kohlsdorf bis zum Sauberge, das andere von hier bis Zaukerode, Döhlen und Niederhermsdorf sich erstreckt. Die einzelnen Reviere, welche auf dem linken Ufer des Flusses liegen sind durch tiefe Schluchten getrennt, die sich durch den Abfall der Porphyrgebirge, zwischen denen die Kohle liegt, gebildet haben. Man theilt das Steinkohlengebirge in sieben Arten ein. Die erste enthält ein Lager von mürbem Sandstein, welcher unmittelbar über dem Porphyr liegt, und bisweilen Versteinerungen von Conchylien und Würmern enthält. In diesem Sandsteine liegen, als zweite Art, drei Kohlenflötze von der Stärke eines Viertellachters bis zu einem Lachter, die in verschiedenen Weiten übereinander schichten. Ueber dieser Sandsteinschicht liegt als dritte Art das oberste oder vierte Kohlenflötz, welches in diesem Bezirk verschiedene Mächtigkeit hat und mit seiner Tiefe immer mächtiger wird. Auf diesem Flötze ruht die vierte Art, eine Lage Kalkmergel, auf dem die fünfte Art Schieferthon mit Abdrücken von Pflanzen und Kräutern liegt. Ueber dem Schieferthon findet sich bisweilen noch Kalkstein, den man auch hier und da bricht, und auf diesem ruht ein aus Conglomerat und Thonstein bestehendes Gebirge, das bisweilen in Porphyr mit aufgelösten

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/015&oldid=- (Version vom 1.10.2017)