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sittliche Hohlheit ihm unter das Auge gestellt werden. Mag es Heere wie aus der Erde rufen, und seinen eigenen Kindern den Taumelkelch immer neu einschenken; es muß gedemüthigt, es muß gestürzt werden. Denn Gott hat es gewogen und zu leicht erfunden. Die Rechte des Herrn ist erhöht, die Rechte des Herrn behält den Sieg.

 Uns hat Gott als Werkzeug seines Gerichtes gebraucht. Er hat manches Werkzeug, nachdem er es gebraucht, wieder weggeworfen; uns hat er in Gnaden angenommen. Unsere Sache war gerecht; aber auch die gerechteste Sache ist oft genug unterlegen. Trotz unserer gerechten Sache waren wir selbst nicht gerecht in unserem ganzen Stand und Wesen. Wir haben es selbst erkannt und bekannt im Anfang des Krieges. Fürst und Volk lag auf den Knieen und hat Gottes Erbarmen angerufen. Buße war die erste Weihe unserer Waffen. An Bußtagen wurde gemeinsam im ganzen deutschen Vaterland um Vergebung der Sünde gefleht, und wie viele Fromme haben im stillen Kämmerlein heilige Hände emporgehoben und im Gebet gerungen um das Heil ihres Volkes. Gott hat uns erhört, Gott war uns gnädig; ihm allein die Ehre! Wir schauen seine Gerechtigkeit, wir schauen seine Gnade, seine große, unverdiente Gnade. Ein Spiegel der Selbsterkenntniß sei uns die eine, eine Mahnung zur Demuth und Gottesfurcht die andere. Gott hat sich einmal wieder weltgeschichtlich verherrlicht und seine Verherrlichung ist unser Heil. O daß das ganze deutsche Volk seinen Arm schaute und die Gnadenstunde erkännte, die ihm geschlagen; o daß Alles sich beugte unter den Heiligen und Barmherzigen! O daß alle Ruhmredigkeit und stolze Selbsterhebung ferne von uns bliebe! daß unsere Siegesgedanken stets auch rechte Friedensgedanken blieben! daß der Versucher umsonst dem deutschen Volke nahete und zeigete ihm die Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit! das wäre der schönste Sieg über uns selbst, die gesegnetste Frucht unserer Siegesfeier. In solchem Sinne können, dürfen, wollen wir sprechen: „man singet mit Freude vom Sieg in den Hütten der Gerechten: die Rechte des Herrn behält den Sieg; die Rechte des Herrn ist erhöhet: die Rechte des Herrn behält den Sieg.“


II.

 Eine rechte Gedenkfeier sei weiter unsere Friedensfeier. Wir vergessen nicht, wo wir Gottes Gnade preisen, all des menschlich Großen, Edlen, Herzerquickenden, was in dem nun siegreich vollendeten Kriege sich gezeigt. Wissen wir doch, daß Gott, wo er Großes schaffen will, auch die rechten Leute und die lebendigen Kräfte als Werkzeuge zum Vollzug seiner Rathschlüsse auf den Plan zu rufen weiß. Wir gedenken ihrer heute mit