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 In die gewohnte Ordnung zurückzukehren, lädt uns nun der Friede ein, mahnt uns alle, die Träger der verschiedenen Aemter und Berufsarten in Staat und Kirche, in Schule, Gemeinde und Haus, den Bürger und den Landmann, derselben in neuer Treue unter neuem Segen zu pflegen, und nimmt unsere Arbeit unter sein schützendes Obdach. Eine neue Ordnung beginnt aber zugleich mit dem Frieden. Als schönste Siegerkrone prangt über unserem Haupte die gewonnene Einheit, das wieder erstandene Reich. Den herrlichsten Sieg haben wir über uns selbst erfochten, über unseren alten Hader und unsere unselige Zerrissenheit – mit dieser Siegesfrucht ziehen wir hoffnungsreich ein durch die wieder geöffneten Thore des Friedens. Einig sind wir ausgezogen; durch das geweihte, ehrwürdige Band unserer Geschichte, das deutsche Kaiserthum, fest und innig, Gott gebe für immer, zusammengeschlossen, kehren wir heim. Als Siegespreis nehmen wir mit die verlorenen, nun wiedergewonnenen Glieder unseres Volkes und wollen sie mit alter Liebe und Treue als Kinder einer gemeinsamen Mutter umfassen. Manch’ lieben, theuren Ort, den Arglist und Gewaltthat uns entrissen, nennen wir wieder den unseren und erneuern an ihm herrliche Erinnerungen deutscher Vergangenheit. Sollen wir nicht mit Freuden singen vom Sieg in den Hütten und Pallästen, in unseren Wohnungen und Gotteshäusern, von dem friedevollen Sieg, dem sieghaften Frieden, den Gott uns bescheert?

 Herrliche Siege hat freilich die Welt schon geschaut, aber ein böser Wurm nagte wie oft an ihrer Frucht. Auf stolzem Siegeswagen ist mancher Gewaltige der Erde einhergezogen, aber unter ihm lag das zertretene Recht, das muthwillig zerstörte Glück von Tausenden; die Thränen der Unschuld und das freventlich vergossene Blut schrie zum Himmel und dämpfte den Siegesjubel. Was bedeuten die herrlichsten Siege ohne den heiligen Schutz des Rechtes? Gott Lob, daß es die gerechteste Sache war, für welche wir auszogen, ein gerechter Krieg, den wir geführt; Gott Lob, daß nur Verblendung oder Scheelsucht diesen Ruhm uns benehmen kann! Für die theuersten irdischen Güter, für die Freiheit und Selbständigkeit unseres Vaterlands, in dem wir wurzeln mit unserem gesammten Dasein, mit dem unsere Freuden und Schmerzen so tief verwachsen sind, sind wir ausgezogen, und Gott hat unsere Waffen gesegnet. Man singet mit Freuden vom Sieg in den Hütten der Gerechten.

 Und doch ist unsere Feier im Preis des Friedens und des Sieges nur dann die rechte, wenn unser Jubel empordringt zu Gottes Thron, wenn wir dem Höchsten die Ehre geben, wenn wir anbetend frohlocken: „Die Rechte des Herrn behält den Sieg, die Rechte des Herrn ist erhöhet; die Rechte des Herrn behält den Sieg.“ Geliebte! es verräth