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Dornenkrone, der Selbsterniedrigung bis zum Tode, des Opfers am Kreuze. Da ergeht aus seinem Munde der große Missionsbefehl: „Gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker“, und dieses Befehlswort umschließt der Erlöser mit einem ebenso majestätischen Zeugnis- und Verheißungswort: „mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden“, „und siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende (Matth. 28,18–20)“. Geliebte in dem Herrn! Ein berühmter englischer Feldherr, der ein besonderes Verdienst an der Niederwerfung der Macht des ersten Napoleons hatte, erwiderte einem Geistlichen, der gegen die Mission Bedenken äußerte: „mein Herr, die Marschordre Ihres Königs lautet: gehet hin in alle Welt, und der ist ein schlechter Soldat, der der Ordre seines Königs nicht gehorcht“. Das größte an diesem großen Befehl ist aber, daß er von lauter Verheißung umgeben und selbst Verheißung ist. Hoffnung und Verheißung, tief in einander verschlungen, tragen die Mission. Manche der gewaltigsten Thaten der Weltgeschichte waren ungeheuere Wagnisse; die sie vollbrachten, hatten keine Verheißung auf ihrer Seite. Was wird in unseren Tagen von Vielen gewagt, geopfert um wirrer Zukunftsgedanken und Zukunftsbilder willen, die nur ein entsetzliches Zerrbild göttlicher Verheißung sind. Missionsthaten, kleine und große, haben aber Gottes Verheißungen für sich! Das alte und das neue Testament fließt von solchen über, das neue zumal ist eine große Missionsurkunde. Für die Missionsarbeit gilt das Wort: erwarte Großes von Gott, versuche Großes für ihn! Missionsarbeit ist eine fröhliche, freudige Arbeit, denn sie ist eine Arbeit in sicherer und gewisser, von Gottes Wort bezeugter, von Gottes Geist versiegelter Hoffnung, eine Arbeit in immer neuer Hoffnung, aber auch stets neuer Hoffnungserfüllung, bis alle Missions-, alle Christen-, alle Kirchenhoffnung erfüllt ist. Die Missionslosung kann nur lauten: vorwärts in Hoffnung.

 Blickt, im Herrn Geliebte, auf den, der der Anfänger und Vollender in allen Dingen, auch im Werke der Mission ist, der das Wort gesprochen: „wie mich der Vater gesendet, so sende ich euch.“ Wie war er so fröhlich in Hoffnung, als er Samariens Saaten zur Ernte wogen sah: „Hebet eure Augen auf und sehet in das Feld; denn es ist schon weiß zur Ernte“, rief er seinen Jüngern zu (Joh. 4,35). Wie drängt es ihn angesichts des Kreuzes vorwärts zur eigenen Verherrlichung, zur Verherrlichung in der Welt: „und ich, wenn ich erhöht sein werde von der Erde, so will ich sie alle zu mir ziehen“, spricht er (Joh. 12,32). Und sein Apostel Petrus blickt bereits in seiner zweiten Missionspredigt auf die Vollendung aller Dinge, auf die Zeit der Erquickung von dem Angesicht des Herrn hinaus (Apostelg. 3,20). Und Paulus schaut in unserem Briefe zurück auf wunderbar erfüllte Hoffnung, da er von Jerusalem an und umher bis an Illyrien alles mit dem Evangelium erfüllt (Röm. 15,19), schaut hoffend vorwärts bis in den fernsten Westen, bis nach Spanien (Röm. 15,24). Der Missionsblick des einen Apostels geht auf das Ende und Ziel der Wege Gottes, der des andern auf die Grenze des römischen Weltreichs, dessen weite Räume ihm der Herr, der zu ihm gesprochen: „ich will dich ferne unter die Heiden senden (Apostelg. 22,21)“, als Missions-, als Siegesbahn angewiesen.