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Weg, um Vergebung der Sünden und ewiges Leben zu erhalten“, ruft Justin c. 44 dem Trypho zu, „als daß ihr diesen Christus erkennet und nachdem ihr mit dem von Jesajas geweissagten Bade zur Vergebung der Sünde gewaschen seid, fortan sündlos lebt.“ Hieraus ist unter anderem auch zu entnehmen, wie Justin mit Unrecht eine gewisse Gleichgültigkeit gegen die geschichtliche Thatsache der Menschwerdung beigemessen wird, weil der Logos auch im alten Testamente schon erschienen sei, da er ja alles Gewicht auf den Glauben an jene Thatsache legt. Andererseits behauptet derselbe Justin, daß alle, Juden und Heiden, unter dem Fluche stehen, weil sie alle das Gesetz übertreten haben (95) und fragt (122): Wenn das Gesetz die Heiden erleuchten könnte, was bedürfte es eines neuen Bundes? Im Zusammenhang dieser Gedanken ist die Forderung des Glaubens an Christum als unerläßliche Heilsbedingung vollkommen begründet. Eine andere Frage ist die, wie es sich mit der Seligkeit der alttestamentlichen Gerechten verhalte, die, weil Christus noch nicht im Fleische erschienen, auch zum Glauben an ihn nicht gelangen konnten. Justin bejaht diese Frage mit Recht, weiß die Bejahung aber allerdings nicht genügend zu begründen. Er gibt als Grund nicht das Verhältniß jener Gerechten zu dem schon im alten Testamente wirksamen Christus, auf welchen Israel gehofft, und der als Geheimniß in manchen Satzungen und Einrichtungen des alten Bundes verborgen lag, was er von seinem eigenen Standpunkte hätte thun können, sondern er führt einfach ihre alttestamentliche Gerechtigkeit und Frömmigkeit (εὐσεβῆ) an, wodurch sie vor Gott wohlgefällig waren; er schließt hiermit ihren Gottesglauben, ihre Gottesfurcht und Gottesliebe nicht aus, sondern ein, er bleibt aber bei der vorwiegenden Anschauung des alten Testaments selbst stehen, die auch in das neue Testament hereinreicht (Luk. 1, 6), hebt jedoch mit all dem die heilsbegründende Bedeutung der Erlösung und des Glaubens an sie nicht auf. Denn gerade mit jener Ausführung ist eine der stärksten christologischen und soteriologischen Aeußerungen Justin’s verbunden, in welcher er die Nothwendigkeit des Glaubens ausdrücklich einflicht, was wir besonders hervorheben möchten. Justin sagt nichts weiteres, als daß die Erlösung durch Christum auch den Frommen des a. T. um ihrer Frömmigkeit und Gerechtigkeit willen zu gute komme. Die Schlußfolgerung des Herrn Verf. ist jedenfalls unberechtigt. Wenn Irenäus wiederholt behauptet, daß die Patriarchen

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Adolf von Stählin: Justin der Märtyrer. Dörffling und Franke, Leipzig 1880, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_Justin_der_M%C3%A4rtyrer.pdf/33&oldid=- (Version vom 1.10.2017)