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Lehre von der Taufe als dem Mittel der Wiedergeburt (I, 61). Aber auch hier deutet v. E., im Anschluß an die Justin untergeschobene Theorie von Leistung und Lohn, und an Weizsäcker (a. a. O. S. 110 f.), nach welchem die Taufe Justin nur ein Symbol ist: „Die Abwaschung selbst geschieht durch den Menschen, der in der Umwandlung seines Sinnes und der Erkenntniß Christi, die er annimmt, die Sünden ablegt“, vollständig um; die große Umwandlung, die das Christenthum bewirkt, erscheint lediglich als Selbstbesserung, als selbstbewirkte Sinnesänderung. Der Mensch wird in der Taufe nur insofern wiedergeboren, als er in derselben seinen Entschluß bekundet, das frühere Leben aufzugeben und ein neues Leben anzufangen (S. 103 f.); er erwählt die Wiedergeburt und bringt es zu Leistungen, die Gott mit der Vergebung der Sünden und dem ewigen Leben belohnen kann (S. 190). Man muß aber den Worten die größte Gewalt anthun, wenn man dies aus ihnen herausliest. Wir lesen: „Hierauf werden sie von uns hingeführt, wo Wasser ist, und werden in jener Art und Weise von Wiedergeburt, in welcher wir selbst wiedergeboren worden sind, wiedergeboren.“ Ausdrücklich stellt Justin die erste und zweite Geburt einander gegenüber, ausdrücklich beruft er sich auf Joh. 3, ausdrücklich nennt er die Taufe c. 66 das zur Vergebung der Sünde und Wiedergeburt bestimmte Bad. Ausdrücklich führt er letzteres Wort drei mal in einem Satze an. Wie wenig genau öfters v. E. mit den Worten Justin’s verfährt, geht unter anderem aus S. 103 hervor: „Auf den Namen J. Chr. und des heil. Geistes wird der, welcher erleuchtet ist, gewaschen.“ Es heißt aber φωτιζόμενος (I, 61) baptizandus, was einen ganz anderen Sinn gibt (cf. Otto zu der St.; Semisch a. a. O. II, S. 428, n. 6). Die Wiedergeburt ist etwas, was der Mensch nicht thut, sondern was er an sich erfährt, allerdings auf Grund einer freien Entscheidung in Buße und Glauben; er erwählt es, wiedergeboren zu werden (c. 61); hiermit ist aber gerade das substantiell sakramentale und das ethische Element aufs Angemessenste vereinigt. Denn wider den eigenen Willen wird Niemand der Wiedergeburt theilhaftig; Justin sieht in der Taufe ein Mysterium, er denkt sich ihre Wirkung aber allerdings nicht magisch (cf. Kahnis, Dogmatik II, S. 324: „Die Taufe wirkt die Wiedergeburt; das sagt schon die klassische Stelle bei Justin mit großer Bestimmtheit.“ Semisch a. a. O. II, S. 430, von Otto, Ersch u. Gr. S. 72;

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Adolf von Stählin: Justin der Märtyrer. Dörffling und Franke, Leipzig 1880, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_Justin_der_M%C3%A4rtyrer.pdf/25&oldid=- (Version vom 1.10.2017)