Schwankende Kirchtürme
[740 d] Schwankende Kirchtürme. Nachdem schon seit längerer Zeit durch sorgfältige Messungen festgestellt war, daß alle höheren Fabrikschornsteine, in ihrem Verhältnis zum Winde betrachtet, keineswegs feste, starre Körper, sondern vielmehr elastische, pendelnde Säulen vorstellen, wurden diese Messungen neuerdings auch auf die Kirchtürme ausgedehnt. Nach sorgfältigen, in Zürich ausgeführten Beobachtungen sind auch die Kirchtürme elastisch, aber was sie in regelmäßige Schwingungen versetzt, ist, wenigstens den bisherigen Messungen nach, nicht der Wind, sondern es sind die schweren, hoch in den Türmen aufgehängten Massen der Glocken.
Ein 40 m hoher Kirchturm mit fünf Glocken, die zwischen 425 und 3430 kg wiegen, war der erste Gegenstand der Untersuchung. Es stellte sich bei der genauen Beobachtung der Turmspitze heraus, daß dieselbe durch das Anstimmen des Geläutes alsbald in eine ellipsenförmige Rotation versetzt wurde, die, wenn auch nur nach Millimetern zählend, doch recht gut wahrgenommen werden konnte und ebenso regelmäßige Perioden aufwies wie die Bewegung der Glocken selbst. Am auffälligsten war dabei, daß nicht die größten und schwersten Glocken die stärksten Schwingungen verursachten, sondern die kleineren und schneller bewegten. Das Geläut einer Glocke von 705 kg Gewicht versetzte die Turmspitze in ovale Schwingungen von 3,6 mm Länge und 2,4 mm Breite, deren man 53 in der Minute zählte. Beim Zusammenläuten mehrerer Glocken störten und verwischten sich die Schwingungen zum Teil, nahmen aber an Zahl zu. Wenn das ganze Geläut in Bewegung gesetzt wurde, wobei die kleinste Glocke 57, die größte 43 Schwingungen machte, beschrieb der Turm in der Minute 160 Ellipsen, deren große Achse fast 6, die kleinere 4½ mm betrug.Bw.