Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Schloß Hartenfels in Torgau
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 47, S. 741–743
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1864
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[742]
Deutschlands Herrlichkeit in seinen Baudenkmälern.
Nr. 3. Schloß Hartenfels in Torgau.
(Mit Abbildung.)

Ein interessanter Nachmittag war mir in Graditz vergangen, dem bekanntesten unter den in der Nähe von Torgau, der alten sächsischen Kurfürstenresidenz, liegenden preußischen Gestüten, das geschichtlich dadurch bemerkenswerth ist, daß Karl August von Weimar bei einem Besuche des dortigen Hauptgestütes am 14. Juni 1828 plötzlich vom Schlage getroffen wurde.

Die reichste Abendsonne übergoß die Gegend mit ihrem goldenen Glanze, als ich mich auf einem zum Schutze gegen die Überschwemmungen der Elbe aufgeworfenen hohen Damme der kaum eine Stunde entfernten Stadt näherte. Rechts von dem Wege breitet sich eine fruchtbare, mit Dörfern reich besetzte Niederung aus, zur linken Hand aber hat man den Strom und jenseits desselben eine Ebene, die in einem weiten Bogen von niedrigen Höhenzügen eingeschlossen wird, welche als die letzten Ausläufer des Erzgebirges gelten können. Mit jedem Schritte wurde das Bild der Stadt imposanter; vor Allem bot das an ihrem südöstlichen Ende aufragende mächtige Schloß Hartenfels, das sich mir hier in seiner ganzen Ausdehnung darstellte, einen majestätischen Anblick. Ich erinnerte mich, früher gehört zu haben, daß nächst dem Residenzschlosse in Berlin unter allen ähnlichen Gebäuden Preußens Hartenfels die größten Massendimensionen habe und daß ihm hierin nur das Marienburger Schloß gleichkomme. „Es ist eine recht kaiserliche Burg,“ hatte Karl der Fünfte geäußert, als er, 1547 nach der Mühlberger Schlacht vor Torgau vorbeiziehend, des Schlosses von dieser Seite aus ansichtig wurde.

Je weiter ich an die gerade auf das Schloß gerichtete Brücke herankam, um so gewaltiger traten die Theile des großen Baues mit seinen vielen thurmartigen Vorsprüngen hervor. Am rechten Elbufer, dem Schlosse gegenüber, hatte ich den Brückenkopf mit einem in jüngster Zeit aufgeführten, zu fortificatorischen Zwecken dienenden bombenfesten Gebäude. Vom Mai bis September dieses Jahres – so erzählte mir ein desselben Weges Wandernder waren die Räume dieses stattlichen Gebäudes von dreihundert bei Düppel und später noch von vierhundert auf Alsen gefangenen Dänen bewohnt gewesen. Nur wenige Schritte vom Ende dieser Elbbrücke erheben sich auf dem linken Ufer die Mauern des Schlosses, nach Südwest in gerader Richtung und nur in der Mitte von einem viereckigen Vorbau unterbrochen; an seinen Enden ist dieser Flügel von zwei mit schöner Bildhauerarbeit reich gezierten Erkerthürmen begrenzt, und hohe Fenster in Bogenform bezeichnen die vier Stockwerke, welche er enthält. Nach Norden tritt zunächst ein runder Thurm vor, versehen mit drei Reihen übereinander angebracht Schießscharten.

„Das ist der Hasenthurm; ihn hat Kurfürst Johann Friedrich von Grund aus neu gebaut,“ sagte mein Begleiter, der mit der Geschichte des Schlosses sehr vertraut schien und sich erbot, mich mit den Hauptmerkwürdigkeiten desselben bekannt zu machen. Nicht weit von diesem und mit ihm durch einen Zwischenbau verbunden, bemerkte ich einen zweiten ähnlich gebauten Thurm. „Und da haben wir,“ so berichtete mein gefälliger Cicerone weiter, „den Flaschenthurm, einen gar wundersamen Bau. Anstatt der gewöhnlichen Treppe führt ein breiter gewölbter Fahrweg zu dem sogenannten brandenburgischen Gemache, welches die Breite des ganzen Gebäudes einnimmt. Früher verband eine künstliche Vorrichtung, welche in Gestalt einer hohlen Säule von der Mitte des Fußbodens unter einer Tafel ausging, diesen Raum mit dem tiefen unter dem Thurme befindlichen Keller, zu welchem hinab gleichfalls ein ebenso breiter Fahrweg leitete, so daß unvermerkt Gegenstände im Innern der Säule herauf- und heruntergelassen werden konnten. Als 1711 Peter der Große von Karlsbad aus, wo er den Sommer über zugebracht, seinen Rückweg über Dresden und von da zu Wasser über Torgau nahm, hielt er sich längere Zeit hier auf, um auf Hartenfels die Vermählung seines einzigen Sohnes Alexius mit der am Hofe der sächsischen Kurfürstin Eberhardine erzogenen braunschweigischen Prinzessin Charlotte Christiane Sophie zu feiern. Man tafelte in dem Thurmgemach, und der Czar, der bekanntlich ein wackerer Zecher war, wunderte sich nicht wenig, daß es ihm mitsammt einer Gesellschaft tüchtiger Trinker nicht möglich wurde, das halbe Dutzend Flaschen zu leeren, das unter dem Tische stand. Endlich wurde ihm das Zauberspiel, durch welches an die Stelle der geleerten immer wieder volle Flaschen traten, von seinem Wirthe August dem Starken erklärt.“

Um zu dem Hauptportale zu gelangen, mußten wir einen großen Theil des Schlosses umgehen, so daß mein Geleiter mir noch Manches von dem Schlosse, von seiner Gründung, die sich bis auf das dreizehnte Jahrhundert zurückführen läßt, und von seinem Neubau durch den Kurfürsten Johann Friedrich (1532–1551) zu erzählen Zeit fand. „Während Peter’s Anwesenheit,“ sagte er u. A., „hatte sich auch Leibnitz hier im Schlosse eingestellt und hielt eine lange Unterredung mit dem Czaren darüber, wie Kunst und Wissenschaft in Rußland eingeführt und verbreitet werden könnten. In Folge dieses Gesprächs hat ihn Peter zum geheimen Justizrath mit tausend Rubeln Pension ernannt. – Ueberhaupt hat das Schloß früher gar manche hohe Herrschaften beherbergt. So 1523 den entthronten König der Dänen und Schweden, Christian II., 1547 nach der Schlacht bei Mühlberg den Erzherzog Ferdinand, den Bruder Kaiser Karl’s V., und seine beiden Söhne, auch Gustav Adolph, der vor der Breitenfelder Schlacht auf Hartenfels den 5. September 1631 einen Kriegsrath hielt, und 1692 den Kurfürsten von Brandenburg, Friedrich III., den nachmaligen ersten König in Preußen. Bei diesem letzten Besuche wurde zwischen Friedrich und dem Kurfürsten von Sachsen, Johann Georg IV., am 10. Juni der Orden ,der guten Freundschaft’ gestiftet – der freilich nicht verhindert hat, daß sich nachmals die Herrscher beider Länder fast immer feindlich gegenüber gestanden haben.

Und wie gar viele fürstliche Vermählungen sind auf Hartenfels gefeiert worden! Da waren denn manchmal Tausende von Fremden in Schloß und Stadt einquartiert. Besonders aber knüpfen sich an die Burg mehrere der bedeutendsten Momente der Reformationsgeschichte. Hier schlossen den 5. Mai 1526 Kurfürst Johann der Beständige und Philipp, Landgraf von Hessen, das erste Schutz- und Trutzbündniß zur Vertheidigung der evangelischen Glaubensfreiheit; nach einer Berathung, die hier 1527 gehalten worden war, setzte Melanchthon die so berühmt gewordenen Visitationsartikel auf, welche von Luther in deutscher Sprache umgearbeitet wurden; hier wurden dem Kurfürsten Johann, ehe er nach Augsburg aufbrach, 1530 die von den Wittenberger Theologen abgefaßten sogenannten Torgauer Artikel vorgelegt, welche die Grundlage bildeten, auf der später Melanchthon die Augsburger Confession errichtete; hier fand das Interim – jene vom Kaiser erlassene Verordnung, wie es in der streitigen Glaubensangelegenheit inzwischen bis zur Entscheidung durch ein allgemeines Concil zu halten sei – als es unter dem Kurfürsten Moritz in Sachsen eingeführt wurde, die meisten und beharrlichsten Widersacher; unter der Regierung August’s, des Bruders von Moritz, entstanden hier bei den Streitigkeiten innerhalb der protestantischen Kirche 1571 die berüchtigten Torg’schen Artikel, eine Anweisung und Vollmacht zu einem Ketzergericht; hier wurde demselben Kurfürsten 1576 das sogenannte Torg’sche Buch übergeben, aus dem durch nochmalige Berathung am 14. März 1577 die leidige Concordienformel hervorging, welche, nachdem sie von drei Kurfürsten, zweiundzwanzig Fürsten, einhundertzweiundzwanzig Grafen, fünfunddreißig Reichsstädten und achttausendzweihundertsiebenunddreißig Theologen unterzeichnet worden war, zum symbolischen Buche der evangelischen Kirche gestempelt und

[741]

Schloß Hartenfels in Torgau.
Nach der Natur gezeichnet von C. F. Sprosse.

[743] 1580 publicirt wurde. Sie sehen also, daß unser Torgau keinen unwichtigen Platz behauptet in der Geschichte.“

Mittlerweile waren wir an dem eigentlichen Eingange zum Schlosse angelangt, der sich dem Zeughause gegenüber unmittelbar neben der Hauptwache befindet. Eine Steinbrücke trug uns über den trockenen, aber tiefen Bärengraben, in welchem der aus porphyrartigem Gestein bestehende Fels, auf dem das ganze Schloß selbst sowie ein großer Theil der Stadt erbaut ist, zu Tage kommt. Wir standen im Hofe, einem länglichen, nicht ganz regelmäßigen Viereck. Uns zur Rechten lag der älteste Theil des Schlosses, der Küchenstock nach früherer Benennung, welchen, doch viel tiefer, der Schloßgarten begrenzt, zur linken Hand der sogenannte Kirchenstock, durch welchen unter dem Flaschenthurme das Thor bergab nach der Elbbrücke führt, während gerade dem Eingange gegenüber der Hauptflügel durch seine Bauart ann meisten imponirt. Den Küchenstock flankiren zwei Thürme, am Eingange der unter Johann Georg I. gebaute achteckige, in seiner ursprünglichen Gestalt und Größe bis auf die neueste Zeit erhaltene Glockenthurm, am andern Ende der viereckige Hausmanns- oder Wächterthurm. Seine Zinne bildet einen breiten, durch eine eiserne Brustwehr geschützten steinernen Gang. In diesem Zustande dient er noch jetzt dem Thürmer zur Wohnung. Ein steinerner Säulengang, außen an dem Küchenstocke angebracht und in zwei Etagen um die innere Seite des Wächterthurmes herumgeführt, vermittelt die Verbindung von diesem Theile des Schlosses nach demjenigen Flügel, der durch die in seiner Mitte hervorspringende Schneckentreppe am meisten die Aufmerksamkeit des in den Hof Eintretenden auf sich zieht.

Diese Schneckentreppe ist ein wahres architektonisches Kleinod. Sie läuft in Schneckenwindungen um sich selbst herum und umgiebt einen, wie die Treppe selbst, von Sandstein gearbeiteten, von oben bis unten mit herrlicher Sculpturarbeit überkleideten Treppenthurm. „Früher,“ so wurde mir explicirt, „ward das Ganze durch reiche glänzende Vergoldung noch mehr gehoben, und mit seinen hohen und offenen Bogenfenstern zwischen ganz schmalen Pfeilern erschien es wie eine durchbrochene Arbeit. Jetzt hat man zum Schutze gegen die Witterung die Bogenfenster zum Theil mit Läden ausgesetzt, dennoch hat auch so der Thurm ein stattliches Ansehen. ‚Könnte ich sie in die Tasche stecken, so würde ich sie mitnehmen,‘ soll Friedrich der Große, als er am 13. Januar 1757 nach Torgau kam und im Schlosse sich umsah, beim Anblicke der schönen Schneckentreppe gesagt haben. Aehnlich hatte schon früher Albrecht von Brandenburg, als er mit Herzog Moritz nach der Mühlberger Schlacht die Treppe hinaufging, geäußert: ,Herr Ohm, es möchte wohl einer einen Krieg führen, wenn er ein solches Schloß gewinnen könnte.‘ Die Treppe selbst führte früher in den im mittlern Stockwerke befindlichen Riesensaal, der, hundert Ellen lang und dreißig Ellen breit, mit den Brustbildern der deutschen Kaiser und der sächsischen Kurfürsten geziert war; an ihn schlossen sich in demselben Flügel, sowie in dem Küchenstocke eine ganze Reihe zu allerhand Gebrauche eingerichteter, zum Theil prächtig ausgeschmückter Zimmer an. Ueber dem Riesensaale wird als besonders sehenswerth ein Gemach bezeichnet, dessen Decke und Wände ganz mit venetianischem Spiegelglase belegt waren, so daß man, ohne an’s Fenster zu treten, von jedem Punkte aus Alles übersehen konnte, was in den gegenüberliegenden Gemächern, auf dem Hofe, auf der Elbe und in der Umgegend vorging.“

Am Fuße der zum Schneckenthurme aufführenden Freitreppe halten auf beiden Seiten zwei in Sandstein gearbeitete geharnischte Kriegsmänner Wacht, und ebenso erblickt man unter dem steinernen Gange, gleichsam denselben tragend, mehrere in Stein gehauene Figuren. Mir fiel besonders die erste neben der Treppe auf. „Die stellt den Claus Narr dar,“ – so lautete die Antwort auf meine Frage – „der bei dem Kurfürsten Ernst und dem Herzog Albert, bei dem Erzbischof von Magdeburg, bei Friedrich dem Weisen und Johann dem Beständigen Hofnarr gewesen ist. Auf dem Stadtkirchhofe, wo er begraben liegt, können Sie noch jetzt ein aus Sandstein gehauenes Denkmal finden, welches, wie die Inschrift besagt, eine großmächtige Fürstin ihm hat setzen lassen. Die Hofnarren haben wie anderwärts in jener Zeit, so auch am kursächsischen Hofe zu Hartenfels eine gar große Rolle gespielt. Das können Sie unter Anderem schon daraus abnehmen, daß hier sich ehedem ein besonderes Zimmer befand, welches mit Abbildungen der Schalksnarren geschmückt war.“

Die von Johann Friedrich neuerbaute Kirche, überhaupt das erste für den evangelischen Cultus errichtete Gotteshaus, bildet äußerlich kein besonderes Gebäude, sondern ist ein Theil des gen Norden gerichteten Flügels und mit demselben durch Mauer und Dach zu einem Ganzen verbunden. Mein Begleiter ließ einen Beamten bitten, uns die Kirche zu öffnen, und machte mich unterdessen auf den in der Fronte der Kirche neben dem Flaschenthurme angebrachten von seinem Schafte bis an das obere Ende über und über mit Bildwerk bedeckten, in jüngster Zeit mit größter Genauigkeit wieder hergestellten Erker,[1] sowie auf den ziemlich in der Mitte des Hofes befindlichen Brunnen aufmerksam. Der daneben stehende Neptun mit dem Dreizacke, zu dessen Füßen ein Delphin ruht, war früher ganz vergoldet und hatte auf einer Säule in dem Brunnen selbst seinen Platz, so daß aus dem Rachen des Delphins das Wasser in den geräumigen Wasserbehälter floß. Das Wasser wurde dem Brunnen fast eine Meile weit zugeführt aus Quellen, die unweit der Stelle sprudeln, wo jetzt eine am 3. November 1860 zum Andenken an die vor hundert Jahren in der Torgauer Schlacht Gefallenen errichtete Sandsteinsäule weit in die Ebene hinausschaut.

Inzwischen war uns der Kirchenschlüssel gebracht worden. Das Innere bietet nicht viel Merkwürdiges, ausgenommen vielleicht, daß das ziemlich hohe Gewölbe jedes stützenden Pfeilers entbehrt und der Altar, wider den Brauch, nach Abend gerichtet ist. Am siebenzehnten Sonntag nach dem Trinitatisfeste des Jahres 1544 bestieg Luther zum ersten Male die Kanzel dieses Gotteshauses und gab diesem im Beisein des ganzen Hofes die feierliche Weihe, in einfacher und schlichter Rede, freimüthig und kräftig, ohne Rücksicht auf Fürstengegenwart und Fürstengunst über das Evangelium des Sonntags predigend. Die Geschichte der Kirche fällt im Laufe der Zeiten zusammen mit der Geschichte des Schlosses überhaupt. Als von der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts an die Kurfürsten Dresden zu ihrer gewöhnlichen Residenz erwählt hatten, hielten sie dennoch das Gotteshaus auf Hartenfels in hohen Ehren. Bei besonderen Veranlassungen, wenn sie längere Zeit hier residirten, namentlich bei Ständeversammlungen, feierten sie hier ihre Andacht und spendeten manches kostbare Gemälde von Lukas Cranach und anderen deutschen Meistern. Nach dem zu Ende des siebenzehnten Jahrhunderts erfolgten Uebertritte des Kurfürsten August des Starken zur katholischen Confession hatte die Kirche an der Gattin desselben, der edlen Eberhardine, eine eifrige Beschützerin. Die gute Fürstin, die dem evangelischen Glauben unerschütterlich treu blieb, kam von Pretsch aus, wohin sie sich zurückgezogen hatte, zu wiederholten Malen nach Hartenfels, um hier dem Gottesdienste anzuwohnen. Es war in ihrem Todesjahre 1726, als der letzte protestantische Gottesdienst in der Kirche gehalten wurde; die Thüren derselben blieben seitdem zehn Jahre verschlossen. Bei der Huldigung Friedrich August’s des Zweiten aber mußte die für den evangelischen Gottesdienst erbaute Kirche am 7. November 1730 dem katholischen Cultus ihre Pforten öffnen.

Mehr und mehr erblich nun, zumal unter den Stürmen der schlesischen Kriege, der Glanz des Schlosses. Von 1772 an diente es zur Aufnahme von Strafgefangenen; seit 1780 verband man mit dem Zuchthause noch eine Irrenanstalt, in welcher auch hülflose Gebrechliche Aufnahme fanden. Als später Festungszwecke die Räumung des Schlosses nöthig machten, wurde 1811 die Irrenanstalt nach Schloß Sonnenstein bei Pirna, die Strafanstalt in dem darauf folgenden Jahre theils nach Waldheim, theils nach Lichtenburg bei Prettin verlegt. Nach den Drangsalen der Belagerung im Jahre 1813, unter denen Stadt und Schloß unendlich litten, wandelte man sämmtliche Räume des letzteren zur Aufnahme der Garnison in Kasernen um, die Kirche aber dient seit dieser Zeit zum Gottesdienste für die Besatzung. – Beim Heraustreten aus der Kirche fanden wir den Schloßhof, da die Parade bald beginnen sollte, mit Soldaten der verschiedenen Truppentheile der Garnison gefüllt. In einzelnen Gruppen standen auch mehrere Artilleristen und Pioniere umher mit weißen Binden am linken Arme, die zum Theil als Reconvalescenten sich auf Stöcke stützten. Sie gehörten jenen Truppentheilen an, welche, heimkehrend aus dem Felde in Schleswig, in den jüngsten Tagen von den städtischen Behörden feierlich empfangen und bewirthet, als Landwehrmänner oder Reservisten in Torgau eingezogen waren, um von hier aus in ihre Heimathsorte entlassen zu werden.


  1. Bei diesem Erker befindet sich der Standpunkt, von welchem aus die Abbildung des Schloßhofes aufgenommen ist.