Textdaten
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Autor: R. Ph.
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Titel: Schlegel oder Schopenhauer
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aus: Die Gartenlaube, Heft 28, S. 462
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1873
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[462] Schlegel oder Schopenhauer? Es giebt Persönlichkeiten, deren Charakterbild sich allmählich mit einem mythischen Legendenkreis umzieht. Eine solche scheint Arthur Schopenhauer zu sein. Schon in einem frühern Jahrgang der „Gartenlaube“ (1868, Nr. 35) wurde eine Anekdote erwähnt, die ebenso von Schopenhauer, wie von einem Capitain R. erzählt wird.

Kürzlich wurden nun in der Wiener „Deutschen Zeitung“ einige Briefe Schopenhauer’s veröffentlicht, und in der Einleitung erzählt der Herausgeber dieser Briefe, Dr. Karl Freiherr du Prel, Folgendes. „Schopenhauer sei ein Meister in der Erzählungskunst gewesen. Unter Anderm habe er irgend eine gewisse komische Geschichte gar trefflich und effectreich zu erzählen gewußt. Einer seiner täglichen Tischgenossen gerieth auf den sonderbaren Einfall, sich in den Besitz des Erzählungsrechtes jener Geschichte zu setzen. Eigenthümer einer irgendwie merkwürdigen Dose, welche Schopenhauer früher, jedoch vergeblich, zu erwerben getrachtet hatte, bot er nun dieselbe dem Philosophen gegen Abtretung des Erzählungsrechtes an. Der Tausch kam in’s Reine, und es währte nicht lange, so regte sich in dem Mann die Lust, von seinem erworbenen Recht Gebrauch zu machen. Aber dies geschah nicht nur insofern in der ungeschicktesten Weise, als er hierzu den passenden Anlaß nicht abwartete, und die Geschichte förmlich bei den Haaren herbeizog; sondern auch im Vortrag selbst gab er eine solche Unbeholfenheit kund, daß die Pointe der Erzählung ganz verloren ging und der Effect völlig abgeschwächt wurde. Unser Philosoph, schon bei den ersten Worten des Erzählers ärgerlich geworden, rückte im Verlauf derselben immer unruhiger auf seinem Stuhle hin und her, bis er schließlich, ehe noch der Andere ausgeredet hatte, mit Lebhaftigkeit in die Tasche fuhr und, hastig die Dose auf den Tisch setzend, unter allgemeinem Gelächter in die Worte ausbrach: ‚Da haben Sie Ihre Dose. Meine Geschichte will ich wieder haben.‘ Von dem Tage an trug Schopenhauer seine Erzählung wieder selbst vor, wenn sie dem Gespräch Würze zu geben vermochte. – Soweit Dr. du Prel. Nun vergleiche man damit: Auerbach, „Deutsche Abende“, neue Folge, S. 143, abgedruckt aus der „Gartenlaube“, 1860, wo ganz dieselbe Geschichte von den Brüdern Schlegel erzählt wird.

Sollte die Geschichte wirklich zweimal, zuerst den beiden Schlegel und dann Schopenhauer, so ganz in derselben Weise passirt sein?
R. Ph.