Schatten des dunklen Ostens/Die Schatzgräber

Aus dem Dunkel des russischen Dorfes Schatten des dunklen Ostens von Ferdynand Antoni Ossendowski
Die Schatzgräber
Die Wahrsager
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Die Schatzgräber.

Legenden über Schätze, die man in der Erde vergraben, gehen in allen Gegenden Rußlands von Mund zu Mund.

Es kann dies nicht verwundern.

Über Rußland sind im Laufe der Geschichte viel Kriegsstürme dahingebraust und so vertrauten Tausende und Abertausende im bedrohten Lande die großen und kleinen Schätze dem Schweigen der Erde an.

Viel dem Boden anvertrautes Gut blieb unbehoben.

Die Kreuzung dreier Wege, alte, am Wege wachsende Bäume, verwitterte, bemooste Steinhaufen, die irgend einmal Menschenhände errichteten, die Ruinen alter, befestigter Schlösser, Grabmäler, steile Uferabhänge an Seen und Flüssen sowie einsame Inseln, wo die Wildschwäne und Kibitze ihre Nester bauen, haben denen, die ihre Schätze vergraben mußten, als Erkennungszeichen gedient.

Jeder Bauer kennt sie und wäre imstande, nach den verborgenen Schätzen zu suchen, doch der Glaube, daß böse schwarze Seelen, Scheusale und Geister ruchloser Bösen in diesen Schatzgräbern Wache halten, hält sie mit Angst davon ab, zu graben und zu suchen.

Es bedarf eigener, magischer Mittel, um solche Dämonen und Wachgeister in die Flucht zu treiben, denn dann erst gelingt es, den Schatz zu heben und ihn in Sicherheit zu bringen.

Nur die Magier verstehen es, mit Sicherheit den Schatzort zu finden und den Wachgeist zu bannen.

Nach guter Bezahlung läßt sich der gedungene Zauberer den Schatzgräber zu sich kommen, verrät ihm den Ort, wo das gesuchte Schatzgrab zu finden ist, und auch die Art, den Bösen zu bezwingen.

Langsam wird der waghalsige Schatzgräber vom Zauberer auf einen schweren Kampf mit dem Teufel und seinen Gehilfen vorbereitet. Damit dem Schatzgräber kein Spuk ankann, werden seine Augen und Ohren in einem Extrakt aus magischen Kräutern gebadet, dann wird er gegen Bisse von Schlangen und Insekten gefühllos gemacht, die des Teufels Willen ergeben sind und den Menschen anfallen, welcher es wagt, an des Teufels Schätzen zu rühren.

Zwei Salben bereitet der Zauberer zu diesem Zwecke.

Die eine ist aus Bärenfett, mit dem Rindenstaub einer alten Espe gemengt, an der ein Selbstmörder sich erhängt hat.

Mit dieser Salbe wird die Haut beschmiert, damit die Angst den Schatzsucher nicht erzittern mache.

Die zweite Salbe ist Dachsfett, mit dem Pulver von Fröschen und Spinnen gemischt, und schützt gegen Schlangen und Insekten.

Die Hauptaufgabe des Schatzgräbers aber bleibt die Vertreibung der dämonischen Mächte, die neben dem Schatze hocken, auf die mutigen Sucher lauern, und ihr Fernhalten vom gehobenen Schatze während des Rückweges.

Zuerst muß der Schatzgräber versuchen, mit dem Rauche eines angezündeten Bündels aus magischen Kräutern den Dämon zu verjagen.

Bei der Bergung des Schatzes und auf dem Heimwege muß der Bauer eine lange Beschwörungsformel sprechen, deren Erlernung dem Schriftunkundigen zumeist sehr schwer fällt.

Alle sieben Schritte muß der Schatzdieb diese Formel vor sich hersagen, die letzten Worte beim Schließen seiner Haustür.

Solche Formeln haben den Zweck, dem gut bezahlten Zauberer eine Ausrede offen zu lassen, falls die Schatzhebung mißlingt. Dann war die Formel einfach nicht richtig hergesagt. Es soll Bauern geben, denen die Hebung solcher Schätze auf diese Weise schon gelungen ist.

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