Schützer und Schützling
[320] Schützer und Schützling. In den letzten dreißiger Jahren besuchte ein tüchtiger piemontesischer Artilleriecapitän aus einer militärischen Studienreise auch Mailand und erwarb sich hier die besondere Gunst des daselbst commandirenden österreichischen Generals Walmoden.
Als der Capitän, im Begriffe abzureisen, nach genommenem Abschiede, aus dem Hotel des Generals trat, begegnete ihm ein österreichischer Artilleriehauptmann seiner Bekanntschaft. Derselbe war zu wiederholten Malen Zeuge gewesen, mit welcher Auszeichnung Walmoden den jungen piemontesischen Officier behandelt hatte, und als er hörte, daß dieser nunmehr wieder abreisen werde, äußerte er sein Bedauern darüber lebbafter, als dies sonst wohl bei der Trennung von Bekannten geschieht.
„Recht schlimm für mich,“ sprach er niedergeschlagen, „daß Sie schon fort wollen, Herr Camerad! Ich hätte Sie so gern noch um einen Freundschaftsdienst gebeten. Der Alte da oben, ich weiß es, hält ganz besondere Stücke aus Sie, vielleicht hätten Sie darum ein gutes Wort bei ihm für mich einlegen können, daß er mir doch endlich einmal das Majorspatent ausfertigen läßt, welches er mir – weiß Gott warum – seit langer Zeit vorenthält.“
Der Piemonteser besann sich einen Augenblick und stieg dann rasch die Treppe des Hotels wieder hinauf. Nach wenigen Minuten kam er lachend zu dem unten wartenden Oesterreicher.
„Da, Herr Camerad,“ rief er, „haben Sir was Ihnen gebührt,“ indem er dem erstaunten und glücklichen Oesterreicher die ersehnte Avancementsurkunde überreichte. „Nun aber muß ich eilen, daß ich in den Wagen komme. Gott befohlen, Herr Major!“
Der Piemonteser war der gegenwärtige italienische Ministerpräsident La Marmora und sein Schützling – der derzeitige Höchstcommandirende in Venetien, General Benedek.