Sankt Georgs Ritter (Uhland)
Hell erklingen die Trommeten
Vor Sankt Stephan von Gormaz,
Wo Fernandes von Kastilien
Lager hält, der tapfre Graf.
Kommt mit großer Heeresmacht
Von Kordova hergezogen,
Zu erstürmen jene Stadt.
Schon gewappnet sitzt zu Pferde
Forschend reitet durch die Reihen
Fernandes, der tapfre Graf:
„Paskal Vivas! Paskal Vivas!
Preis kastil’scher Ritterschaft!
Du nur fehlest auf dem Platz.
Du, der erste sonst zu Rosse,
Sonst der erste zu der Schlacht,
Hörst du heute nicht mein Rufen,
Fehlest du dem Christenheere
Heut, an diesem heißen Tag?
Soll dein Ehrenkranz verwelken,
Schwinden deines Ruhmes Glanz?“
Fern ist er im tiefen Wald,
Wo auf einem grünen Hügel
Sankt Georgs Kapelle ragt.
An der Pforte steht sein Roß,
Und der Ritter knieet betend
Vor dem heiligen Altar;
Ist in Andacht ganz versunken,
Höret nicht den Lärm der Schlacht,
Durch die Waldgebirge hallt;
Hört nicht seines Rosses Wiehern,
Seiner Waffen dumpfen Klang.
Doch es wachet sein Patron,
Aus der Wolke steigt er nieder,
Legt des Ritters Waffen an,
Setzt sich auf das Pferd des Ritters,
Fleugt hinunter in die Schlacht.
Held des Himmels, Wetterstral!
Er gewinnt Almansors Fahne
Und es flieht die Mohrenschaar.
Paskal Vivas hat beschlossen
Tritt aus Sankt Georgs Kapelle,
Findet Roß und Stahlgewand;
Reitet sinnend nach dem Lager,
Weiß nicht, was es heißen mag,
Und der festliche Gesang:
„Paskal Vivas! Paskal Vivas!
Stolz kastil’scher Ritterschaft!
Sey gepriesen, hoher Sieger,
Wie sind deine Waffen blutig,
Wie zermalmt von Stoß und Schlag!
Wie bedeckt dein Roß mit Wunden,
Das so muthig eingerannt!“
Ihrem Jubel und Gesang,
Neiget demuthsvoll sein Haupt,
Deutet schweigend himmelan.
In den abendlichen Gärten
Ging die Gräfin Julia.
Fatiman, Almansors Neffe,
Hat die Schöne dort erhascht;
Durch die Wälder, Nacht und Tag,
Zehn getreue Mohrenritter
Folgen ihm gewappnet nach.
In des dritten Morgens Frühe
Wo auf einem grünen Hügel
Sankt Georgs Kapelle ragt.
Schon von Weitem blickt die Gräfin
Nach des Heil’gen Bild hinan,
Groß in Stein gehauen, prangt:
Wie er in des Lindwurms Rachen
Mächtig sticht den heil’gen Schaft,
Während, an den Fels gebunden,
Weinend und die Hände ringend,
Ruft die Gräfin Julia:
„Sankt Georg, du heil’ger Streiter,
Hilf mir aus des Drachen Macht!“
Sprengt von der Kapell’ herab?
Goldne Locken wehn im Winde
Und der rothe Mantel wallt.
Mächtig ist sein Speer geschwungen,
Der sich gleich am Boden krümmet,
Wie der Lindwurm einst gethan.
Und die zehen Mohrenritter
Hat ein wilder Schreck gefaßt,
Fliehn sie über Berg und Thal.
Auf den Knieen, wie geblendet,
Liegt die Gräfin Julia:
„Sankt Georg, du heil’ger Streiter,
Als sie wieder hebt die Augen,
Ist der Heil’ge nicht mehr da,
Und es geht nur dumpfe Sage,
Daß es Paskal Vivas war.