Sagen aus der Provinz Sachsen IV

Textdaten
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Autor: Frau Adler sen.
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Titel: Sagen aus der Provinz Sachsen IV
Untertitel:
aus: Zeitschrift für Volkskunde, 1. Jahrgang, S. 225–227
Herausgeber: Edmund Veckenstedt
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Alfred Dörffel
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google-USA*, Commons
Kurzbeschreibung:
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Sagen aus der Provinz Sachsen.
Mitgeteilt von
Frau Adler sen.
1. Das Verschwören Gottes.

Man weiss wohl, dass es Hexen gibt und manche Frau möchte es auch gern sein, aber sie weiss nicht, wie sie es werden soll: manche Frau hat aber schon als Kind Gelegenheit dazu gehabt, und ist es doch nicht geworden. So erzählte eine Bäuerin, wie sie schon als Kind eine Hexe hätte werden können. Ihre Grossmutter habe nämlich dazumal in einem kleinen Hause von dem Ausgedinge gelebt. Dieselbe sei oft zu ihrer Mutter auf das Bauerngehöft gekommen und habe sie dann gewöhnlich mit sich genommen. Waren sie nun in dem Häuschen der Grossmutter gewesen, so habe sich dieselbe erst mit ihr etwas erzählt, dann aber mit sich auf den Boden genommen. In der Mitte des Bodens habe ein grosser neuer Topf gestanden, derselbe sei aber umgestülpt gewesen. Die Grossmutter habe sie dann an die Hand gefasst, sei mit ihr immer im Kreise um den Topf herumgegangen und habe sie aufgefordert, ihr die Worte nachzusprechen:

„Ick verschwäre Gott
Un glöwe an disen neien Pott.“

Sie sei aber damals schon klug gewesen und habe die Worte nicht nachsprechen wollen. Wenn sie auch nicht gewusst habe, was das alles zu bedeuten gehabt hätte, so habe sie doch gemerkt, dass mit ihrer Grossmutter nicht alles richtig sei, und sie habe sich auch gefürchtet, Gott zu verschwören.

Ihre Grossmutter habe aber ihren Willen durchsetzen wollen, sie zu wiederholten Malen auf den Boden geführt und aufgefordert, Gott zu verschwören. Einstmals habe sie aber alles ihrem Vater erzählt. Der habe geantwortet: „Also is et doch war, wat die Lide von unse Mudder vertellen. Da wullen wie balle helpen. Wenn die Grossmudder Di wädder met up den Bodden nämmt, denn sägst Du:

„Ick verschwäre Ju un den neien Pott
Un glöwe an Gott.“

[226] Das habe sie denn auch gethan. Aber kaum hätte sie die Worte gesagt gehabt, so wäre ihre Grossmutter wütend geworden und habe ihr zugerufen: „Du verfluchte Kräte, glik mockst Du, det Du von den Bodden kämmst, sis schmiet ik di runder!“

Sofort sei sie von dem Boden geeilt und nach Hause gelaufen. Ihr Vater, dem sie alles erzählt habe, sei froh gewesen, dass es so gekommen wäre und habe ihr auch gesagt, sie könne sich darüber freuen, denn ihre Grossmutter habe eine Hexe aus ihr machen wollen.

Fortan habe die Grossmutter sich nicht mehr um sie gekümmert.


2. Das Hexenmahl.

Bei einem gewissen Bauer diente ein Knecht, welcher davon gehört hatte, dass die Bäuerin eine Hexe sei. Um nun die Hexenfahrt am ersten Mai nach dem Blocksberge mitzumachen, belauschte der Knecht die Bäuerin in der betreffenden Nacht. Als diese sich auf den Besenstiel gesetzt hatte und mit den Worten: „Oben nut un nergens dran“ zum Schornstein hinausgefahren war, setzte sich der Knecht auf die Ofengabel und ritt mit den Worten ihr nach: „Oben nut un allerwarts dran!“ Das wurde nun eine schöne Fahrt, denn der Knecht stiess richtig im Schornstein allerwärts an, so dass er schliesslich denselben wieder herunterfiel.

Da er nun gemerkt hatte, dass sein Spruch nicht richtig gewesen war, er aber doch gern die Hexenfahrt mitmachen wollte, so setzte er sich noch einmal auf den Besenstiel zurecht und sprach dann: „Oben nut un nergens dran.“ Nun aber ging der Ritt trefflich von statten, und ehe sich’s der Knecht versah, war er auf dem Blocksberge, und zwar an der Stelle, wo die Hexen ihr Wesen trieben. Kaum war er von seiner Ofengabel abgestiegen, so erblickte ihn seine Bäuerin und sagte zu ihm: „Junge, wu kummst du denn her?“ Der aber antwortete: „Ick wolle oh mâl metmâken.“ „Nun denn kumm man her“, sagte die Bäuerin, „und help. Du kannst hier Hersche rihren.“ Mitten auf dem Platze, auf welchem die Hexen ihr Wesen trieben, stand nämlich ein grosser Topf, in welchem die Hexen Hirse kochten. Da musste denn nun unser Knecht heran und die Hirse im Topfe rühren. Endlich war die Hirse gar und nun assen alle Hexen davon; auch der Knecht bekam seinen Teil. Dann fingen die Hexen an zu tanzen, immer um den Topf herum, bis es Zeit war zum Aufbruch; alsdann wurde die Rückfahrt angetreten.

Am andern Morgen wurde der Bursche zur rechten Zeit geweckt, er war aber noch so müde, dass er zu dem Bauer, welcher ihn geweckt hatte, sagte: „Lot mi man noch en bettchen schlâpen, nâchens will ick Juch ok ganz ville vertellen.“

Weil es nicht gerade mit der Arbeit drängte, liess ihn der Bauer denn auch noch ruhig im Bett liegen. Als der Knecht endlich ausgeschlafen hatte, stand er auf und ging an die Arbeit. Bei Gelegenheit erzählte er dem Bauer alles, was er in der Mainacht erlebt hatte. Der aber schien sich gar nicht zu wundern und fragte ihn nur: „Häst Du denn ok [227] Hersche met efräten?“ ,Jo“, antwortete der Knecht. Der Bauer aber entgegnete: „Wer wett, wat du vor Sackbänder met efräten häst.“

Der Bauer liess sich weiter nichts merken, aber bei der nächsten Gelegenheit kündigte er dem Knecht doch den Dienst.


3. Die erkannte Hexe.

Die Mutter einer Bäuerin lebte in einem Dorfe bei Magdeburg von ihrem Ausgedinge. Sie hatte ein kleines Gehöft für sich und war so gut gestellt, dass sie sich sogar eine Kuh halten konnte. Da sie aber schon alt war, so butterte sie nicht mehr selbst, sondern bestellte sich dazu stets die Magd von ihrer Tochter, wenn sie genug Milch zum Buttern hatte. So hatte sie eines Tages auch wrieder die Magd zum Buttern bestellt. Die Magd wollte zu ihr gehen und kam dabei durch den Garten. Im Vorbeigehen pflückte sie sich etwas Dill ab und steckte diesen in ihren Busen, so dass ihn niemand sehen konnte, denn sie roch den Dill so gern.

Nun hat aber der Dill die Eigenschaft, dass er jede Hexe kenntlich macht. Das aber wusste die Magd gar nicht.

Die Magd ging also auf das Häuschen zu, wo sie buttern sollte. Die alte Frau stand auch schon vor der Thür und wartete auf sie. Sobald dieselbe die Magd erblickte, rief sie ihr schon von weitem zu: „Du olles Luder, wat wist Du denn bei mi? Wist Du balle mâken, det Du nâ Huse kämmst? Dien Flesch is jo ganz bedillt!“

Die Magd wusste nicht, wie ihr geschah; sonst war immer die alte Frau so gut zu ihr gewesen und nun wurde sie von derselben ausgeschimpft. Sie kehrte also um, ging nach Hause und sagte dem Bauer und der Bäuerin, wie sie die alte Frau fortgewiesen und beschimpft hatte. Der Bauer aber wusste Bescheid; er sagte zu der Magd: „Sich man stille, nu wetten wie et jo, die olle Frau is enne Hexe.“

Anmerkungen (Wikisource)

Die Sagen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:

  1. Das Verschwören Gottes
  2. Das Hexenmahl
  3. Die erkannte Hexe