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LVI.
4. Dezember.
Barbara.


 Die heilige Barbara erscheint auf manchen Bildern zu einer Seite der Mutter Gottes, während auf der anderen Seite die heilige Katharina gemalt ist. Grund und Ursach dieser Zusammenstellung wird verschieden angegeben; man sagt z. B. die Mutter Gottes in der Mitte bedeute die Kirche, Katharina die reiche hohe Ausbildung des menschlichen Geistes, Barbara die Tiefe des Gemüthes; beide fänden sich neben Maria, weil sich aller Reichthum des Geistes und alle Tiefe des Gemüthes zur Kirche neigen solle. Sinnig ist diese Deutung allerdings, wir aber maßen uns nicht an, den Sinn der Maler zu deuten, und waren auch nicht der Meinung, dieses Ortes denselben besonders hervorzuheben, da es uns vollkommen hinreicht, hiemit zu einer anderen wirklich vorhandenen Gemeinschaft| und Aehnlichkeit beider Heiligen eingeleitet zu haben. Beide gehören nemlich, im Morgen- wie im Abendlande, zu den gefeiertsten Namen der Kirche, während man doch von Beiden in allen Landen nur wenig Geschichtliches weiß, und mehr die Sage, als die getreue Überlieferung der Kirche die Frage lösen kann, warum die beiden Frauen in allen christlichen Gegenden so hoch berühmt sind. Es gilt von beiden Heiligen, was wir von einer anderen schon gesagt haben, sie gleichen dem Lichte der Sonne, welches noch auf den Bergen leuchtet, während sie selbst sich hinter den Bergen schon verborgen hat. Das Uebereinstimmendste, was die verschiedenen Quellen von der heiligen Barbara erzählen ist jedoch ungefähr folgendes, was, wie es auch begründet sei, christlichen Jungfrauen zur Lehre und Nachfolge dienen kann. Der Vater der Heiligen sorgte für die Unschuld seiner schönen Tochter und verschloß sie deshalb in einem eigens zu diesem Zwecke erbauten Thurme an seinem Hause: sicher vor Verführung, sollte sie hier den Studien obliegen. Da habe sie nun einmal bei Betrachtung der Sterne eine tiefe Sehnsucht ergriffen, zu wißen, was sie seien, und wer sie gemacht habe. Diese Sehnsucht| habe ihr der große Kirchenlehrer Origenes, der irgendwie in ihre Nähe gekommen sei, durch einen Unterricht gestillt, deßen Licht sie weit über alle Sterne erhob. Sie sei auf diesem Wege Christin und getauft worden. Indes sei dem Vater, der von dem allem nichts gewußt habe, der Gedanke gekommen, seine Tochter zu vermählen. Da nun aber diese sich dergleichen Anträge verbat, habe der Vater geglaubt, ihr andere Gedanken dadurch beibringen zu können, daß er auf eine Reise gienge und sie der Einsamkeit überließe. Bei seiner Heimkunft habe er erst Spuren gefunden, dann von der Tochter das unumwundene Bekenntnis vernommen, daß sie Christin sei. Wuthentbrannt habe er sie töden wollen, sie aber habe die Flucht ergriffen. Er habe sie aber allenthalben gesucht und an den Haaren durch Dorngestrüpp nach Hause gezogen und in einen finstern Ort geworfen. Er habe sie, da alles nichts half, dem Statthalter übergeben, der sie mit allen Mitteln des Gesetzes zur Besinnung bringen sollte. Gepeitscht am ganzen Leibe und dann mit Scherben an den wundenvollen Gliedern gerieben, sei sie von dem HErrn über Nacht geheilt worden und habe diesen ihren Arzt am andern Tage desto freimüthiger| bekannt. Da sei sie mit Haken am Leibe zerrißen, mit Fackeln gebrannt, am Haupte mit Hämmern geschlagen, die Brüste seien ihr abgeschnitten worden, und man habe sie mit einer anderen, Namens Juliana, auf schändliche Weise durch die Stadt zur Enthauptung geführt. Ihr eigener Vater habe an seiner zwanzigjährigen heldenmüthigen Tochter den Scharfrichter gemacht, sei aber nach kaum vollbrachter Unthat durch ein göttliches Gericht selbst gestorben. Was von alledem auf Wahrheit beruht, wißen wir nicht, darin aber stimmen alle überein, daß Barbara nach großen Leiden heldenmüthig den Tod der Blutzeugen gestorben sei und den Herrn der Herrlichkeit über ihr Leben und alle Herrlichkeit dieser Welt geliebt habe. – Es ist ein schrecklicher Gedanke, daß ein Vater gegen sein geliebtes Kind zum wüthenden Feinde wird, bloß weil es Jesum umfaßt; aber der HErr hat solche Fälle geweißagt, und in seine Weißagung eingehüllt ist die Verheißung, daß er frommen Kindern auch in solchem Fall beistehen und ihnen den Haß des Vaters durch die Inbrunst Seiner eigenen göttlichen Liebe versüßen wolle. Da prüfe sich denn Angesichts der leuchtenden Gestalt der heiligen Barbara| und in Bezug auf die Sage von ihr die Leserin, ob sie den Kelch trinken könnte, den Barbara trank, und sich taufen laßen mit der Taufe, damit sie getauft wurde?




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