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Titel: Rittler ist todt!
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aus: Die Gartenlaube, Heft 9, S. 148
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1872
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: August Wilhelm Rittler (1802 Germany-1872 Hoboken)
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[148] Rittler ist todt! Diese Botschaft wird in den dankbaren Herzen der vielen in schlimmster Zeit von Gefängniß und Tod durch ihn Geretteten tiefe Trauer erwecken. Wer kannte ihn nicht, viele Meilen im Umkreise von Altenburg, diesen edlen, muthigen und in ungewöhnlichem Maße aufopferungsfähigen Mann? Ein tüchtiger und deshalb bis zur Höhe des Residenzschlosses hinauf angesehener Arzt, theilte Rittler als solcher nach oben und unten die Wohlthaten seiner Kenntniß, Kunst und Erfahrung mit unparteiischer Hand aus. Ebenso ließ er sich aber auch als Bürger in seiner politischen Ueberzeugung keinerlei Weisung und Beschränkung gefallen, und wo es galt, Gesinnungsgenossen im redlichen Kampf zu unterstützen oder in der Gefahr zu schützen, da suchte Rittler im Wagen und Opfern seines Gleichen. Der Zug Flüchtiger namentlich aus Preußen gen Süden begann schon in der Mitte der vierziger Jahre, erhielt aber seine großartige Ausdehnung erst durch die Sturm- und Reactionsjahre 48 und 49. In dieser Zeit lieferte auch Sachsen sein nicht unbedeutendes Flüchtlingscontingent. Als Hauptstationen auf der geheimen Etappenstraße derselben galten Altenburg, Hof und einige Orte im Allgäu, u. A. Kempten, von wo der letzte Sprung zum Bodensee und in die Schweiz hinüber noch eine Kleinigkeit war.

Das Besitzthum Rittler’s in Altenburg bot durch seine Lage, besonders aber durch die sinnigen Vorrichtungen des klugen Demokraten ein ebenso vielfassendes als sicheres Versteck dar. Es lag an einem großen Garten. Nach der Gartenseite hinaus waren eine Reihe schiffskojenartiger Gemächer hergestellt, von außen nicht bemerkbar, aber von innen geeignet, eine von dorther nahende Gefahr sofort zu erkennen. Im vordern Theil des Hauses besorgte die Familie die Hochwacht. So stand immer nach der entgegengesetzten Seite der Gefahr der Fluchtweg offen. Es kam sogar vor, daß im vordern Theil des Hauses Einquartierung lag, während im hintern alle Kojen mit Flüchtlingen besetzt waren. Und wie oft mußten für diese nicht nur, was sich von selbst verstand, Speise und Trank, sondern, wenn sie fluchtreif waren, auch noch Kleidung und Geld geschafft werden!

Endlich machte es sich für Rittler selbst nöthig, den Weg einzuschlagen, den er schon so vielen vorher gezeigt hatte. Einer drohenden Untersuchung entzog er sich – wir glauben, sogar mit Aufopferung einer Caution – durch höchst schleunige Abreise nach Amerika.

Von dort, aus Hoboken bei New-York schreibt Rittler’s treue Gattin uns, daß ihr edler Mann am siebenundzwanzigsten Januar Nachmittags drei Uhr von einem Herzschlag getroffen und gestorben sei. Möge das viele Gute, das der Mann vollbracht, sich an der Wittwe und den Kindern Rittler’s in reichem Segen fruchtbar erweisen! Ehre dem Todten, der im Gedächtniß seiner Freunde und ihrer Lieben noch lange fortleben wird!