Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Zehista

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Zehista
Untertitel:
aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 143–144
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Zehista


nächst unterm Einflusse des Gersdorfer Wassers in die Seydewitz, ½ Stunde südsüdwestlich von Pirna, 500 Schritt unterhalb Zuschendorf, an der Chausee von Dresden nach Prag gelegen, wird gewöhnlich nur Zehst genannt.

Das dasige Rittergut hat ein gethürmtes Schloss mit schönem Garten und wichtiger Schäferei.

Es ist ein sehr schönes und ein sehr starkes Gut, wogegen das früher dazu gehörige Vorwerk Dirnenhof, wohin die Sage ein Nonnenklösterchen bringt, seit dem Jahre 1813 nicht mehr steht; es befand sich dasselbe zwischen Cotta und Giesshübel.

Zum Gute selbst gehören schöne Felder, Wiesen und grosse Waldungen.

Die näheren Nachrichten über die Entstehung des Ortes und Schlosses fehlen und waren solche trotz aller fleissiger Nachforschung auch darüber keine Spuren aufzufinden. Im Jahre 1612 stellte Christoph von Schönfeld für das Gut 2 Ritterpferde, im Jahre 1640 gehörte es dem Joh. Siegismund von Liebenau, der es seinem Schwiegersohn, dem Canzler von Miltitz 1676 überliess. Dann gelangte es an die von Brühl’sche Familie, unter welcher vorzüglich der Oberstallmeister Johann Adolph von Brühl sich um Zehista sehr verdient gemacht hat. Dessen Wittwe besass das Gut 1752.

Von dieser übernahm dasselbe der Geheime Rath und Oberconsistorial-Präsident von Globig auf Giessenstein, welcher es bis zum Jahre 1779 besass. Dann war es eine Zeit lang Eigenthum der Generalin Gräfin von Cosel. Nach derselben wurde der General von Leyser damit beliehen, von welchem es an dessen Erben, dem Hofrath von Leyser überging. Der jetzige Besitzer ist Herr Alexander Graf von Rex, des Reichsgrafen königl. sächs. Kammerherrn und Ritter des Johannitter-Ordens Karl Alexander und der Therese geb. von Nostitz und Jänkendorf a. d. H. Oppach zweiter Sohn, welcher seit dem 16. September 1852 mit Olga von Wöhrmann, der Tochter des königl. preuss. General-Consuls zu Riga W. Christoph von Wöhrmann, vermählt ist.

Vor der neuen Gerichtsorganisation gehörten die Orte Meusslitz, Sporbitz, Grossluga und Antheile von Gös und Nieder-Kreyscha dazu, auch Ploschwitz war der Gerichtsbarkeit von Zehista unterworfen. Meusslitz, Sporbitz gehörten im 16. Jahrhundert den Herren von Körbitz, dann einem gewissen Dr. Lindemann, worauf dieselben zum Amte Pirna geschlagen und Ende des 17. Jahrhunderts zum Rittergute Zehista gekauft wurden.

Ploschwitz kommt schon im Jahre 1437 als Besitzung der Burggrafen von Dohna vor. Im Jahre 1575 kam es wegen eines Stück Ackers zum Pirnaischen Amt und 1661 nebst Meuscha zum Rittergute Gamig. Anfang des 17. Jahrhunderts wurde auch dieser Ort zum Gute Zehista acquirirt.

Grossluga gehörte dagegen schon 1575 unter Zehistaer Herrschaft.

Der oben erwähnte frühere Besitzer von Zehista, Hans Siegmund von Liebenau, ist deshalb noch besonders erwähnenswerth, da derselbe im Jahre 1639 die Belagerung des Sonnensteins und der Stadt Pirna durch die Schweden unter Banner tapfer ausgehalten hatte. Von Liebenau war nämlich Amtshauptmann von Sonnenstein und Oberstlieutenant von der Armee und vertrat die Stelle des früheren Landvoigt von Sonnenstein, welcher so viel als Gaugraf war und über die ganze Gegend Recht zu sprechen, sowie die landesherrlichen Einkünfte zu überwachen hatte. Der Sonnenstein selbst bildete früher, namentlich vom Jahre 1404 eine Grenzfestung gegen Böhmen.

Zur Justizpflege befand sich auf dem Sonnenstein ein besonderes Gebäude, die Schösserei genannt, welche auf Betrieb des erwähnten von Liebenau im Jahre 1647 verlegt wurde, wozu man ein Privathaus acquirirte, worinnen sich später und bis zur neuen Gerichtsorganisation das Justizamt befand.

Zehista der Ort mit Ausnahme der Gutsherrschaft, der Officianten und dem Dienstpersonal des Rittergutes Zehista ist nach Pirna eingepfarrt.

Zehista hat nämlich eine eigene Schlosskirche. Dieselbe ist vom [144] Oberstallmeister Johann Adolph Grafen von Brühl erbaut, welcher die landesherrliche Erlaubnissurkunde im Jahre 1741 einholte. Eingeweiht wurde dieselbe am 22. August 1722 durch den Oberhofprediger Dr. Marberger und bis zum Jahre 1788 fungirten hier auch besondere Hausprediger. In den letzteren Jahren wurde die Hauspredigerstelle in Zehista mit der Hospitalpredigerstelle in Pirna verbunden und der über diese Vereinigung abgeschlossene Vergleich zwischen der damaligen Gerichtsherrschaft zu Zehista, der verw. Generalin Gräfin von Cosel und dem Rathe zu Pirna von dem Kirchenrathe zu Dresden unterm 25. Februar 1788 confirmirt.

Der Cantor und Organist an dieser Hauskirche ist zugleich Lehrer an der Schule zu Zehista, welche die Kinder des Dorfes, sowie die von drei Viertheilen des Dorfes Goes und die vom Vorwerke zu Dohma zu besuchen haben und deren Zahl 50 in Zehista, 25 in Goes beträgt.

Vermöge besonderer Privilegien übten die ehemaligen Besitzer des Gutes, in Ansehung der ihnen zum Hausgottesdienste verstatteten Kapelle grösstentheils selbst eigene Consistorialrechte aus, nur standen sie unter des Kirchenraths Aufsicht.

In Zehista giebt es 4 ganze Bauergüter mit 5 Hufen Feldes, ein Posthaus, einen grossen Gasthof und übrigens nur Häuslerwohnungen, meist auf Ritterguts Grund und Boden stehend.

Der Ort selbst hat starken Obstbau, auch guten Ackerbau und schöne Viehzucht. Auch beschäftigen sich die Einwohner mit Strohflechterei und Steinbrechen.

Am nördlichen Ende des Ortes steigt der Kohlberg als das Vorgebirge zwischen der Seydewitz und der Gottleube an. Wenn dieser Berg, wie man vermuthet, einst feuerspeiend war, so ergoss sich der Lavastrom, den vorhandenen Spuren zu Folge, am wahrscheinlichsten nach der Gegend von Zehista.

Man hat hier eine Aussicht, wie sie selten wird anzutreffen sein. Eine Beleuchtung von der Morgensonne oder eine Vergoldung von der Abendsonne dieser Parthie versetzt den Beschauer in Staunen und Ehrfurcht.

Westlich von Zehista erhebt sich der Petrefactenberg auf der linken Seite der Elbe, welcher sich von Grossedlitz bis Krebs und Zehista eine halbe Stunde lang hinzieht. Dieser Berg hat seine Benennung von den vielen Versteinerungen, die sich darauf befinden.

Zehista, Krebs und das Schloss Grosssedlitz liegen auf dieser Höhe. Zehista hat, da die Strasse nach Teplitz durchführt, im Kriege vom Jahre 1813 ungemein gelitten, das Vieh ging fast gänzlich verloren und durch die Erndte vom Jahre 1816 war solches nicht sofort wieder zu ersetzen. In Meusslitz brannten alle Bauern und zwei Gärtner ab: polnische Uhlanen hatten das Feuer veranlasst. Die Plünderung war ausserordentlich und hier wurde sogar ein Einwohner erschossen.

Hier waren auch 3 Schiffbrücken geschlagen.

Auch das Vorwerk Dohma, welches nach Ottendorf eingepfarrt ist, hat viel Unglück und Noth schon im 30jährigen Kriege erfahren. Nachdem schon in den Jahren 1577 und 1582, sowie 1607 die Pest ihre Opfer gefordert hatte, brachte im Jahre 1639 die schwedische Belagerung Pirna’s über die ganze umliegende Gegend das sogen. Pirnaische Elend.

Zwei Cottaer Bauern nahmen dem Dohmer Richter das Vieh weg, welches er für die Soldaten treiben musste, und waren so die Veranlassung, dass dieser Mann in Pirna erschossen wurde.

Das Jahr 1813 brachte Dohma dasselbe Elend wie dem Orte Zehista.

Zehista gehört jetzt mit seinen 30 bewohnten Gebäuden, 114 Familienhaushaltungen und 337 Einwohnern zum Gerichtsamt- zum Bezirksgericht Pirna; zur Amtshauptmannschaft- zum Regierungsbezirk Dresden.

M. G.