Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Wolftitz
2½ Stunden südsüdöstlich von Borna, ¼ Stunde südöstlich von Frohburg, 4½ Stunden von Penig, 2½ Stunden von Altenburg und Ceithayn, 1 von Kohren, an den Strassen von Leipzig nach Chemnitz, die jetzt verödet sind. In früheren Zeiten ging diese Strasse von Wolftitz aus durch den Streitwald über Kohren nach Penig.
Die Meereshöhe des Ortes beträgt gegen 450 Pariser Fuss und seine Lage ist sehr mild, da ihn in Ost und Nordost steile, obgleich nicht ausgezeichnete Höhen vor den rauhen Winden schützen. Diese Anhöhen setzen längs dem rechten Ufer der Wiehra in südlicher Richtung bis über Gnandstein hinauf fort und bilden nach Kohren hin, längs der Sprottau, ein niedriges aber stark coupirtes, mit dem Streitwalde bedecktes Gebirge. Der Name dieses Waldes ist von den Streitigkeiten über so vielfache Grenzen hergekommen. Das in diesem Walde befindliche Jägerhaus dient als Belustigungsort für die Umgegend von Kohren und Frohburg. Wenn dagegen in mehrern Topographieen eines Schlosses gedacht wird, welches 500 Schritte von diesem Jägerhause gestanden und Kunz von Kaufungen gehört haben soll, so ist dies unrichtig. Zwar findet sich an dieser Stelle ein ellipsenförmig gezogener Wall und Graben, ganz mit Bäumen überwachsen, allein dieser Platz ist ganz und gar nicht für eine Burg geeignet: Denn der Platz ist so enge, dass man sich darauf kaum eine ärmliche Hütte, geschweige eine Ritterwohnung denken kann. Auf alle Fälle stand hier nur eine Warte, und die Burg, die der Erde gleich gemacht worden ist, war auf irgend einem der zahlreichen Bergvorsprünge im Walde erbaut.
Südöstlich, nahe bei Wolftitz, beginnt die Rahne, ebenfalls ein ansehnlicher Wald, der südlich mit dem deutschen Holz, nördlich mit der Thräne und dem wiehraischen Holze zusammenhängt, und grösstentheils zu Frohburg gehört.
In die Wiehra fallen unter dem Dorfe der Osser Bach, und über demselben die Sprotta oder der Kohrener Bach, welcher ein romantisches Thal bildet.
Ueberhaupt fängt bei Wolftitz die Gegend, die noch von zweifelhafter Schönheit ist, erst an, reizend zu werden.
Wolftitz war schon im 12. Jahrhundert im Besitze der altadlichen Familie von Einsiedel: Denn wenn 1223 nur ein Dietrich von Wolftitz und 1337 ein Heinrich von Wolftitz genannt werden, so sind diese wohl als die Ahnherrn Derer von Einsiedel zu betrachten, da es üblich war, in jenen Zeiten nach den Vornamen und dem Orte sich zu benennen, um die einzelnen Linien zu unterscheiden. Jener Dietrich von Wolftitz war Domherr von Naumburg, und aus diesem Geschlechte stammen die Burggrafen von Zeitz. Die Hauptlinie dieser von Einsiedel ist in Gnandstein und Wolftitz, hat mit Gnandstein auch längere Zeit hindurch gleiche Besitzer. Vom 15. Jahrhundert an findet man im Schlosse zu Gnandstein die einzelnen Bildnisse der Besitzer von Gnandstein und Wolftitz.
Der jetzige Besitzer von Wolftitz ist Herr Detlew von Einsiedel.
Das Schloss umschliesst mit seinen Nebengebäuden einen besondern grossen Hof und besteht hauptsächlich aus 2 getrennten, 9 Fenster breiten Flügeln, davon der südliche ein Thürmchen trägt, der östliche aber die Schlosscapelle oder die sogenannte Betstube enthält.
Das Schloss ist von einem von Einsiedel schon vor der Reformation [212] gebaut und hat keine wesentliche Veränderung erfahren. Der südl. am Rittergute liegende Garten ist nicht eben sehr gross.
Der Oeconomie nach ist das Gut von mittelmässigen Belange und die veredelte Schäferei, deren Gebäude westlich vom Gute 1000 Schritt entfernt stehen, nebst der Brauerei, sind nicht beträchtlich. Dagegen hat es schöne bestandene und ansehnliche Holzungen, besonders Antheile an dem Streitwalde und der Rahne, sowie an der Bocke und dem deutschen Holze. Die früheren Nutzungen von der Gerichtsbarkeit und der Jagd u. s. w., waren ansehnlich, nicht so bedeutend die von der Fischerei.
Da Wolftitz eine Kirche nicht besitzt, so sind nur noch 3 Gebäude bemerkenswerth: Das sogenannte Geleitshaus, die Abtmühle und der neue Gasthof, welcher etwas abgelegen in der Gegend des Schlosses steht.
Die Abtmühle ist noch weiter und zwar nördlich vom Dorfe entlegen und nächst dabei steht ein, schon zu Frohburg gehöriges Haus. Ehedem war diese sehr wichtige Mühle herrschaftlich, ist aber gegen einen Erbzins von 200 Thlr. verkauft worden.
Merkwürdig ist sie dadurch, dass ihr Mühlgraben hoch genug gespannt ist, um – wie er wirklich thut – zweierlei Werke hintereinander, oberschlechtig treibt.
Eingepfarrt ist Wolftitz nach Gräfenhayn, dessen Kirche mit 2 egalen Thürmen die hiesige Gegend noch mehr ziert.
Wolftitz, das Rittergut, ist gleich den andern Gütern, welche schon zu Luthers Zeiten Einsiedelisch waren, frei vom Lehngeld, sowohl bei Verkäufen, als bei Vererbungen bis auf ½ Scheffel.
Unter die frühere Gerichtsbarkeit gehörten Wolftitz der Ort, ein Theil von Gräfenhayn und Eschefeld, und ein Theil von Bocke, wiewohl die Obergerichte im letztern[WS 1] Orte dem Altenburger Kreisamte zustanden, und nur die geistlichen Gebäude, 2 Halbhüfner und 3 Häusler dem Rittergute Wolftitz die Gerichtsbarkeit zustand.
Merkwürdig sind noch von Wolftitz der ⅜ Stunde von hier entfernte grosse Eschefelder oder Frohburger Teich und die südlich von hier gelegenen Gnandsteiner Jaspis und Porphyrbrüche. Der Stein ist unter dem Namen Bänderjaspis oder Gnandsteiner Bandstein bekannt. In dem thonartigen Gebirge liegt er in Lagen und Schichten von verschiedener Stärke, die fast alle von gleichem feinsten Kerne, aber von ungleicher Härte sind. Auf dem Bruche ist er muschligt, von Farbe hellgrün mit grünlichen gleichlaufenden schmalen Streifen und eingemengten dunkelrothen Flocken versehen, die sich, nebst den Streifen mit ihren Grenzen unmerklich mit einander verlieren. Die vortreffliche Politur die er annimmt, giebt ihm ein ausserordentlich schönes Ansehen.
Wolftitz enthält wenig Güter und darunter keins von Bedeutung, im Ganzen hat es 42 Häuser, worinnen 250 Einwohner leben, die dem Gerichtsamte Frohburg einverleibt sind.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: letzern