Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Tharandt

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Tharandt
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aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seiten 238–240.
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Tharandt


auch Thorandt und Tarant von seinem merkwürdigen Bergschlosse so genannt.

Die Ruinen dieses alten Bergschlosses deuten auf ein graues Alterthum, und auf alle Fälle ist der erste Grundstein zu dieser Veste von den Böhmen schon gelegt worden.

Am Anfange des Tharandter Waldes, von den Wellen der wilden Weisseritz bespielt, zwischen Freiberg und Dresden, (von ersterer Stadt 5 Stunden von letzterer 3 Stunden entfernt), steht das verwitterte Gebäu einer längst geschiedenen Vorzeit und mahnt an das Vergängliche alles Irdischen.

Dieses alte Schloss ist älter wie Dresden, und kommt schon im Jahre 1190 vor, wo es in Feuer aufging. Dabei, so erzählt die Sage, flog die hier aufbewahrte heilige Georgenfahne, die im Kriege wider die Sarazenen viele Wunder gethan, und welche Ludwig der Fromme im Jahre 1188 vor Akkon selbst in seiner Hand siegend geschwungen hatte, während des Brandes vor Aller Augen unversehrt zum Fenster hinaus, und Niemand konnte angeben, wo sie hingekommen war.

Wer damals die Burg wieder erbauen liess, ist nicht bekannt. Denn bis zum Jahre 1218 fehlen uns alle Nachrichten über Tharandt. Um diese Zeit war das Schloss im Besitz des Markgrafen Dietrich von Meissen, welcher bekanntlich das traurige Schicksal hatte, von seinem eignen Bruder, Albrecht dem Stolzen, hier überfallen zu werden.

Er merkte bald, dass er sich für die Dauer nicht würde halten können, und suchte und fand Hülfe bei dem Landgrafen Herrmann von Thüringen; zugleich musste er sich aber entschliessen, dessen zwar reiche, aber hässliche Tochter Jutta zu ehelichen, welcher er auch die ansehnlichsten Plätze im Markgrafthum Meissen, zu dessen Besitze er endlich nach seines Bruders Tode gelangt war, zum Unterpfande zu verschreiben, gezwungen war. Darunter befand sich auch die Burg Tharandt.

Nach dem Tode desselben, im Jahre 1220, eilte Jutta, damit ihr Bruder, Landgraf Ludwig von Thüringen, die Sache nicht rückgängig machen möchte, zu einer Vermählung mit dem Grafen Poppo von Henneberg.

Sie war darauf bedacht, ihrem neuen Gemahl auch die ganzen Meissnischen Lande zuzuwenden, doch ihr Bruder duldete es nicht, sondern bekriegte sie, eroberte mehrere feste Plätze, wozu auch Tharandt gehörte, und zwar am Tage vor Ostern im Jahre 1233; einige Tage später zerstörte er die Burg Priessnitz, wo jene sich aufhielten, und vertrieb beide aus den Meissnischen Landen.

Ihr Sohn Heinrich der Erlauchte übernahm nun 10 Jahr alt, die Regierung und erwarb sich bald durch Freigebigkeit gegen Kirchen und Klöster den Namen eines Heiligen, wie ja auch seine Gemahlin Elisabeth 1235 vom Papst Gregor IX. zu einer Heiligen erhoben wurde.

Dieser Heinrich hielt sich oft in Tharandt auf, machte viele Schenkungen und liess Urkunden hierüber ausfertigen.

Unter vielen Stiftungen ist die vom Jahre 1255 merkwürdig, nach welcher dem Hospitale des heiligen Johannes zu Freiberg das Schrotamt, womit bisher 3 Vögte daselbst beliehen waren, geschenkt wurde. Eine andere Urkunde von demselben Jahre bestätigt den Bürgern zu Freiberg ihr Privilegium und ordnet zugleich ein eignes Berggericht daselbst an, das später unter dem Namen „der Bergschöppenstuhl“ vorkommt.

Im Jahre 1260 theilte Heinrich sein Markgrafenthum unter seine beiden Söhne Albert und Dietrich und behielt für sich die Lausitz. Von dieser Zeit an kam er selten noch nach Tharandt. Nach dem Tode seiner zweiten Gemahlin Agnes, Tochter des böhmischen Königs Prinislaus Ottokar I., welche zu Altzelle begraben liegt, kam Heinrich wieder eine Zeit lang nach Tharandt und stiftete, zum Seelenheile seiner Agnes, eine jährliche Rente an das Johannishospital zu Freiberg. Diese Urkunde ist vom Jahre 1271, und 1276 machte er diesem Hospitale die Salzgerechtigkeit zum Geschenk, welche zuvor ein Freiberger Bürger von dem Markgrafen zum Lehn besessen hatte.

Die letzte Urkunde Heinrichs ist vom Jahre 1277, welche eine Schenkung an das Kloster Dobriluck enthält, zum Seelenheil seiner verstorbenen Agnes. Er starb 1287 zu Dresden und liegt in Altzelle begraben.

Sein Sohn, Friedrich der Kleine, verkaufte die Pflege Dresden;

d. i. Dresden, Radeberg, Dippoldiswalde, Pirna und Hayn an den König Wenzel von Böhmen.

In der darüber ausgefertigten Urkunde wird auch Tharandt „mit dem Walde“ genannt. Sein Erbe, Friedrich der Gebissene vertheidigte es tapfer gegen die Kaiserlichen, und besass es als ein bömisches Lehen, obwohl die Meissnischen Bischöfe das Oberlehnseigenthum über die ganze Tharandter Herrschaft noch bis zur Reformation prätendirten.

In jener Zeit kommen aber auch, und zwar 1395, ein Friedrich Tharandt und 1429 ein Hanns Tharandt vor, welche als Besitzer von Ruigersdorf (jetzt Klipphausen) burggräflich Meissnische Vasallen waren und Tharandt erblich besessen zu haben scheinen.

Im Jahre 1440 bekam durch Erbtheilung Kurfürst Friedrich der Sanftmüthige das an einen Heinrich von Posseck verpfändet gewesene Tharandt, welcher es aber 1449 an den Grafen Günther von Schwarzburg versetzte und ihm auf Lebenszeit seinen Aufenthalt darinnen anwies, nach dem Günther in eben diesem Jahre seine Güter an den Kurfürsten verkauft hatte, doch dieser starb schon 1450 und Tharandt blieb lange unbewohnt

Im Jahre 1459 kommt Tharandt als böhmisches und 1482 als ein Lehn des Hochstifts Meissen vor.

Herzog Albert, welchem Tharandt so lieb war, dass er zu sagen pflegte: Nehmen sie mir auch das ganze Land, – lassen sie mir nur Königstein und Tharandt – gab die Burg zum Leibgedinge seiner Gemahlin Zedena, Tochter des Königs von Böhmen, Georg Podiebrad, zu ihrem Wittwensitze, um hier in stiller Einsamkeit, „mehr dem Gebet“ leben zu können; auch erzählt ein Schriftsteller jener Zeit, dass sie daselbst „in hitziger Andacht“ am 1. Febr. 1510 gestorben und in Meissen begraben worden sei. Seit ihrem Tode wurde das Schloss nicht mehr bewohnt und diente nur noch als Jagdschloss, von welchem nur Kurfürst Moritz dem nachmaligen Kaiser Maximilian 1548 ein glänzendes Jagdfest veranstaltete. Bei dieser Jagd kam der Kaiser in doppelte Lebensgefahr. Einmal geräth er auf einen Felsabhang, wo er nur mit Mühe durch ein sicheres Umkehren sich vom Tode retten kann, und dann verirrt er sich im Walde und muss in der Strohhütte eines Hirten übernachten. Die Gier nach dem Gelde des vornehmen Gastes treibt den Hirten an, den Fürsten zu ermorden. Maximilian erwacht, ehe das Waidmesser ihn trifft und zugleich erscheint das Jagdgefolge. Das Loos des Hirten fiel dahin, dass er enthauptet und seine Hütte niedergebrannt wurde.

Im Jahre 1559 erhielt der Oberförster hiesiger Gegend Befehl, das Schloss zu Tharandt zu beziehen; aber 1568 kam Gegenbefehl. Kurfürst liess endlich die Burg, welche ein Blitzstrahl ohnehin stark beschädigt hatte, seit 1568 gänzlich eingehen, verwandte die Meubles in sein neues Jagdhaus Gryllenburg, verkaufte Dachschiefer und Fensterblei und überliess 1582 einen Theil der Mauern zum Bau des Kirchthurmes. Endlich räumte man einen Theil des Schlosses gänzlich ab und baute an dessen Stelle 1631 die Stadtkirche an, wozu man die Steine des Klosterhauses verwendete.

Zeit und Unwetter gaben diesem Alterthume nach und nach seine jetzige Gestalt, und man kann aus den wenigen Ueberbleibseln nicht einmal abnehmen, wie es ungefähr beschaffen gewesen sein mag.

Der Umfang des ganzen Schlosses erstreckte sich wahrscheinlich von dem Abhange des Felsen, da, wo jetzt die Kirche steht, die auf der alten Burgmauer aufgeführt ist und in welcher die linker Hand befindliche Treppe unverändert beibehalten worden ist, bis an die noch übrigen Ruinen, hinter welchen ein tiefer Graben sich befunden haben mag, um das Schloss von jedem Zugang von dieser Seite abzusondern. Auf der Seite von der Stadt herauf ist das Hauptthor angebracht.

Die malerischen Reste des viereckigen Thurmes, durch dessen Fenster üppige Zweige sich drängen, geben dem ganzen einen imposanten Anblick.

Die Höhe, worauf die Ruinen nebst der Partie des Burgfriedenskreuzes und der Stadtkirche stehen, springt als ein 30 bis 40 Ellen hohes und steiles Urgebirge, gegen 300 Ellen lang, aus dem finster bewaldeten, sehr steilen, 200 und bis zu 250 Ellen hohen Gebirge des linken Weisseritzufers hervor nach Osten, und gewährt eine eben so gefällige An-, als reiche, obgleich nicht umfassende Aussicht in die 3 Thäler, in deren Vereinigungspunct sie tief eingreift.

Diese 3 Thäler werden durch die wilde Weisseritz, welche hierher in nördlicher, dann aber mit jäher Wendung in östlicher Richtung fliesst, und durch die aus Norden von Grumbach herbeieilende Schloditz- Schloitz, oder Schlotzbach, welche sich um den Schlossberg windet, gebildet.

Das obere Thal heisst das Brunnenthal, das untere das Wiesenthal und das dritte wird Granatenthal genannt, woran sich nordöstlich der Zeissiggrund schliesst, durch welchen der Todtenbach fliesst.

Die Stadt selbst anlangend, so hat dieselbe jetzt ihr eignes Gerichtsamt, während sie früher unter dem Grillenburger Amte stand. Seit 40 und mehr Jahren ist die Einwohnerzahl immer gewachsen, so dass sie jetzt 2000 Seelen zählt.

Seit dem letzten Brande vor einigen 50 Jahren, ist der Haupttheil der Stadt schön aufgebaut. Die Einwohner finden ihre Nahrung in Stellmacherei, Tischlerei, Lohgerberei und andern Handwerken, auch bringt die hiesige Forstacademie und die Vorschule für Land- und Forstwirthe, ferner das Bad viel Nahrung für den Ort.

Unter den zehn hiesigen Mühlen sind bemerkenswerth die Niedermühle am östlichen Ende der Stadt mit 9 Gängen, 1 Säge-, 2 Walken- und 1 Lohmühle, dann die Klippermühle mit 2 Gängen an 2 Teichen, und die obere Brettermühle am südlichen Ende des Orts.

Nahe unter der Kirche befindet sich südöstlich die Schlossmühle am Schlossteiche, welche 500 Schritte im Umfange hat, östlich das Lehngericht, nordöstlich die Pfarrwohnung, nördlich das Rathhaus und die Apotheke, und noch mehrere andere grosse und schöne Wohnungen. An den oben erwähnten Schlossteich schliesst sich die Steinwiese an, wo sich das Badehaus befindet, dessen Mineralwasser seit 1792 näher gekannt und benutzt werden.

Der eine Quell, welcher in das Badehaus geleitet wird, heisst der Sidonienquell, welcher zwischen dem Schlossteiche und Badehause liegt, überbaut ist, aus einer Thonschicht entspringt und viel Schwefel enthält. Ein anderer Quell, der Heinrichsquell, enthält Eisenstoff und befindet sich[WS 1] bei der obersten Brettermühle.

Der Weg längst der Weisseritz hin vom Badehause aus, bei der Commun-Obstpflanzung und der Brettermühle vorbei, führt zu des berühmten Gessners Büste; von hier aus gewähren Ruinen und Kirche eine herrliche Aussicht.

Von da, den Berg hinauf, tritt man in Tharands heilige Hallen, und endlich gelangt man auf steilem Pfade auf die Spitze des Kienberges, jenes weit gesehenen, und um den Ort herum höchsten Berges.

Dieser, wegen seiner trefflichen Aussicht viel besuchte Berg, hat 500 Ellen Höhe über der Elbe und 1175 Fuss Seehöhe; er ist mit schönen Promenaden geziert und rings bewaldet. Auf ihm befindet sich der Sonnentempel und eine Einsiedlerhütte, und seine Ostseite trägt den doppelten botanischen Garten für Forstleute, welchen der berühmte Forstrath Cotta anlegte, wo sich auch seit 1815 eine Büste des verstorbenen Friedrich August befindet.

Von da führt ein Weg durch den Zeisiggrund, dann auf den Schlossberg, der mit einem Denkmale in einem Felsengewölbe, am 18. Mai 1797, dem Geburtstage Friedrich Augusts, errichtet, und dem sogenannten Burg-Friedenskreuze, welches der Hofrath von Lindemann auffand und jedenfalls aus den Zeiten Heinrichs des Erlauchten stammt, geziert ist.

Unter allen Spaziergängen ist der Gang längs der Weisseritz jenseits Gessners Büste zu empfehlen, welcher letztere fast mit jedem Schritte zu grössern und seltnern Naturschönheiten führt, wie bekanntlich das Weisseritzthal bis nach Böhmen hinein überall höchst reizend ist; ein Seitengrund leitet den Harthgraben ins Hauptthal, welcher einen sehenswerthen Wasserfall bildet, ein zweiter aber den Höckenbach, der in vielen Cascadellen von Höckendorf herabrauscht und an dessen Mündungen mehrere Stollenmündungen den ehemaligen starken Silber- und Gold-Bergbau dieser Gegend beurkunden. Von da ist es nicht weit bis zum untern Ende von Höckendorf, wo ein Gasthaus zur Erquickung den Reisenden einladet. Diese gesammten Naturschönheiten und Anlagen werden seit den Bau der Eisenbahn von Dresden nach Tharandt noch häufiger besucht wie früher, und es ist kein Wunder, wenn der Beschauer entzückt wird, und die Arie: „In diesen heiligen Hallen“ anstimmt, wie der Grosspardauer Pastor Jane.

M. G.     



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: sch