Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Seerhausen

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Titel: Seerhausen
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aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 97–98
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Seerhausen.


Im Meissner Kreise und dem Amte Oschatz, über dem rechten Ufer der Jahna, liegt das altschriftsässige Rittergut Seerhausen, in alten Urkunden Serhusen genannt. Es ist mit drei Ritterpferden behaftet. Das massive Herrschaftshaus wird von schönen Wirthschaftsgebäuden umgeben, unter denen ein Malz- und ein Brauhaus, sowie eine Branntweinbrennerei zu nennen sind. Der schöne herrschaftliche Garten ist mit einem Treib- und Gewächshause verziert.

In früheren Zeiten war derselbe weit und breit berühmt. Als Beweis davon kann es gelten, dass der vortheilhaft bekannte Dichter Triller in einem weitläufigen Gedichte eine Aloe besang, die im Jahre 1726, damals eine noch grössere Seltenheit als jetzt, in dem hiesigen Garten blühte.

Die Entfernung Seerhausens, das an der Strasse liegt, die von Meissen nach Leipzig führt, beträgt von Oschatz 2 Stunden in der Richtung gegen Ostsüdosten; von Riesa 1 Stunde südwestlich, von Lommatzsch 2 Stunden nordwestlich.

Das Dorf hat gegen 400 Einwohner in etwa 50 Häusern, unter denen ein herrschaftliches Bauerngut ist, sowie ein Gasthof, 14 Gutsbesitzer, 31 Häusler, eine Wassermühle und ein Gemeindehaus. Die Einwohner haben zusammen 390 Scheffel Feld. Auch eine an der Jahna gelegene Mühle hat Seerhausen. Die Gegend, in der es liegt, ist eine freundliche und belebte Aue, 360 Pariser Fuss über dem Meere.

Seerhausen hat keine eigene Kirche, sondern nur eine Kapelle. In dieser muss der Pfarrer von Blogwitz, wohin Seerhausen eingepfarrt ist, während der Advent- oder Fastenzeit Gottesdienst halten, wofür er 6 Wspl. 2 Schffl. Korn und nach jeder Predigt die Mahlzeit erhält. Ausserdem hält der Katechet des Ortes Betstunden. Für die lernbedürftige Jugend ist im Orte selbst eine Schule.

Das Rittergut hat Zinsen und war bis zum Jahre 1848 im Besitz der niederen und der mittleren Jagd, eine Berechtigung, die es gleich allen anderen Rittergütern verloren hat, ohne dass bis jetzt die wiederholten [98] Entschädigungsansprüche eine Erledigung gefunden haben. Die zu dem Rittergute gehörigen Felder betragen 344 Scheffel Aussaat.

Es gehören dazu schriftsässig, ausser dem Dorfe selbst, die Dörfer Kalbitz, Grogtiz und Roitzsch, so wie Antheile von Striegnitz und endlich Treben und Winkwitz, mit zusammen etwa 900 Einwohnern. Ehedem gehörte dazu auch das jetzige Meissner Amtsdorf Weida, sowie die Hälfte des Dorfes Pausitz. Letzteres gehörte, gleich Weida, in früheren Zeiten dem Kloster zu Riesa. Die damaligen Besitzer von Seerhausen, die Herren von Schleinitz, kauften nach der Reformation beide Güter zusammen dem Kurfürsten Moritz um 900 Gülden ab.

Als muthmasslich erster Besitzer von Seerhausen und wahrscheinlich auch dessen Begründer, wird ein von Seer genannt. Im Jahre 1224 (nach Andern 1221) kommt ein Ritter Ulrich von Seeruse (Seerhausen) vor, sowie 1261 ein anderer Besitzer gleiches Namens. Auch wird 1425 Lambert Sehrhausen, wahrscheinlich ebenfalls diesem Geschlechte entsprossen, als Archid. Nisicens in Meissen genannt. Nach diesem Geschlechte scheinen die von Schleinitz in den Besitz des Gutes gelangt zu sein, wenigstens wird schon 1370 Jahn von Schleinitz als Besitzer genannt; und Hugo von Schleinitz stiftete im Jahre 1408 die Kapelle zum Leichnam Christi zu St. Afra in Meissen, welche danach noch jetzt die Schleinitzische Kapelle genannt und als Erbbegräbniss des Geschlechtes benutzt wird.

Der genannte Hugo von Schleiniz war markgräflicher Oberhofmeister und Landrath, und wird als ein gar grosser, reicher und gelehrter Herr geschildert. Aus seinem Geschlechte werden nach ihm, 1445, Heinrich, und 1458 Iwan von Schleinitz als Besitzer von Seerhausen genannt. Georg und Hans, im Jahre 1464 Besitzer, vergrösserten das Gut bedeutend, theilten aber das Schloss in zwei Theile. Auf sie folgten 1501 Wolf, 1526 Dietrich, 1528 Georg und 1567 wieder ein Dietrich von Schleiniz, der in eben diesem Jahre vor Gotha blieb. Dann wurden fünf Brüder von S. im Jahre 1692 mit S. beliehen; 1638 war Hans Dietrich im Besitz, 1656 Hans Georg, 1693 Johanna Charlotte von Schleiniz.

In der Mitte des 18ten Jahrhunderts ging der Besitz von S. an den kursächsischen Conferenzminister, Baron Thomas von Fritsch über, der dadurch bekannt ist, dass er den hubertusburger Frieden verhandelte, durch welchen dem 7jährigen Kriege ein Ende gemacht wurde. 1767 folgte demselben der Freiherr Jakob von Fritsch; diesem folgte sein Sohn, der grossherzoglich Weimarische Minister, Freiherr Carl Wilhelm von Fritsch, und bei dessen Familie ist das Gut auch bis zum heutigen Tage geblieben, der gegenwärtige Besitzer aber hält sich nicht auf dem Gute auf, sondern in Frankfurt am Main.

In den ältesten Zeiten stand bei S. eine sogenannte Roland- oder Rutlands- (Rugelands-) Säule, doch ist dieselbe schon längst verschwunden. Man fand dergleichen Säulen während des Mittelalters in Deutschland an vielen Orten. Der allgemeine Glaube hielt sie längere Zeit hindurch für Bildsäulen Rolands oder Rutlands, eines Feldherrn Kaiser Karls des Grossen, doch ist es erwiesen, dass sie als ein Wahrzeichen der peinlichen Gerichtsbarkeit galten, zu deren Ausübung die Orte, an denen man sie aufgerichtet hatte, berechtigt waren. Deshalb führten sie auch in der Rechten das blosse Schwert. Den Namen Ruge- oder Rüge-Säulen hatten sie von dem gleichen altdeutschen Worte, welches die Bedeutung von unserem Worte Gericht hatte. Vor solchen Säulen wurde bei manchen Veranlassungen öffentliches und feierliches Gericht gehalten, zum Beispiel Urfehde geschworen, sowie manche andere gerichtliche Handlung vorgenommen. Gewöhnlich waren diese Säulen, die man noch jetzt als Ueberbleibsel des Mittelalters an manchen Orten findet, riesengrosse Bildsäulen geharnischter Männer mit grösseren oder geringeren Zierrathen und verschiedenen Attributen ausgeschmückt.

Von den Jahren 1704 bis 1726 war hier eine Poststation, seit Errichtung der Chemnitz-Riesaer Eisenbahn aber ist Seerhausen Haltepunkt derselben.

Noch ist nachträglich zu erwähnen, dass Seerhausen im sechszehnten Jahrhundert in die Meissner Amtssuppanie Hohenwussen gehörte.

Nach Peccenstein soll an dem Orte, wo jetzt Seerhausen liegt, sich in alten Zeiten eine Hauptfestung der Sorben befunden haben; seiner Meinung nach soll eben die Rugelandssäule ein Beweis dafür sein; indess ist er wohl nicht genügend zur Bestätigung einer solchen Annahme oder Behauptung. Indess lässt sich danach allerdings annehmen, dass ein sorbischer Burgwart hier seinen Sitz hatte.