Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Posseck

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Posseck
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aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 155–156
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: o. J. [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: SLUB DresdenCommons
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Posseck


liegt ungefähr 200 Schritte östlich von der Strasse, die von Oelsnitz nach Hof führt, ist von ersterer Stadt 21/2, von letzterer 2 Stunden, von der bairischen Grenze aber nur 100 Schritte entfernt. Es liegt in einer Ebene, die im Süden zum nahen Fichtelgebirge führt. Ein kleines Wasser, das in die Regnitz mündet, fliesst durch den Ort. In der Nähe des Dorfes, auf der Gassenreuther Höhe, hat man eine schöne Fernsicht nach allen Himmelsgegenden, besonders aber nach dem Fichtel- und Erzgebirge. Die Einwohner nähren sich vom Landbau, sowie vom Wirken, Nähen und Handarbeiten; auch giebt es hier Weber-, Schneider-, Schuhmacher- und Tischlermeister, sowie auch eine Schmiede, einen Bäcker-, einen Böttcher- und einen Töpfermeister.

Der Ort hat jährlich zwei Jahrmärkte, von denen der erste am Tage Petri Paul, der andere aber am zweiten Montag nach Michaelis gehalten wird und hat überhaupt das Ansehen eines Marktfleckens.

Der Ort ist von den Sorben schon angelegt. Die ersten bekannten Besitzer des Schlosses im 11. Jahrhundert waren die Herren von Posseck, die in demselben hier mitten im dichten Holze, von Wällen und Gräben umgeben, hausten. Ein undurchdringliches Dickicht schützte es lange vor Ueberfällen und feindlichen Angriffen. Erst im Hussitenkriege wurde es von den Feinden mit heimgesucht und theilweise zerstört, weshalb wir von dem eigentlichen alten Schlosse keine richtige Vorstellung uns mehr machen können. Es ist nach dem Kriege restaurirt, im 30jährigen Kriege wieder zerstört und dann von Neuem nothdürftig hergestellt worden, so dass die Wälle und Gräben vollständig verschwunden sind. Die in der Abbildung befindlichen Gebäude sind die seit dem 30jährigen Kriege wieder hergestellten. Seit dieser Zeit ist eine besondere Aenderung damit nicht vorgenommen worden, da die Herrschaften von Posseck nur eine geringe Zeit des Jahres sich hier aufhielten.

Nach den Herren von Posseck gelangte deren Besitzung durch Verwandtschaft mit der Reitzensteinischen Familie schon im 14. Jahrhundert an die letztre, deren Stammgut im Königreich Baiern sich befindet und deren Verwandtschaft in dem früheren alten Voigtlande weit verzweigt war. Doch im Jahre 1651 besass Posseck Wolf Christian von Reitzenstein, welcher das für seine Gerichtsuntergebenen damals schwere Jahr 1647 mit durchlebte, wo die Possecker, Nentzschauer, Gassenreuther, Trogennauer, Gattendörfer, Hartmannsreuther mit aller beweglichen Habe in dem damals noch sehr festen mit Wällen und Gräben umgebenen, mit Zugbrücken versehenen Schlosse Sachsgrün eine sichere Zufluchtsstätte fanden, welches abseits von der Heerstrasse lag.

Auch im 18. Jahrhundert war die Familie von Reitzenstein noch mit Posseck beliehen. Denn 1706 besass solches Frau Dorothea Carol. von Reitzenstein, geb. von Renzsch auf Goldcronach.

Von der Letztern scheint es an einen gewissen von Zauthier gekommen zu sein, der es wieder der von Reitzensteinschen Familie überliess, bis es von derselben an das von Feilitzsche Geschlecht auf Clettstädt bei Langensalza kam. Im Jahre 1843 starb der königl. sächsische pensionirte Rittmeister, Herr Christoph Ernst von Feilitzsch als Besitzer von Posseck, welcher das Gut seinen Erben hinterliess, bis vor vier Jahren von der Wittwe des Herrn Rittmeister von Feilitzsch der Rittergutsbesitzer Opitz auf Netzschkau solches erkaufte, welcher solches wieder an Herrn Döhler sen. auf Kleingera im Jahre 1854 käuflich abtrat.

Posseck ist ein nicht unbedeutendes Gut, obschon die Felder nicht der besten Bodenclasse angehören, so hat es doch gute Wiesen und einen ungemein grossen Holzbestand. In letzterer Hinsicht wurde es bis hieher zu den vorzüglichern Gütern des Voigtlandes gerechnet. Zum Gute gehört auch Schäferei und Ziegelei, und das Vorwerk Neubrambach. Das [156] Gut hat ein Areal von 650 Acker. Eben so war bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation die Gerichtsbarkeit von Posseck eine grosse: darunter gehörten an 1200 Gerichtsuntergebene. Das Rittergut selbst ist erst am 14. September 1763 schriftsässig geworden. Zudem ist bis heutigen Tages mit dem Besitze von Posseck das Collaturrecht über dasige Kirche und Schule, sowie über die geistlichen Stellen zu Bobenneukirchen verbunden.

Die jetzige Kirche in Posseck ist erst in den Jahren 1783 und 1784 neu erbaut.

Die frühere alte Kirche wurde wegen ihrer Baufälligkeit nebst Thurm im Jahre 1773 eingerissen.

Die jetzige Kirche bildet ein längliches Viereck, an dessen nordwestlicher Seite sich der Thurm erhebt.

Ihr Inneres ist hell und freundlich, was die hiesige Kirchfahrt einem edlen Manne, dem in Tiefenbrunn geborenen und im Jahre 1840 in Genf verstorbenen Instrumentenmacher Herrn Rudorf zu verdanken hat, der im Jahre 1832 die hiesige Kirche auf seine Kosten in den jetzigen Zustand brachte. Ausserdem ist sie in neuerer Zeit durch edelgesinnte Parochianen mit drei gläsernen Kronleuchtern, die an den drei hohen Festen, sowie am Neujahrstage und am Charfreitage, in Gebrauch kommen, und mit einem schönen Taufsteine geschmückt worden.

Die beiden Gottesäcker, von denen der eine um die Kirche herum gelegene im Winter, der andere aber ausserhalb des Dorfes östlich gelegene im Sommer zum Begräbniss der Verstorbenen dient, haben nichts Merkwürdiges. Sie sind beide mit einer steinernen Mauer umgeben, und namentlich die des erstere ist nicht minder freundlich und schön, als das Innere der Kirche.

Die Kirche hat mehrere Legate, welche von früheren Besitzern des Rittergutes herrühren. Namentlich hat die von Reitzensteinsche Familie ihren frommen, wohlthätigen Sinn durch derartige Vermächtnisse so recht bethätigt.

Herr Wolf Christoph von Reitzenstein auf Posseck hat im Jahre 1651 ein Legat von 250 Thalern ausgesetzt, wovon die Zinsen aus hiesigem Rittergute bezahlt werden und nach der Stiftungsurkunde 10 Thaler betragen. Von den Zinsen erhält der Superintendent zu Oelsnitz 1 Thaler und der hiesige Pfarrer 6, wofür derselbe am Himmelfahrtsfeste Nachmittags eine Gedächtnisspredigt zu halten hat; der Schulmeister 1 Thaler, und die übrigen 2 werden unter die Schüler und Armen vertheilt.

Auch Frau Dorothea Maria von Reitzenstein, geb. von Rentzsch auf Goldcronach, hat ein Legat von 250 Thalern ausgesetzt. Die Zinsen werden ebenfalls aus hiesigem Rittergute bezahlt und betragen gleichfalls 10 Thaler. Die Vertheilung geschieht in derselben Weise wie bei dem vorgedachten Vermächtnisse, und hat der hiesige Pfarrer eine Gedächtnisspredigt am Feste Maria Heimsuchung Nachmittags zu halten.

Ausserdem existirt noch ein Legat von 450 Thalern von weil. Herrn Christian Ernst Seyfert, gewesenen holländischen Residenten auf der Westküste von Sumatra, gestiftet durch Herrn Johann Philipp Christian Seyfert, gewesenen Schulmeister hier, in Folge einer testamentarischen Verfügung erstgenannten Seyferts, dass seine Universalerben, unter denen letztgenannter Schulmeister Seifert sich befand, gehalten sein sollten, von demjenigen, was sie ererben würden, an die Armen von ihrem Wohnorte 10 Gulden von 100 Gulden abzugeben.

Von den Zinsen, die jetzt 20 Thaler betragen, erhält der Superintendent zu Oelsnitz 1, der hiesige Pfarrer 3, der Schulmeister 1 und die Kirchenvorsteher 1 Thaler. Das Uebrige wird unter die Armen vertheilt.

Das Pfarrhaus befindet sich seit den neuesten Zeiten in einem guten Zustande. Neben der Pfarrwohnung steht das Schulhaus.

Die Parochie Posseck umfasst die Orte Posseck, Gassenreuth, Haselrein mit Grünpöhl, Höllensteg, Tiefenbrunn, Pabstleithen, Oberwieden, Unterwieden und die bairischen Orte Nentzschau, Zech und Mittelhammer. In die Schule zu Posseck gehen die Kinder von Gassenreuth, Haselrein mit Grünpöhl, Höllensteg, Oberwieden, Unterwieden; eine Nebenschule ist zu Papstleithen, wohin die Tiefenbrunner Kinder eingeschult sind, und eine zu Nentzschau, wo es die baierischen Ortschaften mit 90 Kindern umfasst.

Im Orte Posseck steht ein steinernes Kreuz, wo früher zwei Generäle sich erschossen haben sollen.

Posseck hatte bis zur Einführung der neuen Gerichtsorganisation seine eigenen Gerichte, bei welchen der in diesem Jahre verstorbene Kreissyndicus August Facilides in Plauen als Gerichtsdirektor fungirte.

Posseck mit Haselrein und Höllensteg hat 880 Einwohner, und gehört Posseck, wie die andern Orte dieses früheren Gerichts, jetzt zum Gerichtsamt Oelsnitz, zum Bezirksgericht Plauen, zur Amtshauptmannschaft Plauen, zum Regierungsbezirk Zwickau.

M. G.