Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Oberlosa

Textdaten
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Autor: Moritz Grimmel
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Titel: Oberlosa
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aus: Voigtländischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 5, Seite 89–91
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: o. J. [1859]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: SLUB DresdenCommons
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Oberlosa.


Oberlosa im Gerichtsamte Plauen, liegt in coupirter Gegend, am Anfang des Stöckigter Bächlein, 1 Stunde südlich von Plauen und 1 Stunde von Oelsnitz, unmittelbar an der Oelsnitzer-Plauenschen Chaussee, welche früher von Plauen aus über die alte Landstrasse und somit über die höchsten Berge gebaut war, jetzt aber durch einen schönen Grund bei dem anmuthigen, in früheren Zeiten zur Ebersteinschen Besitzung und Herrschaft gehörigen Rittergute Reinsdorf vorüberführt, so dass man die 2 Stunden Wegs von Plauen nach Oelsnitz zu Wagen bequem in einer halben Stunde zurücklegen kann.

Das Rittergut und Dorf mit Einschluss des Stöckigter Antheils und der Ferbismühle zählt über 300 Einwohner und zum Gute gehört der sogenannte Hübschmannsche Hof, das sogenannte Freigut und drei Stücken von dem sogenannten Görnitzwald bei Voigtsberg.

Oberlosa ist eine Tochterkirche von Plauen, wohin Brandt, Stöckigt und Unterlosa eingepfarrt sind, die früher zu dem sogenannten Dobenauer Archidiaconate gehörten, und zu der sogenannten Frühmesse[1] ihre sogenannten Prämissarii hatte, woraus später die Landdiaconate entstanden. Ihrem Ursprunge zufolge ist heutigen Tages noch der Superintendent von Plauen, Collator über das Landdiaconat Oberlosa. Das Amt wird jetzt vom Mag. Steinhäuser, dem Bruder des verstorbenen Dr. Steinhäuser in Plauen verwaltet, einem ausgezeichneten Canzelredner. Derselbe war vorher Conrector an dem früheren Lyceum zu Plauen.

Oberlosa ist eine sehr schöne und reiche Kirche und manchen Armen ist aus ihrem Vermögen schon geholfen worden. Deshalb gehört auch die Schulstelle von Oberlosa zu den besser dotirten des Landes und die Inhaber derselben waren nicht undankbar dafür, sondern suchten mit allen Kräften die ihnen anvertraute Jugend zu nützlichen Menschen zu bilden und zu erziehen. Namentlich muss man dies von dem früheren und dem jetzigen Lehrer, Herrn Köhler, der seinem würdigen Vater nicht ohne Ruhm im Amte gefolgt ist, anerkennen. Herr Köhler ist ein durch und durch wissenschaftlich gebildeter tüchtiger Schulmann, der seinem Stande nur Ehre macht. Wohl dem Vaterlande, wohl der Gemeinde die solche Männer besitzen. Die Collatur über die Schulstelle ist mit dem Besitze des Rittergutes Oberlosa verbunden, da solche von Moritz, Herzog zu Sachsen im Jahre 1677 gegründet und aus dem Rittergute dotirt worden ist.

Oberlosa ist sehr alten Ursprungs und wurde früher in den Urkunden [90] blos Losa genannt. Seine Entstehung mag es den Sorbenwenden verdanken, die dann die Voigte von Plauen sich unterwürfig machten.

Im 12. Jahrhundert gehörten die beiden Losa, Zobes, Theuma, Tauschwitz, Dobeneck, Taltitz, Kürbitz, Messbach (früher Spick), Possig, Reusa, Crieschwitz, Möschwitz zum Dobenauer Gau.

Im 15. Jahrhundert war Herr Heinze von Milow damit beliehen, dessen Familie im Hussitenkriege untergegangen sein muss, da sie nirgends wieder vorkommt.

Zu Ende des funfzehnten Jahrhunderts war es Eigenthum derer von Jössnitz, die bis in die neuesten Zeiten Jugelsburg und Freiberg besessen haben. Von diesen Herren kam im 16. Jahrhundert Oberlosa an die von Tettau. Ein gewisser Marquard von Tettau besass es zunächst. Es war dies eine sehr weitverzweigte Familie. Apel von Tettau war Hauptmann von Plauen und Herr von Kauschwitz und Syrau; ebenso gehörte Mechelgrün mit Theuma den Herren von Tettau. In diese Zeit fällt der unglückliche Bauernkrieg, wobei Theuma, Ober- und Niederlosa eine bedeutende Rolle spielten. Plauen, wohin die gesammte Ritterschaft der Umgegend sich geflüchtet hatte, wurde von den Bewohnern dieser Ortschaften bloquirt und sie mögen die Stadt sehr in Angst und Schrecken versetzt haben, indem von dieser Zeit her, um einen grossen Lärm anzuzeigen, im Voigtlande noch das Sprichwort existirt: – „es ist Theuma und Losa auf.“ – Vor den anrückenden Truppen zogen die Bauern sich zurück, wurden jedoch unweit der Possig eingeholt und 7000 der letztern erschlagen. Theuma verlor zur Strafe seine Marktgerechtigkeit, die es früher gehabt hatte.[2]

Später im Jahre 1612 wurde ein Wilhelm von Tettau von Herzog Johann Georg mit dem Rittergute Oberlosa belehnt. In der Mitte des 17. Jahrhunderts lebte zu Oberlosa der Kreissteuereinnehmer Hans Adam von Köckeritz, welcher im Jahre 1652 der Kirche ein Legat vermacht hat mit der Bestimmung, dass alljährlich den 1. Nov. am Tage aller Heiligen eine Predigt gehalten und Spendebrod unter die Hausbesitzer daselbst, sowie Semmeln unter die Schulkinder vertheilt werden sollen; eine Stiftung, die jetzt noch fortbesteht.

Im Jahre 1663 ist das Rittergut Oberlosa ein Kammergut des Herzogs Moritz von Sachsen zu Zeitz. Später wurde im Jahre 1682 Christoph Carl Reitzenstein vom Herzog Georg III. mit dem Rittergute beliehen, und im Jahre 1699 sind die Gebrüder Adam Liebmann und Joachim Friedrich von Beust beliehene Besitzer von Oberlosa vermöge Lehnbriefs vom Herzog Moritz Wilhelm von Sachsen zu Zeit, von welchen es an die Freiherrlich Müffling’sche Familie gekommen ist. Der erste Besitzer war der General Heinrich Ferdinand von Müffling, der Erbauer vom Schlosse zu Reusa und der dabei befindlichen Beräbnisscapelle. Derselbe liess auch links beim Eingange des Dorfes Oberlosa von Plauen her unmittelbar an der alten Landstrasse einen Wittwen und Fräuleinsitz für die Familie erbauen.

Dieses Gebäude ist erst nach dem Aussterben der Müffling’schen Familie wegen seiner Baufälligkeit weggerissen und zu bäuerlichen Besitzungen umgeschaffen worden. In den Jahren 1827 und 1828 wohnte eine merkwürdige Persönlichkeit in diesem Hause, ein gewisser Kaufmann Brux, bekannt durch sein Glück bei Frauen. Er lebte hier zum 4. Male verheirathet mit einer Freifrau von Kress von Kressenstein aus Bayern.

Nach dem General von Müffling kam das Gut an den Geheim-Rath Friedrich Wilhelm Gottlieb von Müffling und von diesem an den Lieutnant Carl Friedrich Alexander von Müffling; nach dessen im Jahre 1804 erfolgtem Tode seine hinterlassene Tochter, Fräulein Ida von Müffling, dasselbe ererbte. Unter der Vormundschaft der letzteren wurde das Gut im Jahre 1819 subhastirt und vom Kaufmann Hartenstein aus Plauen erkauft, nachdem schon früher durch den Aufschwung der Plauenschen Mouselin-Manufacturen begünstigt, ein Kaufmann Friedrich Haussner das Gut Kauschwitz; ein Kaufmann Eichhorn in Liebau; ein Kaufmann Gottlob Schmidt Schneckengrün und Untermarxgrün; ein Kaufmann Merz Reusa durch Kauf an sich gebracht hatten. Viele von diesen Gütern sind wieder in andere Hände gekommen, wogegen Herr Kaufmann Hartenstein die Freude noch erleben konnte, solches sein Gut an einen [91] seiner talentvollen Söhne[3], den Oeconom Ferdinand Hartenstein im Jahre 1842 käuflich abzutreten. Leider wurde diese Freude nach einen 11jährigen Besitz des Sohnes durch dessen Tod getrübt und da die Wittwe, eine geborene Zetsche aus Oelsnitz – bei der Unmündigkeit ihrer Kinder – das Gut nicht übernehmen, der gebeugte Vater aber wegen vorgerückten Alters nicht von Neuem solches acquiriren wollte, so wurde Oberlosa anderweit an den Rittergutsbesitzer von Netzschau, Herrn Opitz und dessen Schwager, Herrn Zeidler, früher auf Ruppertsgrün, verkauft, zwei im Voigtlande rücksichtlich ihres Unternehmungsgeistes, ihrer Uneigennützigkeit sehr geachtete Männer.

Oberlosa zählt 73 Feuerstätten mit 452 Seelen. Es hat sehr wohlhabende Bauern und die Kleinhäusler finden auf dem Rittergute und in der Stadt Plauen hinlängliche Beschäftigung und Unterhalt für sich und ihre Familien.

Das in Oberlosa erbaute Getreide wird zu den besseren Arten des Voigtlandes gerechnet und die Kartoffeln sind vorzüglich hier.

Obschon der Boden selbst nicht der beste genannt werden kann, so ersetzt Fleiss und Betriebsamkeit, was Natur nur spärlich zugetheilt hat.

Unweit Oberlosa nach Plauen, hin ist ein sehr hoher Berg, der Kemmler Berg genannt, von wo aus man auf Plauen und weiter hinaus eine liebliche Fernsicht hat und bei ungetrübten Himmel sogar die Ueberbrückung des Elsterthales bei Joketa genau erblicken kann.

Moritz Grimmel.     




 


  1. Die Frühmessen hiessen im lateinischen praemissae und die Frühmesser selbst Praemissarii. Jene waren entweder temporariae oder perpetuae. Die erstere beruhte auf der Willkühr der Plebanen. Die andere Gattung hiess praemissa perpetua, hatte ihre Stiftung und Einkünfte, ward auch vi juris Patronatus verliehen.
  2. Die Veranlassung und Ursache des Bauernkrieges war, dass die Schwerbelasteten von ihren Gutsherren die Befreiung der Zinsleistungen verlangten, weshalb sie auch aus Rache das Schloss Dobenau mit zerstörten, wohin sie die meisten Abgaben zu entrichten hatten. Es war dies im Jahre 1525, also in demselben Jahre wo durch den Schwäbischen Städtebund die Schlösser Waldstein, Sparneck u. s. w. zerstört wurden.
  3. Herr Kaufmann Hartenstein hatte 5 Söhne, wovon 4 sich noch am Leben befinden: 1) Herr Professor Moritz Hartenstein in Leipzig; 2) Herr Assessor Herrmann Hartenstein in Oschatz; 3) Herr Kaufmann Hartenstein in Plauen; 4) Herr Kaufmann Hartenstein in Hamburg.