Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Mulda

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Mulda
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 107–108
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Mulda.


Mulda liegt zwischen Bergen an dem Flusse gleichen Namens, 2 Stunden westlich von Frauenstein, 4 Stunden südlich von Freiberg.

Die Entstehung des Ortes ist wohl den Wenden zu verdanken und in die entferntesten Jahrhunderte hinauszusetzen. Die Lage dieses Ortes giebt schon hinlänglich an die Hand, dass derselbe sehr alten Ursprungs sein muss, da die Sorben-Wenden den Flüssen zuerst nachzogen und sich anbauten. Der Ort selbst ist nach der hier fliessenden Freiberger Mulde, welche in dieser Gegend die ansehnliche Chemnitz und die vereinigten Zethauer und Helbigsdorfer Bäche empfängt, benannt worden.

In einer alten Freiberger Chronik kommen zuerst in den Jahren 1333 und 1340 Engelbrecht und Conrad von Mulda als Freiberger Rathsherrn vor. Wenn diese Angaben richtig wären, so könnten dieselben das Gut Mulda nicht lange besessen haben, da so viel feststeht, dass im Jahre 1349 die von Ertmarsdorf oder von Erdmannsdorf, und zwar die Gebrüder Peter und Hans von Ertmannsdorf auf Mulda waren, welche auch eine wüste Mark „zu der Grune“ besassen, womit sie von dem Markgrafen in jenem Jahre beliehen worden sind. Die von Erdmannsdorf bildeten 2 Linien, die eine ist das aus dem Eisenbergschen, die andere das aus dem Augustusburgischen Orte dieses Namens stammende Geschlecht, welches letztere der grossen Rochsburger Dynastie zugehörte, und dieselben werden eben so häufig von Ertmarsdorf, als von Erdmannsdorf geschrieben. Durch Verheirathung wurde dieses Geschlecht mit der Hartitzschischen Familie verwandt. Derselbe obenerwähnte Peter von Erdmannsdorf auf Mulda hat 1364 oder 1365 das nahe bei Mulda liegende Dorfchemnitz an Nicol von Hartitzsch abgegeben.

Ursprünglich scheint aber Mulda, wenigstens zur Zeit der von Erdmannsdorf noch nicht eigentliches Rittergut gewesen zu sein, sondern ein blosses Bauerlehngut. Erst von den Nachfolgern der von Erdmannsdorf wurde Mulda aus diesem Bauerlehngute und etlichen Bauergütern in Mulda zu einem Vorwerke angelegt, und als diese Nachfolger erscheinen die von Schönberg, welche aus Italien stammen und als dortige Nobili den Namen „Bello monte“ geführt haben sollen. Hierauf erst wurde es von Churfürst August zu einem Rittergut erklärt. Im Jahre 1693 aber von Johann Georg III., dessen Leibarzte Dr. Erndel mit allen zugehörigen Gehölzen, Fischereien und Mühlen erb und eigenthümlich zum Geschenk überlassen. Dann kam es an Christian Friedrich Löscher und an dessen Sohn gleichen Namens, von welchem es Friedrich Christoph Glöckner acquirirte, dem im Besitze Herr Ernst Robert Rupprecht folgte. Von Letzterem erwarb es Herr von Könneriz, der Sohn des Justizministers von Könneriz auf Lossa.

Das Rittergut liegt über dem Dorfe, an dem obbenannten Walde die Grune genannt, zwischen der Mulde und dem Chemnizbache. Amphitheatralisch erhebt es sich auf der Gegenseite von Randeck und es dürfte eine schönere Ansicht im Erzgebirge nicht zu finden sein, wie hier.

Das Schloss mit Thurm gewährt auf seiner Höhe von Randeck beschaut, einen imposanten Anblick. Dasselbe ist massiv gebaut und hat einen schönen Obstgarten und 2 Gemüsegärtchen. Die Wirthschaftsgebäude, die Schäferei sind vortrefflich zu nennen. Es hat auch 2 Mühlen und einen Petunzer- oder Wetzsteinbruch.

Der Ort selbst bat noch ein starkes Erbgericht mit Brennerei und Brauerei. Ausserdem befinden sich hier 2 Schänken, 2 Mühlen nebst Sägen, 1 Forsthaus, 2 Fleischhauer, 2 Kramer.

Die Lage der Fluren des Ortes ist zwar der hohen Berge und des steinigten Bodens wegen für den Feldbau nicht vorzüglich, das Dorf selbst aber liegt angenehm an der Mulde und die Einwohner nähren sich vorzüglich mit von Leinwand- und Garnbleichen. Auch fertigt man hier Trage- und andere Körbe, besonders zum Gebrauche in Bergwerken. Auch sogenannte Korbschlitten werden hier fabricirt.

In alten Zeiten ist zu Mulda auch Bergbau getrieben worden. An der sogenannten Fuchswiese findet man immer noch einen alten Stollen, den man im Jahre 1754 einige Zeit fortsetzte, jedoch nur versuchsweise und ohne Erfolg. In der Nähe findet man noch nach den Lichtenberger Fluren hin, am Muldenstrom, zwei alte Stollen; auf dem tiefen Stollen, der auf 80 Lachter hinangetrieben war, baute man wieder zwischen den Jahren 1720–30 und im Jahre 1778 fing eine Gewerkschaft vom neuen an, dieses Grubengebäude aufzunehmen. Da man aber ohne Hoffnung [108] bauete, so wurde diese Zeche nach einigen Jahren wieder auflässig, indem sich nur grobe Geschicke vorfanden. Auf des Weigmannsdorfer Erbrichters Wiese unter Randeck, sollen früher Schmelzhütten gewesen sein‚ welche nicht mit den sogenannten Muldaer oder oberen Schmelzhütten verwechselt werden dürfen. Diese existiren noch, und trotz ihres Alters haben solche durch die Thätigkeit des ersten Hüttenmeisters Oeser ihren alten Ruhm bewährt. Im dreissigjährigen Kriege, und besonders bei den beiden Belagerungen Freibergs in den Jahren 1639 und 1642, hat Mulda nebst Randeck und Weigmannsdorf viel Kriegsunglück ertragen, indem am 20. Januar 1643 das herrschaftliche Vorwerk und die Kirche von den Schweden in Brand gesteckt wurden. In dem im Jahre 1756 ausgebrochenen 7jährigen Kriege hatte Mulda am Michaelistage 1762 das traurige Schicksal, dass von einem preuss. Freikorps 7 Bauerhöfe und 6 Häusler nebst der Pfarre angezündet und in Asche gelegt wurden. Die Armee von Prinz Heinrich hatte den Sommer hindurch in einem Lager zwischen Pretzschendorf und Frauenstein gestanden, musste aber wegen der unter dem Fürsten von Löwenstein über Purschenstein anrückenden kaiserlichen österreichischen Armee sich zurückziehen, bei welcher Gelegenheit der bei Purschenstein mit einem fliegenden Corps gestandene preussische General Kleist über Mulda zurückwich und zur Bedeckung des Abzugs diese Maassregel für nöthig hielt.

Die Kirche ist ebenfalls hier sehr alt. Wenigstens findet man solche in den alten Urkunden vom Jahre 1346 schon verzeichnet, wo sie unter der Präpositur Meissen und deren Sede Freiberg zu finden ist. Dieselbe war eine Zeit lang Tochterkirche von Dittersbach, und zwar von 1634 bis 1779, wo dieser Anschluss wieder endete, und die Kirche in Mulda wieder ihren eigenen Pfarrer erhielt. Eingepfarrt sind blos noch die auf dem Grund und Boden des Rittergutes erbauten Häusser.

Die Kirche ist klein, aber ziemlich helle und besitzt einige Monumente mit unleserlichen Umschriften. Der Altar ist ein gewöhnlicher Schrankaltar, auf welchem aber ein Crucifix angebracht und unten die 12 Apostel mit Jesu gemalt sind.

Der Kirchhof enthält mehre, durch Schrift und Anlage schöne Denkmäler.

Auf der äussersten Grenze nach Lichtenberg zu, ist auf dem Pfarrgute ein sogenannter Pestilenz-Gottesacker.

Das Pfarramt und die Schulstelle werden vom Königl. Hohen Cultusministerium besetzt. Die geistliche Inspection übt der Superintendent zu Frauenstein.

Besondere andere kirchliche Nachrichten sind nicht vorhanden, da im 7jährigen Kriege, wie schon oben erwähnt worden ist, die Kirchenbücher mit der Pfarrwohnung ein Raub der Flammen geworden sind.

Früher vor der neuen Gerichtsorganisation gehörte das Dorf Mulda mit Kirche zum Justizamte Freiberg und hielt 21 begüterte Einwohner und 71 Häusler, wogegen das Rittergutsdorf aus 19 Häuslern bestand, excl. der Mühlen.

Jezt gehört der Amtsantheil mit 91 bewohnten Gebäuden, mit 175 Familienhaushaltungen und 743 Einwohnern, so wie der Rittergutsantheil mit 26 bewohnten Gebäuden, mit 47 Familienhaushaltungen und 168 Einwohnern zum Gerichtsamt Frauenstein, zum Bezirksgericht Freiberg, zur Amtshauptmannschaft Freiberg, zum Regierungsbezirk Dresden.

M. G.