Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Gepülzig

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Gepülzig
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aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 215–216
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Gepülzig

1 Stunde von Rochlitz und 2 von Mitweyda entfernt, in einer angenehmen, fruchtbaren Gegend gelegen. Von abwechselnden Bergen, Thälern und Waldungen umgeben, gewährt diese Gegend an verschiedenen Puncten eine schöne freie Aussicht auf eine Umgegend von mehrern Stunden, ja selbst das Schloss Augustusburg und mehrere hohe Berge im Erzgebirge, stellen sich dem Auge dar.

Das hiesige Rittergut ist unstreitig von den Herren von Milkau gegründet, die sehr frühzeitig hierher kamen und von dem Bischof zu Meissen für treu geleistete Dienste die Gegend von Rochlitz bis Waldheim geschenkt erhalten haben.

Schon in den ältesten Zeiten haben diese Herren Gepülzig besessen. Im 17. Jahrhundert John von Milkau, Georg Wilhelm von Milkau und dessen Sohn Hans Heinrich von Milkau, welche beide Letztere zugleich Besitzer von Kleinmilkau waren.

Hierauf folgte Hans Friedrich von Alnpeck, welcher die Lehn seinem Sohne Christian von Alnpeck überlies, von welchem solche an seinen Vetter und Mitbelehnten gleiches Namens und von diesem an Karl Heinrich von Biesamrod gekommen ist, auf den Julius Heinrich von Pöllnitz und auf diesen letzten Sohn Karl Heinrich von Pöllnitz, Churfürstl. Sächs. Lieutenant gefolgt sind, von welchem letztern dieses Rittergut Hans Joachim von Wallwitz auf Schweikershain 1733 erkaufte, von welchem es dessen Sohn Gottlieb Lebrecht von Wallwitz, Oberstlieutenant von der Cavallerie und Kreis-Commissarius, im Leipziger Kreise 1764 ererbte, nach dessen Tode 1789 dasselbe an seinen Bruder, den Königl. Sächs. Conferenz-Minister, Präsidenten des Geheimen Finanz Collegii und wirkl. Geheimderath, Herrn Georg Reinhardt Graf von Wallwitz auf Schweikershain, Limbach, Schmorkau, Liegau, Wiesau kam; nach dessen Tode 1807 dasselbe sein Sohn, der Geheimderath und Kammerherr, Herr Georg Reinhardt Graf von Wallwitz auf Schweikershain ererbte und nach dessen Tode 1835 dasselbe der Schwiegersohn,der Königl. Sächs. Major von der Infanterie, Herr Curt Ewald von Germar übernahm.

Das Herrschaftliche Schloss von Gepülzig ist nicht unansehnlich und in demselben befindet sich eine im grauen Alterthume gestiftete Kapelle, Leonhardts-Kapelle genannt, welche von einem freundlichen Garten umgeben ist.

In dieser Kapelle hat der Pfarrer der Stiftung gemäss allwöchentlich, so oft es die anwesende Gutsherrschaft verlangt, Freitags Gottesdienst mit Predigt und Communion zu halten.

Waren von 1789 bis 1835 diese gottesdienstlichen Handlungen, da die Besitzer das Gut nie wesentlich bewohnten, 46 Jahre unterblieben, so wurde nach der Besitznahme des jetzigen Besitzers, Herrn Major von Germar, im Jahre 1833 diese Kapelle erneuert und eingeweiht und seitdem wird jährlich 2 Mal Gottesdienst, Predigt und Communion gehalten, woran mit der Gutsherrschaft auch die Unterthanen [216] von Gepülzig, Naundorf und Neugepülzig jedesmal mit Antheil nahmen.

Obgleich diese Kapelle als ein Privateigenthum von der Herrschaft unterhalten wird, so muss doch der Ertrag des Cymbels und Communicantenbeckens an die Parochialkirche Grossmilkau abgegeben werden.

Zu Gepülzig dem Rittergute gehört das Vorwerk Naundorf, welches in den ältesten Zeiten die Familie von Milkau als eignes Rittergut besessen hat, bis es zu Ende des 17. Jahrhunderts an Gepülzig gekommen und von da mit bewirthschaftet wird.

Einer Sage nach war das Vorwerk ein Nonnenkloster und soll der Ort selbst Nonnendorf geheissen haben.

Neugepülzig aus 12 Häusern bestehend, liegt an der Rochlitz-Mitwaidaer Strasse macht mit Gepülzig nur eine Gemeinde aus. Der Gasthof zum rothen Hirsch ist in der ganzen Gegend unter dem Namen der Winterschenke bekannt, von dem ersten Erbauer so genannt.

Gepülzig ist mit Grossmilkau, Kleinmilkau, Neumilkau, Schönfeld, Naundorf, Neugepülzig und Zschauitz nach Grossmilkau eingepfarrt.

Erwähnenswerth von Zschauitz ist die Sage, dass bei Aufhebung der Leonhards-Kapelle und deren Versetzung nach Gepülzig in einem nahen Holze bei Zschauitz viele Kleinodien vergraben worden sein sollen.

Die Collatur, unter welcher die Kirche und die zu Crossen steht, ruhet nicht auf dem Rittergute Grossmilkau, sondern stehet dem jedesmaligen Senior der Milkauschen Familie zu, derselbe mag sich befinden wo es sei, im Inn- oder Auslande.

In der neuern Zeit hat sich ein Herr von Milkau zur Ausübung des Collaturrechts nicht gemeldet und deshalb ist solches von den derzeitigen Besitzern Grossmilkau ausgeübt worden, ohne dass sonst der geringste Widerspruch dagegen erhoben worden wäre.

Als einer besondern Erwähnung werth, muss man noch von Gepülzig das Ereigniss von 1828 in der Nacht vom 1. zum 2. November erachten. Eine Mutter mit ihrer Tochter wurde in jener Nacht von 3 Raubmördern in ihrer Schlafkammer überfallen und mit tödtenden Werkzeugen lebensgefährlich verwundet. Dessenungeachtet wurden die Räuber durch den herrischen Widerstand der Tochter von ihrem boshaften Vorhaben gezwungen abzustehen und die Flucht zu ergreifen. Nach wenig Tagen entdeckte man die Raubmörder und sie mussten ihre Unthat mit 10jähriger Zuchthausstrafe abbüssen.

Ausser dem Schlosse hat der Ort keine besonderen nennenswerthen Gebäude, wenn man nicht die dasige Mühle dazu rechnen will.

Die Häusserzahl beläuft sich auf 21, worinnen 320 Eiwohner leben.

Der Ort selbst ist jetzt dem Gerichtsamte Rochlitz einverleibt.

M. G.