Ritter Ochsenlende
Von einem König in Engelland
Vernehmt eine schöne Geschichte!
Auf seiner prächtigen Tafel fand
Er immer die besten Gerichte.
Das war sein Küchenmeister,
Er hat ihn höher in Ehren gestellt
Als alle die größten Geister.
Rehbraten genoß er täglich schier,
Am liebsten Lendenbraten vom Stier;
Es ging ihm nichts darüber.
Der Küchenmeister einstens briet
Das saftigste aller Stücken;
In schnalzendes Hochentzücken.
In Wonnethränen glänzte sein Aug’
Auf’s Fleisch der trefflichen Lenden.
Den Mund voll Wasser strich er den Bauch
Und öffnete dann den weisen Mund:
„Ihr Ritter und Ihr Vasallen,
Es hat auf dem weiten Erdenrund
Mir wahrlich nichts besser gefallen,
In Euerm Kreis zu verspeisen;
Drum ist es billig, für solches Glück
Es zu ehren und hoch zu preisen.
Die edelste sei von aller Speis’
Dem König gebeut’s, und der König weiß,
Daß Keiner darum ihn tadelt.“
Der Herrscher erhebt sich und zieht sein Schwert
Und redet mit Wohlbehagen.
Dich heute zum Ritter schlagen!
Der König will, daß von dieser Stund’
Du sollst „Herr Ritter“ heißen.
Dich schlägt mein Schwert, ernennt mein Mund
Und Alle sehn auf das Lendenstück
Das Schwert den König strecken.
Dann sinkt er froh in den Stuhl zurück
Und läßt sich’s vortrefflich schmecken. –
Zum Ritter gemacht und geschlagen.
Es war ein erhabener Augenblick,
Als dieses sich zugetragen.
Und wo in England mit Geschick
Heißt „Ritter Ochsenlendenstück“
Noch heut der herrliche Braten. –
Und seit dem weltgeschichtlichen Tag
Spielt auch in anderen Staaten
Oft mit ein Rinderbraten.[1]