Riedligers Tochter
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Siehe auch: Riedligers Tochter (Badisches Sagen-Buch), 1846 |
Spinnet, Töchterli, spinnet, und Jergli leng mer der Haspel!
D’Zit vergoht, der Obed chunnt und ’s streckt’ si ins Früeihjohr.
Bald gohts wieder use mit Hauen und Rechen in Garte.
Werdet nur flißig und brav, wie ’s Riedligers Tochter!
uffem verfallene Dach, und ’s regnet aben in d’Stube.
Frili ’s isch scho alt, und sin iez anderi Zite,
weder wo der Simme-Friz und ’s Eveli g’huust hen.
Sie hen ’s Huus erbaut, die schönsti unter de Firste,
Het me gfrogt, wer sin im Wald die glücklichsten Ehlüt,
het me gseit: „der Simme-Fritz und ’s Riedligers Tochter,“
und ’s isch dem Eveli grothe mit gar verborgene Dinge.
Spinnet, Chinder, spinnet, und Jergli hol mer au Trieme!
het en d’Muetter gno, und gfrogt mit biwegliche Worte:
„Hesch di no nit anderst bsunne? G’falle der ’s Meiers
Matte no nit besser zue siner einzige Tochter?“
Und der Fritz het druf mit ernstliche Worten erwiedert:
’s Riedligers suferi Tochter zue ihre Tugede gfallt mer.“ –
„D’Tugede loß den Engle! Mer sin iez no nit im Himmel!“ –
„Lönt de Chüeihe ’s Heu ab’s Meiers grasige Matte!“ –
„D’Muetter isch e Hex!“ – „Und soll au d’Muetter e Hex sy,
„’s Meidli soll’s gwiß au scho tribe, d’Nochbere sage’s.“ –
„Sel isch en alte Bricht, und dorum chani ’s nit wende.
Winkts mer, se mueß i cho, und heißt es mi näumis, so thuenis.
Luegt’s mer no gar in d’Augen, und chummi em nöcher an Buese,
’s isch ke liebliger Gschöpf, aß so ne Hexli, wo iung isch.“ –
Näumis het d’Muetter gwüßt. Me seit, das Meideli seig gwiß
in sim zwölfte Johr e mol elleinig im Wald gsi,
und heb Erberi g’suecht. Uf eimol hört es e Ruusche,
nummen en Ehle lang, e zierlig Frauweli vorem,
inneme schwarze Gwand und g’stickt mit goldene Blueme
und mit Edelgstei. „Gott grüeß di, Meideli!“ seit’s em,
„spring nit furt, und förch mi nit! I thue der kei Leidli.“
willi di nit förche!“ – „Io frili,“ seit es, „das bini. –
Meideli, los, und sag: channsch alli Sprüchli im Spruchbuech?“ –
„Io, i cha sie alli, und schöni Gibetli und Psalme.“ –
„Meideli, los und sag: gosch denn au flißig in d’Chilche?“ –
„Meideli, los und sag: folgsch au, was ’s Müetterli ha will?“ –
„He, wills Gott der Her, und froget ’s Müetterli selber!
’s chennt ich wohl, i weiß es scho, und het mer scho viel gseit.“ –
„Meideli, was hesch g’seit? Bisch öbbe ’s Riedligers Tochter?
Hinter der Brumberi-Hurst gohts uf verschwiegene Pfade
tief dur d’Felsen i. Hätt ’s Frauweli nit e Laternli
in der Linke treit, und ’s Eveli sorgli am Arm g’füehrt,
’s hätt der Weg nit gfunde. Iez goht e silberni Thür uf.
„Nei doch, du närrisch Chind. In mi’m verborgene Stübli
bisch bi diner Gotte. Sitz nieder und biß mer Gottwilche!
Gell, das sin chospere Stei an mine glitzrige Wände?
Gell, i ha glatti Tisch? Sie sin vom suferste Marfel.
Chumm, iß Hunig-Schnitten und schöni gwundeni Strübli!
Magsch us dem Chächeli Milch? Magsch Wi im christalene Becher?“ –
„Nei, Frau Gotte, lieber Milch im Chächeli möchti.“
Wones gesse het und trunke, seit em si Gotte:
und chunnsch us der Schuel und gohsch zuem heilige Nachtmohl,
willi der näumis schicke. Zeig, wie, was wär der am liebste?
Wärs das Trögli voll Plunder? Wärs do das Rädli zuem Spinne?“
„Bald isch’s Plunder verrisse. Frau Gotte, schenket mer’s Rädli!“
Siehsch die sideni Chappe mit goldene Düpflene gsprenglet?
Siehsch das Halstuech nit mit siebefarbige Streife,
und e neue Rock, und do die gwässerti Hoorschnuer?“ –
„Io, ’s isch mer numme z’schön. Frau Gotte, schenket mer’s Rädli!“ –
Wenn de ’s in Ehre hesch, solls au an Plunder nit fehle,
und an Segen und Glück. I weiß em verborgeni Chräfte.
Sieder nimm das Rösli und trag mers sorglich im Buese!
aß denn au öbbis hesch von diner heimliche Gotte!
Wärsch mer nit so lieb, ich chönnt der io Silber und Gold ge.“
Und iez het sie’s gchüßt, und wieder usen in Wald gfüehrt:
„Bhüet di Gott, und halti wohl, und grüeß mer di Muetter!“[1] –
So viel isch an der Sach, und deshalb het me ne nogseit,
Nu das Meideli isch mit si’m verborgene Blüemli
hübscher vo Tag zue Tag und alliwil liebliger worde.
Und wo’s us der Schuel mit andere Chindere cho isch,
und am Ostertag zuem Nachtmohl gangen und heim chunnt,
’s Rädli vo Birbaum-Holz, und an der Chunkle ne Riste
mitteme zierlige Band us rosiger Siden umwunde,
unte ne Letschli dra, und ’s Gschirli zuem Netze vo Silber,
und im Chrebs e Spüehli, und scho ne wengeli g’spunne.
Wie het mi Eveli gluegt! Was isch das Eveli gsprunge!
Gsangbuech weg und Meie weg und ’s Rädli in d’Arm gno,
und het’s g’chüßt und druckt. „O liebi Frau Gotte, vergelts Gott!“
’s het nit z’Mittag gesse. Sie hen doch e Hammen im Chöl gha.
Gspunne hets mit Händ und Füeße; het em nit d’Muetter
’s Rädli in Chaste gstellt, und gseit: „Gedenke des Sabaths!
Isch nit Christus, der Her, hüt vo de Todte erstande?“
Nu di Rädli hesch. Doch Eveli, Eveli, weisch au,
Frili weisch’s, worum denn nit, und het sie ’m verheiße:
„Wenn de ’s in Ehre hesch, solls au an Plunder nit fehle
und am andere Sege,“ se het sie’s g’halte wie’s recht isch.
Het nit in churzer Zit der Weber e Trogete Garn gholt?
Tuech und Tuech uf d’Bleiche treit und Strängli zuem Färber?
He, me het io gseit, und wenns au dussen im Feld seig,
’s Rädli spinn elleinig furt, und wie si der Fade
unten in d’Spuehle zieh’, wachs’ unterm rosige Bendel
und wer het im ganze Dorf die suferste Chleider
Sunntig und Werchtig treit, die reinlichsten Ermel am Hemd gha,
und die suferste Strümpf und alliwil freudigi Sinne?
’s Frauweli im Felse-G’halt, si liebligi Gotte.
zue der Muetter gseit mit ernstlige Mine und Worte:
„Numme ’s Riedligers Tochter zue ihre Tugede gfallt mer.“
Muetterherz isch bald verschreckt, zwor sotti’s nit sage.
Wo sie wieder e mol vo ’s Meiers Tochter und Matte
„’s git e chräftig Mittel,“ seit sie, „wenn de verhext bisch.
Hemmer für’s Riedligers g’huust? Di Vater setzt di ufs Pflichttheil,
und de hesch mi Sege nit, und schuldig bisch du dra.“ –
„Muetter,“ erwiedert der Simme, „soll euer Sege verscherzt sy,
Z’Stette sitzt e Werber, und wo men uffeme Berg stoht,
lütet d’Türke-Glocke an allen Enden und Orte.
Bluet um Bluet, und Chopf um Chopf, und Leben um Lebe.
Färbt mi Bluet e Türke-Sebel, schuldig sin ihr dra!“
„Du vermesse Chind, se nimm sie, wenn de sie ha witt;
aber chumm mer nit go chlage, wenns der nit guet goht.“
’s isch nit nöthig gsi. Sie hen wie d’Engel im Himmel
mitenander g’lebt, und am verborgene Sege
He, sie hen io z’letzt vo’s Meiers grasige Matte
selber die schönsti g’meiht, ’s isch Alles endlich an Stab cho,
und hen Freud erlebt an frumme Chinden und Enkle.
Thüent iez d’Räder weg, und Jergli, der Haspel ufs Chästli!
Und so hen si’s gmacht, und wo sie d’Räder uf d’Site
stellen, und wen go, und schüttle d’Agle vom Fürtuech,
seit no ’s Vreneli: „So ne Gotte möchti wohl au ha,
wo eim so ne Rad chönnt helfen[WS 1] und so ne Rösli.“
’s chunnt uf ’s Rädli nit a. Der Fliß bringt heimlige Sege,
wenn de schaffe magsch. Und hesch nit ’s Blüemli im Buese,
wenn de züchtig lebsch und rein an Sinnen und Werke?
Gang iez und hol Wasser und glitsch mer nit usen am Brunne!“
- ↑ In der Iris, 1808 ist noch folgende Zeile beigesetzt:
„Bhüet ich Gott, Frau Gotte! Vergelt’s Gott, was der mer ge hent!“ - ↑ Iris 1808:
Und wo er erwiedert: Wenn Muetter-Sege soll fehle,
nei se willi nit; doch gits no anderi Mittel,
z’Stette isch e Werber etc. etc. - ↑ In der Iris 1808 steht noch folgende Zeile:
Chunnt der Vetter heim vom Berg, se will er si Esse.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: helsen