Rhynsolt und Lucia
Umsonst wandt Rhynsolt alles an,
Ein reizend Weib, getreu dem Mann,
Ein edles Herz zur Wollust zu verführen.
Ihm öffnete sein hoher Stand ihr Haus;
Und ließ ihm die Verachtung spüren,
Die der, wärs auch ein Prinz, verdient,
Der sich, die Tugend zu verführen,
Aus Niederträchtigkeit erkühnt.
Wenn es die Hoheit unterstützt!
Sollt es der Brunst, die Rhynsolts Herz erhitzt,
Durch Unrecht nicht, nicht durch Gewalt gelingen?
Gerichtlich zieht er bald des Weibes Ehmann ein,
Allein, was ist denn sein Verbrechen?
Ists mehr noch, als der Mann der schönsten Frau zu seyn,
Die von der Pflicht nicht weicht, den Mann allein zu lieben?
Ja, Rhynsolt zeigt, wer Danvelt sey,
Durch Briefe, die er nie geschrieben.
Und Morgen eilt sein Todestag herbey.
Sein Weib wirft sich zu Rhynsolts Füßen,
Und klagt und fleht verzweiflungsvoll.
Das Ach! das ihn mitleidig machen soll;
Und Hände, die gerungen flehn,
Erhitzen nur des Richters Glut aufs neue.
Er klagt ihr sein unkeusches Feuer. – – –
Verschämte Muse, sags nicht nach,
Was ein erhabnes Ungeheuer
Zu einem frommen Weibe sprach!
Läßt er sie selbst in seinen Kerker führen,
Und läßt sie da mit ihm allein.
Sie kämpfen mit dem größten Leiden,
Lieb und Verzweiflung spricht aus Beiden.
Man eilt, dich schrecklich hinzurichten.
Vergeß ich nicht noch heute meiner Pflichten:
So wirst du morgen nicht mehr seyn.
Willst du die Schande mir verzeihn:
Und drückt ihn starr an ihre Brust.
Er klagt, und weint in ihre Klagen;
Ihn schreckt ein doppelter Verlust.
„Soll ich den Tod, den peinlichsten erdulden?
Befreyst du mich durch deine Schmach:
So sind es zwar nicht deiner Tugend Schulden;
Und doch – – O Gott! was soll ich nun erdulden?“
Der Morgen kömmt; und Lucia,
Er stillt die Brunst und bittet ungescheut,
Mit einer gleichen Gütigkeit
Auch gegen ihn in Zukunft fortzufahren.
Itzt kannst du deinen lieben Mann,
Nach deinem Wunsch aus seinem Kerker holen;
Doch daß er mir nicht künftig schaden kann:
So hab ich das zugleich gethan,
Ich weis, du zürnst deswegen nicht.
Sie flieht, mit Scham und mit verletzter Pflicht,
Des Mannes Kerker aufzuschließen.
Doch Himmel! ohne Haupt lag er zu ihren Füßen.
Man sieht auch keine Thräne rinnen.
Des Schmerzens tödtliche Gewalt
Heißt sie allein auf Rache sinnen.
Sie sucht den Hof, wo Carl, ihr Fürst, regiert,
Wenn dich, ruft sie, die Schmach der Tugend rührt:
So laß, o Carl, dich itzt mein Flehn erweichen!
Es ist zu spät, mein Schutz zu seyn.
Du kannst nichts thun, als mich Elende rächen.
Ich schäme mich, es auszusprechen.
Lies diese Schrift und fühle meine Pein!
Fließt von des Helden Angesicht,
Ihr Fürsten, welch ein Lobgedicht!
Carl liest, und eine fromme Zähre
Fließt von des Helden Angesicht.
Doch ists genug, das Laster zu beweinen?
Und gleich nach ihm tritt Lucia herein.
Kennst du dies Weib? spricht Carl. Ein plötzliches Erschrecken
Verräth den Bösewicht; er räumt das Laster ein;
Und ihre Schande zu bedecken,
Der Fürst läßt gleich den Bischoff kommen
Und wohnt der Trauung selber bey.
Du, spricht er, hast sie zwar aus Furcht vor mir genommen;
Doch dieß beweist nicht deine Treu;
Verschreib ihr alle dein Vermögen.
Er thuts. Sieh, Lucia, fieng drauf der Herzog an,
Du bist durch mich gerächt; allein aus gleichen Pflichten
Räch ich nunmehr auch deinen Mann.