Rheinische Passionsspiele

Textdaten
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Autor: Ernst Lenbach
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Titel: Rheinische Passionsspiele
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aus: Die Gartenlaube, Heft 12, S. 384, 386
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[384]

Gruppe aus dem Stieldorfer Passionsspiel: Die Kreuztragung.
Nach einer Photographie von Emil Koch in Bonn.

[386] Rheinische Passionsspiele. (Mit Abbildung S. 384.) Auch außerhalb Oberammergaus giebt es Stätten in Deutschland, wo die Leidensgeschichte Christi in der Form des Volksschauspiels zur Darstellung gelangt. So werden in diesem Jahre wieder die Passionsspiele zu Stieldorf im Rheinland aufgeführt.

Diese Spiele sind neueren Ursprungs, und die Anregung zu ihnen ist nicht etwa von geistlicher Seite ausgegangen. Ein einfacher Landmann, Michael Weyler vom Scheurer Hof bei Stieldorf, hat sie, angeregt durch das Oberammergauer Vorbild, ins Leben gerufen. Von ihm rührt die Bearbeitung des Textes und die Einrichtung des Schauspiels her, auch die Komposition der Musikstücke – soweit letztere nicht dem kirchlichen Melodienschatz entnommen sind – und er leitet auch jetzt noch das Ganze. Die Mitwirkenden sind gleichfalls Landleute, Männer, Frauen und Kinder, sämmtlich aus der Gemeinde Stieldorf, im ganzen jetzt etwa 170. Erwähnt sei dabei, daß sie persönlich keinen Gewinn aus ihrer Thätigkeit ziehen; was nach Abzug der Unkosten übrig bleibt – recht beträchtliche Summen dürften es sein – wird zu wohlthätigen und frommen Zwecken gespendet.

Die erste Aufführung – nach vieljährigen Vorbereitungen – fand im Jahre 1889 während der Fastenzeit statt; die zweite im folgenden Jahre, zur selben Zeit. Inzwischen haben sich die Leute ein eigenes Haus für die Spiele gebaut, welches 1200 Zuschauersitze faßt und wiederum nur von Einheimischen entworfen und trefflich eingerichtet ist. In diesem Jahre findet dort die dritte Wiederholung statt, und zwar wird an allen Sonn- und Festtagen der Monate Mai und Juni gespielt; also in der schönsten Jahreszeit dort zu Lande, in der „Blüthenzeit“. Dies soll sich von nun alle fünf Jahre wiederholen.

In Westdeutschland, bis nach Holland hinüber, haben die Stieldorfer Spiele bereits einen gewissen Ruf erlangt; ohne Zweifel wird die heurige Wiederholung auch die Augen weiterer Kreise auf sie lenken. Erfreulich ist es, daß neuerdings auch die Musik eine reichere Vertretung in ihnen gefunden hat. Der Komponist Wiltberger hat für die diesjährigen Spiele einige schöne Beiträge geliefert.

Fast hätten wir vergessen zu sagen, wo denn Stieldorf liegt. Es ist ein kleines, ungemein anmuthiges Dorf, mit einem Kranze von anderen, dorthin eingepfarrten Dörfchen, Weilern und Höfen umgeben, unweit des Siebengebirges, von der Station Obercassel am Rhein erreicht man es auf genußreicher Bergwanderung in stark dreiviertel Stunden. Die Gegend zeigt einen überaus lieblichen Wechsel von kleinen Thalsenkungen und Hügeln, und von einem dieser grünen, sanftgerundeten Hügel blickt die Spielhalle dem Kommenden entgegen. Ernst Lenbach.