Reise mit der Yacht Maria 1854 zu den Färöern/Kapitel III


KAPITEL III

Unser erster Landgang

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Montag, 12. Juni. Der Tag begann mit heftigen Sturmböen und Regen. Aber gegen Mittag ließ der Wind nach, und der Rest des Tages war schön. Mr. Müller kam zu früher Stunde wie vereinbart zum Frühstück an Bord. Für ihn muss es aber ein sehr anstrengendes Mahl gewesen sein, denn wenige Leute (mit Ausnahme derjenigen, die mal ein redseliges und neugieriges Kind durch den Sydenham-Palast begleitet haben) können sich eine Vorstellung von dem Trommelfeuer machen, mit dem wir ihn die ersten zwanzig Minuten unseres Gesprächs ein Loch in den Bauch fragten. Ein intelligenter Einheimischer, der unsere Sprache ebenso fließend spricht wie seine eigene, war eine Gelegenheit, die wir nicht wegwerfen sollten in einem Land, das bisher nicht im Horizont von John Murrays Handbüchern auftaucht. Wir waren bestrebt, unsere Zukunftspläne so schnell wie möglich schmieden zu können. Im Grunde ist Reisen weit mehr aufregend in Ländern, wo man vergleichsweise unwissend ankommt, und wir verspürten eine große Ungeduld bei unserem ersten Landgang. Sobald das Frühstück beendet war, gingen wir an Land. In dem Augenblick an dem wir am Ufer waren, trafen wir ein Geruchsgemisch von Torfrauch und Trockenfisch an, das uns für den Rest unseres Inselaufenthalts anhängen sollte – ganz so, wie es der Kleidung der Einheimischen, ihren Booten und Behausungen, deutlich anhaftet.
   Die Häuser in Thorshaven haben ein Stockwerk und sind aus Holz gebaut (das ganze Bauholz ist aus Kopenhagen), sind außen mit Teer gestrichen, der, wenn er in das Kiefernholz eindringt, ihm eine rotbraune Färbung gibt. Sie stehen auf einem Fundament aus losen unbehauenen Steinen, die hoch genug aufgeschichtet sind, um die Unebenheiten des Bodens bis zu der Höhe auszugleichen, auf welcher das Untergeschoss basiert. Alle haben gutbemessene Glasfenster, und die Dächer sind aus Brettern, die von Birkenrinde bedeckt sind und darüber Grassoden.

Färöisches Haus der ersten Klasse

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Ein Haus der besseren Sorte.

Aber das Interessanteste an ihrer Bauweise ist, dass die Außentüren keine Schlösser haben – ein Zeugnis für die Ehrenhaftigkeit der Bevölkerung, mit der sich keine andere europäische Hauptstadt messen kann. Die Kirche ist ein großes Holzgebäude, und sieht wie eine englische aus. Sie hat einen Kirchturm, ist innen kiefergetäfelt und in Kirchenbänke und Emporen gegliedert. Ein indifferentes Bild der Kreuzigung hängt über dem Altar und unterscheidet sich in keiner Hinsicht von lutherischen Holzkirchen in anderen Teilen Nordeuropas. Diese hier war hochaufragend genug, aber Landt sagt, dass einige der Kirchen auf dem Land so niedrig sind, dass ein langer Mann nur zwischen den Dachsparren aufrecht stehen kann.
   An der Ostseite der Bucht ist ein kleines Fort. Es ist mit sechs bis acht Kanonen ausgerüstet und mit einer amphibischen Garnison von achtundzwanzig Einheimischen besetzt, die gleichzeitig die Bootsleute des Gouverneurs sind und die gesamte militärische Einrichtung dieser friedlichen Inseln darstellen. Trotz ihrer verschiedenen Aufgaben hatten diese Männer ein soldatisches Auftreten und führten sich sehr gut auf.

Anblick der Bevölkerung

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Wir sahen nur eine alte Bettlerin auf unserem Weg, obwohl gesagt wird, dass Thorshaven das Hauptrevier der Faulenzer und Gammler ist. Die meisten Einwohner sahen gutgenährt und gutgekleidet aus, was einen scharfen Kontrast zu vielen Einwohnern der schottischen Inseln darstellt.
   Mr. Müller informierte uns, dass die Färinger üblicherweise zweimal täglich Fisch oder Fleisch essen und es als Härte empfinden, wenn sie es mal nicht können. Die meisten Männer sind groß und schlank gebaut, aber muskulös und ansehnlich. Einige von ihnen könnte man in anderer Kleidung für Engländer halten, während andere (wir vermuten von verschiedenen Orten des Landes) deutsch aussehende Gesichter haben. Die Unterschiede sind beachtlich.
   Die Frauen haben meist schlechte Figuren, und wie es oft in den Bergregionen vorkommt, sind ihre Taillen dick und schwer und zu hoch platziert, um ihren Körpern eine Symmetrie zu geben. Aber ihre Gesichter sind manchmal hübsch. Ihr Teint ist oft sehr gut und sieht attraktiv nach perfekter Gesundheit ohne jegliche Ungeschliffenheit aus. Tatsächlich findet man diesen weiblichen Charme überall in Perfektion an – analog zur Feuchtigkeit des Klimas und der Sonne als dessen großer Gegensatz.
   Die Tracht der Männer besteht aus einem Paar brauner Mokassins, die aus einem Stück gefertigt, an den Zehen zusammengezogen und an den Knöcheln mit einem Riemen gebunden sind. Weiter tragen sie aus Kammgarn gestrickte Kniestrümpfe, schwarze Kniebundhosen, eine doppelreihige Weste und darüber ein eng anliegendes Cape mit langen rostbraunen Ärmeln, das bis zu den Hüften reicht und vorne zugeknöpft ist. Das Cape, die Hosen und die Weste sind alle aus groben Wollgewebe gefertigt. Einige Wohlhabendere tragen Leinen- oder Baumwollhemden, aber die ärmeren Leute tragen feine weiße Wollhemden. Schließlich haben sie spitze Mützen in verschiedenen Farben, die ähnlich aussehen wie die Schlafmützen, die von den Engländern getragen wurden, bevor die Angewohnheit in Mode kam, ohne zu schlafen.
   Wenn sie zum Fischen hinausfahren, tragen sie einen Overall aus braunen Fellen und eine Fellmütze mit dem Pelz nach außen.
   Ein Autor vergleicht die Kleidung der Frauen mit derjenigen des schottischen Landvolks. Jedenfalls ist es nicht bemerkenswert für das Auge eines Engländers, aber die einfachste weibliche Tracht ist aus so vielen rätselhaften Teilen zusammengesetzt, dass wir es nicht versuchen sollten, sie im Detail zu beschreiben.

Gastfreundlicher Empfang

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Nachdem Mr. Müller einige Stunden mit uns umher bummelte und uns die Sehenswürdigkeiten des Ortes zeigte, indem er alles auf die unterhaltsamste Art erklärte, kehrte er heim, um seinen Amtspflichten nach zu gehen. Er gab uns einen kleinen Jungen zur Hand, der uns all die verschiedenen Häuser der Verwaltungsbeamten zeigte. Wir fanden, dass es das Richtige wäre, sie so schnell wie möglich nach unserer Ankunft aufzusuchen. Es sind sieben Beamte und mit Ausnahme des Sysellmannes alles Dänen.
   Zunächst entrichteten wir dem Gouverneur unsere Hochachtung. Sein Haus steht mitten in der Stadt und unterscheidet sich von den anderen dadurch, dass es ein Dach aus schottischem Schiefer statt Grassoden hat. Es hat auch einen Vorgarten von etwa vierzig Quadratfuß [144 m²] wo verkrüppelte Bäume und Johannisbeersträucher wachsen.
   Er sprach sowohl Französisch als auch Deutsch und fragte uns nach der Absicht unserer Reise. Eine Frage, die wir, wie die meisten Engländer im Ausland, nicht sehr einfach beantworten konnten, da unsere Expedition keine wissenschaftlichen Ziele hatte. Er fügte aber hinzu, dass – was auch immer es sei – er glücklich wäre, uns alle in seiner Macht stehende Unterstützung zu geben. Nichts konnte zuvorkommender sein als dieser Empfang.
   Wir dachten uns, dass er gerne den inneren Betrieb auf einer englischen Yacht sehen möchte und luden ihn zum Abendessen mit uns ein, um später zur Rundreise aufzubrechen.
   Unser kleiner Führer sprach keine uns bekannte Sprache, aber als wir ihm sagten, zu welchen Häusern wir wollten, führte er uns zu ihren Eingängen, wo er anklopfte und uns dem Diener überließ, dem er uns vorstellte.
   Die Häuser sind sehr im Stile gewöhnlicher deutscher Häuser eingerichtet, und wir wurden stets in den Empfangsraum gebeten. Dort amüsierten wir uns über den Anblick mehrerer Drucke von dänischen Königen der Vergangenheit und Gegenwart, bis unser Gastgeber, oder unsere Gastgeberin, erschien.
   In ein oder zwei Fällen wo der Ehemann außer Haus war, wurden wir von ihren Gattinnen empfangen. Da sie keine gemeinsame Sprache kannten, ergab sich ein für beide Seiten hochpeinlicher Austausch von blöden Höflichkeiten, den wir so schnell wie möglich beendeten, indem wir uns hinaus verbeugten. Es gibt keine bessere Übung für die soziale Geistesgegenwart eines Menschen, als solche Prüfungen zu absolvieren. Aber da sie alles andere als angenehm waren, verkürzten wir den Rest unserer Besuche und hinterließen durch den Sysellmann eine Nachricht, wo diejenigen Beamten zum Abendessen mit dem Gouverneur eingeladen wurden, die wir nicht persönlich antrafen.

Dinner an Bord der Yacht

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Um fünf kamen sie alle mit dem Gouverneursboot an – gepullt von zehn uniformierten Männern aus der Garnison, die in einer bewundernswerten Zeit ruderten und insgesamt einen sehr imposanten Eindruck machten.
   Während des Dinners schlug der Gouverneur vor, dass wir am nächsten Tag die Yacht nach Westmannshaven schicken, mit ihm auf seinem Boot nach Qualvig fahren und von dort das Land durchqueren sollten, um dann wieder zu ihr zu stoßen.
   Mit diesem akzeptablen Vorschlag erklärten wir uns sofort einverstanden, und es wurde auch vereinbart, dass uns Mr. Müller während der Kreuzfahrt durch die Fjorde begleiten sollte. Einer aus der Garnison sollte als Lotse fungieren.
   Die Konversation zu Tisch wurde teils in Französisch und teils in Deutsch gehalten, wobei unsere Gäste untereinander gelegentlich Dänisch sprachen, während der Sysellmann in unserer Muttersprache auf uns einredete. Es war eine Konfusion der Sprachen, die es mit den letzten Stunden von Babel aufnehmen konnte. Aber da sie alle sehr umgängliche wohlinformierte Männer waren, erlahmte die Konversation nie. Als sie uns um neun Uhr verließen, hatten wir für unseren Teil einen sehr angenehmen Abend.
   Während wir an Deck eine Zigarre rauchten, nachdem unsere Freunde gegangen waren, und wir uns klar zu machen versuchten, dass es zehn Uhr war, da das Licht genau so war wie um sechs Uhr an einem schönen Sommerabend in England, kam einer der Seemänner nach Achtern, berührte seinen Hut und lenkte unsere Aufmerksamkeit auf einen Trauerzug, der sich in Richtung eines kleinen Friedhofs außerhalb der Stadt bewegte. Wir rannten sofort runter zu unseren Gläsern, mit der Absicht, einen Bericht für zuhause von einer derart interessanten und berührenden Zeremonie abzuliefern. Aber als wir auf dem Weg an Land waren, stellte sich heraus, dass es nur unser eigener Skipper war, der sich schick gemacht hatte und zu einen Spaziergang an Land unterwegs war. Die Goldstreifen an seiner Jacke riefen die Aufmerksamkeit beinahe aller Kinder und der Hälfte der Erwachsenen hervor.
   Unsere durch Mitleid herunter gezogenen Gesichtszüge wurden von Gelächter geschüttelt. Jack ging voraus, zweifelsohne um seinen Gefährten zu erzählen, wie gut er unabsichtlich den „Gouverneur“ verkaufte (unter diesem väterlichen Titel ist der Kapitän an Bord bekannt).

Trip nach Qualvig

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Dienstag, 13. Juni. Am Morgen schickten wir den Kapitän mit besten Wünschen auf seinen Weg nach Westmannshaven rund um die südöstliche Spitze von Strömöe. Wir fuhren, wie am Abend zuvor verabredet, mit dem Gouverneur und Mr. Müller im Boot des erstgenannten nach Qualvig.
   Es war ein großes offenes Boot der üblichen Bauart, das von zehn Männern der Garnison gepullt wurde, die ihm mit einem kleinen Luggersegel zusätzlich Vortrieb verschafften, welches alle Boote benutzen, wenn der Wind günstig ist, aber womit sie natürlich nie versuchen, alleine voranzukommen.
   Wir sollten nicht so schnell den Genuss dieses Ruderns vergessen. Alles war so neu, und der Tag war perfekt – weder zu heiß noch zu kalt, aber hell und sonnig. Es gab kaum genug Luft, das Segel zu füllen. Die See in den Fjorden war spiegelglatt, während der einzige wahrnehmbare Ansatz des vielgefürchteten Nebels ein bläulich transparenter Dunst war, der die Berge teilweise verschleierte, und der nicht dichter war als der Dunst, den man oft an schönen Tagen in der Schweiz sieht.
   Wir konnten es uns nicht verkneifen, dem Gouverneur zu erzählen, wie sehr uns das Wetter bisher positiv überrascht hat und trugen ihm einige der Berichte vor, die wir gelesen haben. Er lachte herzlich darüber und erklärte uns, dass sie manchmal für mehrere Wochen am Stück ein „italienisches Klima“ hätten. Juni gilt jedenfalls als der klarste Monat des Jahres. Juli und August sind etwas wärmer, aber neigen auch zu schwerem Wetter.
   Der Fjord auf unserem Kurs verlief in eine nordwestliche Richtung zwischen Osteröe und Stromöe. Er ist an der Mündung etwa zwei Meilen breit und verengt sich dann bei Qualvig zu einem Viertel dieser Breite. Beide Ufer sind von Bergen eingeschlossen. Die Küsten fallen meist abrupt zum Wasser hin ab und sind überall dort mit Gras und Sumpf bedeckt, wo sie nicht zu abschüssig sind, um der Erde Halt zu bieten. Die monotone Szene der Berge mit der totalen Abwesenheit von Bäumen, Sträuchern und sogar Gestrüpp wird nur durch die grasenden Kühe und Schafe unterbrochen – hier und da auch durch einige grasgedeckte Hütten entlang des Ufers. Isolierte Bauernhäuser sind selten. Meist stehen fünf oder sechs beisammen, die zusammen mit den Torfschuppen und Kuhställen alles in allem eine Ansammlung von etwa zwanzig Gebäuden bilden. Das Land das ihre Einwohner kultivieren, reicht in einem kleinen Umkreis in die Schlucht oder das Tal in ihrem Hinterland.
   Als wir vorbei ruderten, entdeckte der Gouverneur einige schwarze Punkte in den Bergen, von denen er uns zu erzählen wusste, dass es Schäferhunde seien, welche die Schafe zum Scheren zusammen treiben. Das ist eine sehr anstrengende Angelegenheit. Immense Gebirgszüge werden gemeinschaftlich von den Herden beweidet, die das jeweilige Recht dazu haben. Sie dürfen hier sowohl im Winter als auch im Sommer umherstreifen. Es klingt merkwürdig, aber die Herden des einen verirren sich selten in diejenigen des Nachbarn, außer wenn sie durch Überbevölkerung dazu gezwungen werden. Im Sommer werden sie zur Schur in großen Gattern zusammen getrieben, die durch etwa vier Fuß hohe Steinmauern eingeschlossen sind – und noch mal im Herbst, wenn eine bestimmte Anzahl zum Schlachten aussortiert wird.
   Die Kühe schlafen nur im Sommer draußen. Von Herbst bis Mai werden sie über Nacht in Ställe getrieben.
   Schon bevor die Färöer besiedelt wurden, nutzten sie die norwegischen Piraten als Schafsdepots, die sie hier zu dem Vorteil einführten, ihren Frischfleischbedarf decken zu können.
   Die Bootsleute sangen uns mehrere ihrer einheimischen Melodien vor. Und mittendrin waren wir nicht wenig überrascht, dass unsere eigene Nationalhymne, die ursprünglich über Norwegen hierher gelangte, lange Zeit eines ihrer Lieblingslieder war.
   Etwa gegen ein Uhr erreichten wir Qualvig, ein Dorf in annehmlicher Größe, das sich um die Ufer einer kleinen Bucht säumt. Es ist von drei Seiten dergestalt von Bergen umgeben, dass die Einwohner während einiger Wintermonate überhaupt keine Sonne sehen. Im Frühjahr 1798 waren sie sehr erstaunt, als sich die Sonne zwei Tage vor dem eigentlichen Termin zeigte. Wir vermuten eine ungewöhnlich starke atmosphärische Strahlenbrechung dahinter. Für die Färinger, die mit diesem Phänomen nichts anzufangen wussten, muss es sehr alarmierend gewesen sein, denn es ist schwer, etwas Unangenehmeres zu begreifen, als das eigene Schicksal in den Händen der gewohnheitsmäßigen Bahnen eines so wichtigen Himmelskörpers zu wissen.

Häusliche Unterkunft

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Bei unserer Ankunft gingen wir in das Haus des wichtigsten Bauern, der herauskam, um uns zu begrüßen. Er trug sein Haar in langen Locken, die über seinen Rücken reichten – eine Gepflogenheit, die man nicht nur bei alten Männern sieht. Er war über siebzig Jahre, aber sah nicht älter aus als fünfzig und bemühte sich redlich, hundert zu werden – ein Alter was nicht selten auf diesen Inseln erreicht wird.
   Er bat uns in die Gästekammer, einen Raum, der in allen Bauernhäusern der besseren Sorte zu finden ist und ausschließlich für die Nutzung durch Besucher vorgesehen ist, zumal Gasthöfe und öffentliche Wirtshäuser jeglicher Art absolut unbekannt sind.
   Es war ein angemessen großer Raum, aber so niedrig, dass wir nicht mit unseren Hüten aufrecht darin stehen konnten. Wände, Boden und Decke bestanden komplett aus unbehandelter Kiefer, peinlich sauber und mit einer Aussparung für das Bett, einem Tisch zum Kartenspielen, einem Eisenofen, ein paar Stühlen und einem großen Glasfenster versehen.
   Jedenfalls sind einige der Räume keineswegs derart sauber, wie es ein Fremder annehmen würde, der nur die gepflegte Außenfassade und die Gästekammer sieht. Einige Tage später betraten wir in Welberstadt einen kleinen niedrigen Raum, der für die Landarbeiter gedacht und so verräuchert war, dass wir kaum hindurch sehen konnten. Nach Landts Beschreibung war das ein sehr typisches Exemplar eines Raums für Diener. Ein Loch in der Decke fungierte an der Stelle eines Schornsteins. Das Feuer wurde auf einem Haufen Steinen am Boden gemacht, und die Wände waren voller Aussparungen, in denen sich die Betten befanden.
   Früher war es Sitte für die Gastgeberin, zu erscheinen und von jedem Gast, der in ihrem Haus einkehrt, einen Kuss zu empfangen. Aber dieser Brauch (der einst auch in England gepflegt wurde und sicher sehr angenehm gewesen sein muss, oder auch nicht – je nach den Umständen) gerät nun in Vergessenheit, und wir wurden nie aufgefordert, ihm entweder beizuwohnen oder daran teilzunehmen.
   Unser Gastgeber hätte uns nur allzu gerne etwas zu Essen angeboten, denn die Gastfreundschaft dieser Insulaner kennt keine Grenzen. Aber der Gouverneur brachte ein reichliches Angebot mit. Das bestand unter anderem aus einigen vorzüglichen kalten gebratenen Goldregenpfeifern, an denen wir uns nach all der Seeluft satt aßen.
   Das Haus in dem wir aßen, war ein recht kleines, das wie alle färöischen Häuser nur ein Stockwerk hatte. Aber es zeigte sich, dass dort noch ein paar andere in der Nähe waren, die von der Familie bewohnt wurden. Einige Kuhställe und Torfschuppen standen drum herum, und alle Gebäude waren genauso gebaut wie die in Thorshaven. Weitere Bauernhöfe lagen in der Nähe und waren durch markierte unebene Fußwege miteinander verbunden, über die ein paar Enten und Hennen spazierten und in den Abfällen stöberten.
   Diverse weibliche Gesichter schauten durch die Fenster, bestrebt einen Blick der Fremden zu erhaschen. Unter ihnen war eine, deren edle Schönheit sogar in unserem eigenen geliebten Lande aufgefallen wäre, aber ihre Figur sahen wir nicht, da sie wie ihre Kameradinnen zu schüchtern war, sich hinaus zu wagen.
   Ungefähr zwei Stunden nach unserer Ankunft kam der Bauer herein und gab uns Bescheid, dass die Ponys bereit wären, die in der Zwischenzeit von den Bediensteten in den Bergen eingefangen wurden, wo sie hingelassen werden, um Auslauf zu haben und zu grasen, wenn sie nicht gerade gebraucht wurden. Die Sachen des Gouverneurs und die wenigen Dinge, die wir dabei hatten, falls die Yacht uns verpasst, wurden unter den stets nützlichen Soldaten aufgeteilt, und los ging’s. Wir wanderten und ritten abwechselnd auf den extrem trittsicheren Ponys. Sie kraxelten Stellen rauf und runter, wo selbst ihre walisischen Artgenossen verunsichert gewesen wären.

Berglandschaft

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Unser Pfad war zunächst sehr steil und führte uns auf einen 1000 bis 1500 Fuß hohen Berg, der das Ende eines engen unbewohnten Tales bildete, das zu jeder Seite von steilen rauen Hügeln umgeben war. Ihre Hänge waren von unzähligen kleinen Sturzbächen und Wasserfällen durchschnitten. Wo die Abhänge der Felsen abgestuft waren, wuchs etwas Gras, aber an den meisten Stellen waren sie frei von jeglicher Erde und irgendeinem Grün. Die ganze Szene ähnelte in ihrer bedrückenden Trostlosigkeit den wildesten Gegenden Schottlands – nicht mal Loch Corruskin auf Skye ausgenommen. Sogar der Gouverneur hob es mit der Bemerkung hervor: „Voici, Messieurs, ce que sont les Feroes.“ Er versicherte uns, dass das hier ein schönes Beispiel für den generellen Charakter des Landesinneren sei, das überall voll von extrem abschüssigen Bergen zu sein scheint, die voneinander durch enge öde Täler getrennt sind – oder um es genauer zu sagen: durch tiefe Schluchten. Ihr Grund ist durch Steine und Sand verwüstet der mit dem Winterregen hier herein getragen wird. Sie sind immer unbewohnt, da die gesamte Bevölkerung an der Küste lebt. In der Tat sind sie völlig ungeeignet für menschliche Besiedlung. Mr. Müller lenkte unsere Aufmerksamkeit auf die Flechte Tartarirus [Lecanora tartarea], die auf einigen der Steine wächst. Diese Flechte wird von den Färingern Korke [korki] genannt und sehr üblich verwendet, um Wollgewebe zu färben. Während sie so gedeiht, sieht sie eigentlich weiß aus, wenn sie aber feucht ist und in der Hand zerquetscht wird, kommt das rötliche Purpur darin zum Vorschein. Durch einen sehr ausgeklügelten Prozess gewinnen die Einheimischen diesen Farbstoff in einer großen Vielfalt von Schattierungen.

Westmannshaven

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Nachdem wir eine sumpfige Ebene durchquerten, die zwei kleine Seen auf etwa 1500 Fuß Höhe über dem Meer aufwies, passierten wir die Flanken eines beinahe senkrechten Berges, bis sich der Blick auf die Bucht auftat, in der Westmannshaven liegt. Der Weg in Richtung des Dorfes führte entlang eines kleinen Flusses, der über eine Reihe Stufen oder Terrassen hinabstürzt – jede ungefähr vierzig Quadratfuß groß und so regelmäßig, dass sie an eine gewaltige künstliche Wasserversorgungsanlage im Verfallsstadium erinnerte.
   Auf unserem Weg überquerten wir die Betten von endlosen Wasserläufen, die nun aber glücklicherweise trocken waren. Nach einem Regen würden sie wohl das Reisen im Landesinnern fast unmöglich machen. Darin fanden wir verschiedene Exemplare von Zeolith-Kristallen und Chalzedon, wofür diese Inseln so berühmt sind.
   Kurz nach dem Beginn unseres Abstiegs öffnete sich die Wolkendecke und wir sahen die senkrechten Steilwände von Mygenaes, wie sie sich in der Ferne hinter Waagöe auftürmten. Sie erschienen dreimal höher als in Wirklichkeit, was am trügerischen Licht lag, das den Nachmittag prägte. Von seinem zufälligen Zustand hängt die Stattlichkeit der Landschaft entscheidend ab.
   Gegen sechs Uhr erreichten wir das Warenhaus der Regierung, das einen ihrer Handelsstützpunkte bildet. Dort gegenüber wurde ein Fünfzig-Tonnen-Kutter beladen. Etwas weiter weg sahen wir voller Freude die „Maria“ ruhig vor Anker liegen. Alle ihre Segel waren längst verstaut, denn sie kam einige Stunden vor uns aus Thorshavn an.
   Der Lagerverwalter lud uns zu sich nachhause ein, wo wir den Kapitän des Kutters und eine weitere Person aus dem Unternehmen antrafen. Uns wurde Kaffee und leichter französischer Wein serviert, der hierzulande vielleicht billiger war als in England.
   Hier trennten wir uns für eine Weile von dem Gouverneur und dem Sysellmann, die bei einigen Freunden im Dorf übernachteten. Wir gingen an Bord der Yacht, die wir unter der Verantwortung eines stattlichen militärisch aussehenden Mannes sahen. Er trug eine Uniform mit den Abzeichen eines Unteroffiziers an den Ärmeln. Er sagte uns, er wäre einer von der Garnison der Festung und der Lotse, der uns freundlicherweise vom Gouverneur für die Dauer unserer Rundfahrt zur Verfügung gestellt wurde, und dass er das Boot von Thorshaven hierher gebracht habe. Er sprach ein wenig Englisch, und konnte sich während der Überfahrt in seemännischen Belangen erfolgreich dem Kapitän und den Männern verständlich machen.
   Während des Abends schossen wir mit unserem großen Gewehr, um die Echos auszuprobieren, die wirklich gut waren. Der Lärm brachte eine Reihe Boote längsseits, die mit den Dorfbewohnern besetzt waren, welche besorgt nach dem Schiff sahen und es begutachteten. Nach ihrer Abfahrt gingen wir alle runter mit dem angenehmen Gefühl, dass keine Ankerwache notwendig ist, um uns vor der Möglichkeit eines fremden Bootes zu beschützen, das uns des Nachts heimsuchen könnte.

Ein ruhiger Ankerplatz

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Innerhalb weniger Minuten war uns klar, dass die Crew die ruhige Nacht zu nutzen wusste, denn das ganze Boot schien von ihrem tiefen und unterschiedlichen Schnarchen widerzuhallen. Jedes normale Schnarchen verblasst im Vergleich zu dem eines Seemannes, wenn er sich in seiner Hängematte auf den Rücken dreht. Und die perfekte Ruhe einer Yacht vor Anker in glattem Wasser gibt jedem an Bord – egal in welchem Teil er sich befindet – reichlich Gelegenheit, daran teilzuhaben.
   Gegen Mitternacht gingen wir für unseren Teil wieder an Deck, um zu schauen, wie sich das Wetter entwickelt. Dunkle Wolken zogen über uns hinweg, und der Wind, der den ganzen Tag schwach war, heulte nun durch die Schluchten, welche die steilen Abhänge der kahlen Berge rund um die Bucht durchschneiden. Die ganze Szene war extrem düster und fast deprimierend. Wir waren verunsichert, ob es Chancen auf gutes Wetter am nächsten Tage gibt, das wir so sehr brauchten, um die Westküste mit Genuss zu erleben.