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Autor: Anton Birlinger
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Titel: Rechtsrheinische Sagen
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aus: Volkstümliches XIII, in: Alemannia, Band XI, S. 28–39
Herausgeber: Anton Birlinger
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Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Adolph Marcus
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Erscheinungsort: Bonn
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Quelle: Google-USA*, Commons
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2 RECHTSRHEINISCHE SAGEN

21 Sage vom Stettelberger in Sernatingen – Ludwigshafen

Cyriak Kössinger, genannt der Stettelberger nach dem Gewann des Waldes Stettelberg, über den er Waldhüter war, nam beim Sezen von Marksteinen zu Gunsten des Spitales Ueberlingen und zum Nachteil s. Heimatgemeinde Sernatingen, welcher der Wald Stettelberg gehörte, wärend er auf Sernatinger Gemarkung im besagten Walde stund, Grund vom anstoßenden Spitalwald Ueberlingen in s. Schuhe und schwur: so war ein Gott im Himmel ist, gehört diser Wald dem Spitale Ueberlingen; denn ich stehe hier auf spitälischem Grund und Boden. Bald darauf starb Stettelberger beim Ausgang aus der Kirche auf deren Treppe eines plözlichen Todes und muste zur Strafe für s. Betrug biß vor wenigen Jaren als spitälischer Waldhüter in Sernatingen geisten. Im Schlößle – (dem Herrn Pfarrer Ewald in Ueberlingen gehörend) – war von jeher eine Kammer unbewonbar gewesen, in welcher sich der Geist aufgehalten haben soll. Um in zu erlösen, ließ der Spital Ueberlingen biß jezt jedes Jar in der Kirche zu Ludwigshafen ein Seelenamt halten. Heute noch spukt der Stettelberger bei alten Leuten, die in jezt noch zeitweise am Abend sehen wollen, und nichts bringt die Kinder Abends schneller von der Straße, als die Drohung mit dem „Stettelberger“.

Dr. Schedler.


[29] 22 Eine Ladung ins Tal Josaphat

Im altwirtembergschen Landstädtchen Unterriexingen ereignete sich im Jare 1688 Folgendes. Es wurden dem dortigen Bürger Israel Eckstein 25 neue Pfäle aus seinem Weinberge von seinem Nebenliger[1] Henningers Jobbeck gestolen. Sein anderer Nebenliger Mathees Hoch sah dem Diebstal zu, und bezeugte die Tat. Jobbeck läugnete aber diselbe, und verwarf Hochs Zeugnis unter dem Vorwande, daß derselbe sein Feind sei. Weil der Zeuge schüchtern zurücktrat, so brachte Jobbeck es vor dem Richter soweit, daß Israel um 1 Frevel gestraft und im auferlegt wurde, seinem Diebe die Beschuldigung abzubitten.

Im hohen Grade von Erbitterung, der sich seines Gefüls wegen des leidenden Unrechts bemeisterte, forderte Israel den Jobbeck und Hoch innerhalb Mondenfrist vor dem Gerichte der Ewigkeit zu erscheinen.

Zwar achtete Henninger diser Ladung nicht und gieng one Scheue zum h. Nachtmal; allein nach 14 Tagen schon, den 13. Februar, starb Israel Eckstein, den 5. März folgte im Hoch und am Tage des Begräbnisses dises Leztgenannten legte sich auch Henninger aufs Krankenbette, beichtete noch, vom erwachten Gewissen getriben, dem Prediger des Orts M. Wolfg. Lächelin Diebstal und Meineid, schrie, daß man es eine Straße lang hören konnte, und endigte sein Leben am 9. März.

In Kausler’s Allerlei 1782. 8. ist dise in mereren Hinsichten warnende Tatsache in naiven Reimen erzält.


23 Spuksagen

a Ueber die heilige Zeit 1827/28 regten sich alle Gespenster, die scheinbar ruhig geworden waren, aufs neue und stärker. Das in Matthias Mösners Haus zu Dornhan, das sonst seit mer den 35 Jaren her nur in der Küche rumorte, besonders gerne mit Waßergelten, kam jezt in Mösners Leibdingstüble und zwar das erstemal wie folgt. Wie froh bin ich, sagte er einst zu seiner alten Gattin, daß der Kerl nur in der Küche lärmt und nicht in die Stube kommt! Sih da, im Augenblicke auch schob der Unsichtbare, wie mit starkem Handgriffe den Rigel zurück und lupfte die Schnalle. In frühern Jaren rumorte er auch im Stalle, hat da die Rosse losgebunden. Vor Mösners Zeit wonte im Hause ein Grötzinger, sein Vater war Amtspfleger und Bürgermeister, ein betrogener Kerle, dem entlief einst sein Knecht deshalb. Dem Mösner blies der Geist etlichemal das Liecht aus. Nur einmal hat er in vom Bett aus sehen können, im Zauskittel, bückte sich mermals beim Tische und tat, als ob er etwas suchte. Unter allerlei Getöse knallte es [30] auch, wie wenn einer eine Schlüßelbüchse abschöße. Auf das Gebet weicht er und wird still.

Aufzeichnung Köhlers, Mittwoch 30. Januar 1828, aus Mösners eigenem Munde.

b Auch der seit vilen Jaren gewonte Spuk in Schloßermeister Klingels Haus regte sich aufs neue. Als Klingel einst in der Stubenkammer sich zu Bette gelegt und das auf ein Tischgen neben dem Bette gestellte Liecht gelescht hatte, hörte er ein Geräusch, dem ganz änlich, als ob die Kaze das Liecht zernagte. Als es auf sein Abweren fortdauerte und er mit den Worten: „Kuz, du Luder!“ mit s. Fuß aus dem Bette nach der vermeintlichen Kaze stieß, grif in Jemand am Fuße und hielt im denselben einige Zeit.

c Der schon vor etwa 7 Jaren gestorbene Theussenbauer in Fürnsal spukt nicht im Hause und spukte biß im Spätjare 1807 gar nicht. Nun begegnete er einst dem resign. Stadtschultheiß Reich in der Halde zwischen Fürnsal und Gundelshausen bei hellem Tage, in der Kleidung, die er lebend trug, und einen Markstein unter dem Arm haltend, redete den Reich an, der aber das nicht sagen zu dürfen versichert, was er im gesagt habe, und überhaupt ein geöffnetes Sehorgan für die unsichtbare Welt zu haben scheint, denn er sah einst 3 verstorbene Männer von Dornhan zumal und miteinander laufen.

Obiger Theussenbauer, dessen Tochtermann, ein schrecklicher Asot, vor im in den besten Jaren starb, erschin auch einem Burschen, der Holz im Walde holen wollte, aber Seil und Beil von sich warf und entprang; und dem Son des Wirts von Fürnsal, welcher zuvor den Wunsch in auch zu sehen geäußert hatte, beim Stege über den Dirnenbach, über den er gehn wollte, aber weil der Spukende von der entgegengesezten Seite herkam und mit im auf dem Stege zusammengekommen wäre, ebenfalls entsprang.

d In der Nacht vom 12./13. Januar 1828 bemerkten merere Leute in dem leerstehenden Hause des nach Ravensburg abgezognen H. Oberamts-Arztes Schettle in der Hauptstraße zu Oberndorf ein helles Liecht, das von einem Zimmer in das andere gieng und die Kreuzstöcke erhellte. Auf die Nachricht davon kamen merere Leute herbei und auch der Salzfaktor, welchem mit den Schlüßeln die Aufsicht dises Hauses übergeben war. Nun giengen um nachzusehen einige Männer in das Haus, fanden aber weder Diebe noch Liecht, und erst im Februar erfur man, daß in der nemlichen Nacht der Stadtarzt Dr. Kreuzer in Furtwangen, der eine Schwester von Schettle’s Frau zur Ehe hatte, gestorben war.


24 Teufelsbundsagen

a Ein gleicher Thurm der guten Hofnung ware Maria zu Ehingen (aD); alda auf dem Berg einem (ex Bavaria oriundus), welcher vor dem höllischen Feind, gemäß seines schriftlich mit ime errichteten Contraktes A. 1707 den 14. Aug. lebendig solte in die [31] Höllen gefürt werden. Der unglückselige Tag war schon angekommen, verfiegte sich also abends spat von Haus ganz verzweifelt in den Wald, an das Ort, wo vormals der Vertrag zwischen ime und dem Deufel geschloßen worden. Um die zehende Stund in der Nacht traffe er aldort ein, sahe aber zu seinem größten Leydwesen, daß der ganze Wald schon völlig in Flammen stunde. Nicht nur die Aest auf denen Bäumen, sondern auch die Erden unter seinen Füßen schienen ime ein so entsezliches Feur zu sein, daß ime vor Forcht und Zittern das Herz im Leib und das Mark in denen Beineren zu schauderen anfienge. Denckte also halb verzweifelt bei sich selbsten: wie ich solte von nun an auf ewig in einem so entsezlichen Feuer braten? Nunmero ist es zehen Ur, nach 3 Stunden bin ich schon würcklich aus meiner eigenen Verwilligung ein ewig unglückseliger Raub der Höllen. Da ime der kalte Todesschweiß aller Orten ausgetriben wurde, fallet ime bei die wundertätige Gnadenmutter Maria zu Ehingen auf dem Berg. Er habe sich nach Ehingen gemacht, rief Maria auf dem Wege an, womit er sich den höllischen Klauen jedesmal entriß. Auch von einem Studenten (a 1729) weiß der Bericht eine änliche Geschichte.

Marianisches Ehrenkränzlein, v. Chrysantho Plattner, Franzisk. O. Lektor in Ehingen. Constanz 1762 S. 32 ff.

b Den 8. Tag deß Monats May im 1676sten Jar Vormittag gegen 8 Ur fande sich allhier zu Augsburg in meiner Behausung ein Joseph Egmund Schultz, gewester Französischer Soldat in der bekandten Vestung Philippsburg, und gab mit großer Qual und Bangigkeit seines Herzens zu verstehen, welcher maßen er sich im Jar 1671 den 15. May in ein abscheuliche Bündnus mit dem leidigen Satan eingelassen, demselben mit Leib und Seel sich zu Dinsten ergeben, ja mit Blut auf 5 Jar verschriben habe: Dieweiln nun solcher Termin biß auf 7 Tag verflossen und zu Ende gelauffen, so hätte er sich ehistens eines höchst-kläglichen und erbärmlichen Todes zu besorgen, daß entweder der Teuffel in erwürgen, oder mit Leib und Seel davon füren würde: Weßwegen sein einiges Verlangen dahin gienge, daß er mit seinem hochbeleidigten Schöpffer wider möchte ausgesönet, dessen Gnad versichert und von dem instehenden Seelen-Verderben errettet und befreyet werden. Bald darauf fieng er an umständlich und der länge nach zu erzehlen, was im den Weg zum Teuffel gebanet, und welcher gestalt er in disen Jammer geraten seye, nemlich durch böse und mit dem verfluchte Zauber-Gifft angesteckte Gesellschafft: Es hätte ein abgefeimter Teuffels-Knecht (der sich unter den Franzosen befunden, und zu deß Satans Werber gebrauchen lassen) nicht geruhet, biß daß er in Schultzen neben 8 andern Soldaten zu Eingehung solches abscheulichen und verfluchten Pacts beredet, und dasjenige zuwegen gebracht, was er anjezo herzlich bereue und beweine, nemlich daß er sich neben besagten 8 Cameraden dem [32] Satan mit Leib und Seel ergeben und verschriben, vor gewiß glaubende, daß er von solcher Zeit an in all seinem Tun glücklichen Fortgang verspüren, durch Spile vil gewinne, wie auch Hib-, Stich- und Schußfrey bleiben wurde. Dannenhero er auf begeren deß Teufflischen Werbers eine Handschrifft mit seinem Blut auf Pergament verfertiget, dieselbe mit einem Schnuptuch umwunden, Nachts zwischen 11 und 12 Ur im freyen Felde auf einem Creuz- oder Scheideweg von sich geworffen, und solcher Gestalt den eingegangenen Pact leider! bekräftiget und bestätiget. Das Blut zu der Verschreibung hätte er von dem Daumen an der lincken Hand nemen (daran die Narben noch eigentlich zu sehen war) und von solcher Zeit an dem Teuffel in allen Dingen zu Dienst und Willen werden müssen. Er der Seelenmörder, wäre im die 5 Jar über in unterschidlichen Gestalten erschienen, bald als ein vornemer Cavallier und ansehlicher Herr, bald als ein großer Rab, zuweilen als eine schröckliche Schlange, und wiewoln er sich anfangs ser vor im geförchtet, so seye er doch nach und nach mit im je länger je gemeiner und vertraulicher worden, auch sich seines Rats und Beystands in allen vorfallenden Begebenheiten gebrauchet und bedinet. Die getane Zusag und Verheißung hätte er im zwar so fern gehalten, daß er vil Gelt durch Spilen gewunnen, es seye aber bey solchem Gewinn weder Glück noch Stern gewesen. Kurz vor seiner Hieherkunfft hätte er in Philippsburg andern Soldaten mit Hülff deß Satans bey 300 Ducaten abbetrogen, welches Gelts er aber bey einem Außfall aus Philippsburg auf einmal wieder verlustiget, ja zu einem blut- und bettelarmen Menschen gemachet worden. Doch wären im die Augen seines Gemüts hierdurch allgemach aufgegangen, daß er die Boßheit und den Betrug deß Satans erkennet und wargenommen. Worbey auch dises vil getan, daß er der grausamen Hinfürung etlicher Teuffels-Sclaven (deren Zeit zu Ende gelauffen) eigenpersönlich beygewonet, und mit höchster Bestürzung angesehen, wie der Satan endlich seinen Knechten so erbärmlich zu lonen, ja was dise Bündnuß zulezt vor ein klägliches Ende zu nemen und zu gewinnen pflege. Vor seinen Augen seyen einige solcher Rottgesellen durch den Höllischen Wüterich ganz grimmig angefallen und in den Lüfften hinweg gefüret worden, als sie kurz zuvor nochmaln auf geheiß deß leidigen Satans GOtt iren Schöpfer verlaugnet, ire leibliche Eltern, von denen sie auf dise Welt erzeiget und geboren worden, vermaledeyet, und dann zu drey unterschidlichen malen (welches bißhero noch unerhört gewesen) Fleisch, Brod, Bier und Wein in deß Teuffels Namen weggeworffen und außgeschüttet. Von den abgeleibten und hinweg gefürten Gesellen hätte er weiter nichts als die Hirnschalen gesehen, welche der Teuffel zuruck gebracht, und seinen zugegen gewesenen Sclaven vor die Füsse geworffen. Weilen er sich nun solches Elend ser tieff zu Herzen gezogen, so wäre von solcher Zeit an sein meiste Sorge gewesen, daß er der Teufflischen Freundschafft [33] quit, dagegen der Göttlichen und Himmlischen wider teilhafftig werden möchte. Massen in der allerbarmende GOtt (der kein Gefallen am Tod des Sünders träget) auch auf andere weise warnen und zur Busse ermuntern lassen, indem zu heißer Sommerszeit einer von seinen guten bekannten urplözlich seye von dem Donner berüret im an der Seiten weg, und in die Erde geschlagen worden. Welcher Fall nicht nur neue Forcht und Schrecken bey im verursachet, sondern in auch dahin bewogen, daß er sich von den Teufflischen Banden durch göttliche Hülff ganz und gar loßzureißen, dem Satan seinen Kauff wider aufzusagen, und als ein verlohrner Son bey seinem Himmlischen Vatter sich wider einzufinden gänzlich entschloßen hätte. Da aber solches der Bößwicht an im zeitlich vermercket, so hätte er in bald mit harten Troworten angefaren, bald mit vilen Verheißungen das Maul aufgesperret, bald den verschribenen fünffjärigen Termin zu produciren oder zu verlängern versprochen, bald (da er nichts bey im vermügen können) sich nicht anders angestellet, als ob er in seiner Widersezlichkeit halben gleich auf der stätte zu reißen und erwürgen wolte. Deßen aber alles ungeacht, so begere er auf seinem guten Vorhaben beständig zu verharren, und lebe der gewißen Zuversicht, daß GOTT stärker als der Teuffel seye, auch seine unendliche Barmherzigkeit alten armen bußfertigen Sündern widerfaren und gedeyen laße, vor deßen H. Angesicht begere er sich jezo wider zu stellen, nicht zweifflende, daß er um deß Todes und Verdienstes JEsu Christi willen Gnad und Vergebung erlangen werde. Der Satan (fur er fort) sag was er will, er reize mich zur Desperation und Verzweifflung an wie er mag, so bleib ich doch beständig darauf, daß GOTT vil stärker als der Teuffel seye! Wie mir nun dises lezte ser erfreulich zu vernemen gewesen, also ließ ich mir mit sonderbarem Fleiß angelegen seyn, daß er in solchem Vertrauen je mer und mer gestärcket, und zu bevorstehendem schweren Kampf wider den Teuffel recht außgerüstet werden möchte. Er gab hierauf abermaln mit Vergießung viler Tränen die Reu seines Herzens an den Tag, sprach ein Buß-Gebett über das andere auf gebognen Knien eiferig nach, schlug mit dem Zöllner öfters an die Brust, verfluchte seinen erschröcklichen Abfall von GOtt zum Teuffel, verdamte sein bishero gefürtes gottloses leichtfertiges Leben und seuffzte unabläßlich zu GOtt, daß wie er mit im bißhero so lang Gedult getragen, in nicht (wie seinen Mitgesellen) vom Donner erschlagen, oder vom Satan wie die andere dahin füren lassen; daß er im doch jezo ein bußfertiges Herz geben, ihn armseligen den Höllischen Löwen-Klauen entreißen, und das jenige Seelen-Hauß wider zu seinem Tempel und Wonung machen wolle, welches der Höllische Mord-Geist so vil Jar hero besessen und ingehabt hätte. Ich flehete selber neben ihm zu GOtt, daß er so wol seine Ere, als dises armen Menschen Seele retten, seine große Macht und Herrlichkeit erweisen, und disen bißhero [34] gewesten Teuffels-Knecht im Werck wolle erfaren lassen, daß Er, der große Zebaot, weit stärcker und mächtiger als der Satan seye! Hierauf hat er auf mein getanes vorsprechen disem Seelen-mörderischen Feind freudig abgesaget, und den verlassenen Tauff-Bund wider erneuert, mit angehengtem Versprechen, daß er sich fürohin sowol vor der Teufflischen Freund- und Gemeinschaft, als auch andern groben Sünden und Uebeltaten, allermeist aber vor böser und verfürerischer Gesellschafft, vor allem ehmals beliebten leichtfertigen spilen und rauffen fleissigst hüten und versehen wolte.

Als er dises kaum ausgeredet hatte, so ließ er sich zu einem grausamen und entsezlichen Anfall und Sturm deß bösen Feindes an, der sich anfangs in Gestalt eines großen Rabens (deß Schulzen Bericht nach), bald darauf aber weit abscheulicher präsentiret, und in auf das härteste betrohet, wo er sich nicht alsobald von mir hinweg begeben, und dise Buß-Gedanken faren lassen wurde. Wiewoln er nun anfangs sich tapffer und freudig bey solchem angehenden Kampf aufgefüret, und gute Hoffnung zum bevorstehenden Sig gemachet, so nam doch der Teufflische Anfall je mer und mer so hefftig überhand, daß der arme Mensch sich durch kein zureden in meiner Behausung länger wolte aufhalten lassen. Ich mochte sagen was ich wolte, so war sein Verlangen nach der Straßen, weilen ihm (wegen gar zu harter Betrohung deß Satans) schlechterdings unmöglich seye, länger bey mir zu verbleiben, doch solte ich gewiß glauben, daß er sich lieber wolte in Stucken zureißen, als dem Teuffel weiter zu dienen bereden lassen. Ach daß ich wissen möchte (sagte er mit seuffzen) wie einem solchen Menschen zu mut, der diser schröcklichen Höllen-Band befreyet ist! Weiln aber alle angewandte Müh und Arbeit, disen Menschen anzuhalten, umsonst gewesen, so hab ich in aus meiner Behausung in eine benachbarte Wonung gefüret, dem Haußvater zu sorgfältiger Verpflegung und Verwarung auf das ernstlichste anbefolen, dahin stets gedenckend, wie und welcher gestalt disem Armseligen völlig möchte geholffen, ja alle gute Anstalt zu bevorstehendem schweren und schröcklichen Nacht-Kampf gemachet werden. So bald ich aber besagter Wonung den Rucken zugekeret, so wolte sich der hart-verstrickte Mensch allda auch nicht länger anhalten lassen, er trang mit Gewalt (zweiffelson auf hartes Teufflisches zusezen) wider aus der Herberg heraus, und wurde von hier flüchtig, daß er nicht mer gesehen, noch von im das geringste weiter gehöret worden. Ich stehe dahero in großen Sorgen, er seye entweder vom Satan nach Verfließung der restirenden siben Tag zerrissen, oder auf andere Weise hingerichtet worden. Keines weges trau ich ihm zu, daß er in eine neue Bündnuß mit dem Feind getretten seye. Ja eben dahero, weil er weiter nicht gesehen worden, mutmaße ich, daß der Satan zwar Macht und Gewalt über den Leib bekommen, doch aber seiner Seelen hab schonen müssen.

c Was sich vor ungefer 40 Jaren zu Memmingen vor ein merckwürdiger [35] Casus zugetragen mit einem vom leidigen Satan verstrickten, jedoch desselben Macht und Tyranney glücklich wider entrückten Kauffmanns-Diener N. N., das ist unlängsten in einem besondern Poëtischen Werck, unter dem Titel deß verkerten und bekerten Ophiletis, auf die Traur-Büne gestellet, und durch eine sinnreiche Frauens-Person, Sibylla Schusterin, in wolklingenden Teutschen Reimen abgefasset worden[2]. Die vorangesezte warhafftige Geschicht lautet von Wort zu Wort also: Ein junger Kauffmanns-Diener von Memmingen war im Jar Christi 1646 an St. Stephans-Tag, Neuen Calenders, auf ein Dorff, sich im Wirtshauß lustig zu machen, spaziren geritten, und hatte daselbsten einen vermeinten Werber angetroffen, welcher sich zu im an den Tisch gesezt, und mit bequemer Gelegenheit von der verdamten Kunst, sich fest, oder Stich- und Schuß-frey zu machen, zu discuriren angefangen, Krafft welcher er im Krieg bißher sich großer Streiche angetan. Er zündete auch durch seine Beredsamkeit bey dem jungen Kauffmanns-Diener die Funcken deß Fürwizes an, daß er ihn endlich angesprochen, ob er einen guten Freund nicht auch seiner Kunst möchte teilhafftig machen? welches der verkappte Werber zwar mit Ja beantwortet, doch immer an sich gehalten, als ob er solches nicht gerne gar umsonst täte. Worauf der junge Kauffmanns-Diener in gefragt, was er dann dafür begerte? und dise Antwort empfangen: Er solte sich ihme zu einem Soldaten verschreiben, er dörffte aber erst über 20 Jar erscheinen. Dises (gedachte der Diener bey sich selbst) scheine sich noch wol tun zu lassen, sintemal diser Werber innerhalb bestimter Zeit eher tot, als noch bey Leben seyn, und er also sich wenig Gefar zu beförchten haben wurde, über das villeicht von demselben sich allweg mit Geld loßmachen könte. Ließ sich also, ohne ferneres Nachsinnen in die vorgezeigte Rolle schreiben. Zu Leistung aber deß schändlichen Versprechens von Offenbarung der verfluchten Festmacherey gab der vermumte Werber für, müsse er dem jungen Kauffmanns-Diener nur ein kleines Wündlein in den Kopf schneiden, mit dem ausgeronnenen Blut aber solte er seinen Tauff-Namen auf ein Papierlein schreiben, welches er ime in die geringe Wunden einheilen, und solcher gestalt demselben vor Schießen und Stechen eine unbetrügliche Versicherung erteilen wolle. Welches auch geschehen. Nachdem sie nun eine gute weil mit einander gezecht, und sich endlich wider zu Pferd gesezt, ritten sie miteinander biß an eine Weg-Scheide, allwo der Werber mit disen Worten Abschid genommen: Jezt finde ich dich über 20 Jar, soltest du auch gleich an der Welt Ende seyn. Woraus zwar der Diener geschlossen, daß er von disem Höllischen Werber (dann diser war es auch) hinterschlichen und betrogen sey, nam doch solches auf eine leichte Achsel, in Meinung, innerhalb so langer Zeit für seine [36] arme Seele noch wol Rat zu finden. Gieng aber in solchen gefärlichen Stricken, ob schon mit schwerem Gewissen und abwechslender Schwermut, dahin, biß die bestimmte Jar allerdings verflossen. Da er dann Anno 1666 Donnerstag Nachts vor dem Neuen Stephans-Tag von dem Feind mit scharfen Troz-Worten angeschnarchet und benachrichtiget worden, daß den künfftigen dritten Tag sein Leib und Seel ihme vermög eigen-Handschrifftlicher blutiger, freywilliger Verschreibung, verfallen sey. Welche seine Seelen-Gefar denn der Diener seiner Getreuen an seiner Seiten ruhenden Ehgehülffin entdeckte, die auch one Verzug, so wol Geistlichen als Weltlichen solches geoffenbaret, und bei denselbigen Hülff und Rat gesucht. Hierüber wurde er gefangen gesezt, und die Herren Geistliche ime zugeordnet, durch deren Anweisung er dem Satan widerruffen, iren eifrigen Zuspruch aus H. Schrifft begirig angenommen, und die Krafft deroselben herzlichen Fürbitt dergestalt genossen hat, daß, obwol der Feind auf ermeldte Zeit mit Ungestüm sich hören und spüren lassen, auch den Diener von der Ketten zureißen (wiewol vergeblich) gesuchet, und denselbigen blutig geschlagen, er dannoch durch den fürgehaltenen Macht-Spruch: Deß Weibes Samen wird der Schlangen den Kopf zertretten, sich unverrichter Sachen abtreiben lassen müssen. Darauf wurde er der Kirchen in öffentlichem Bann fürgestellt, und seine entsezliche Missetat ime nach Notdurfft vorgehalten. Nachdem er aber in einem Traur-Kleid sich in allen Predigten und Betstunden bußfertig eingefunden, und seine herzliche Reue mit vilen Tränen ernstlich bezeuget, ist derselbe deß Gefängnüsses befreyet, dem Schoß und der Gemeinschafft der Christlichen Kirchen wider einverleibet, und in sein Hauß gelassen worden. In welchem er auch eine zimliche Zeit sich Christlich und eingezogen verhalten, ließ sich doch endlich aus Ueberdruß deß stillen Lebens, nach übermäßigem Trunck, in ein verdächtiges Hauß verleiten, woraus er ein neues Unglück im leichtlich einbilden konte, welchem zu entrinnen, er sich auf die Flucht, und folgends in den Krieg begeben. Da er dann auf dem Wasser fortgefaren, in einer Welt-berümten Stadt etliche Tag still ligen müssen, und daselbst einen Handwercks-Gesellen, welcher vor disem in seinem Vatterland in Arbeit gestanden, nunmer aber eine eigene Werckstatt fürte, angetroffen, welchem er sein ganzes Herz eröffnet, und alle seine Händel erzelet, auch seinen damaligen Mangel und Elend beweglich geklaget. Diser aber trug an statt Mitleidens Scheu und Eckel über seinem Zustand, und ließ sich nicht mer von im antreffen; Reiset eine kurze Zeit hernach in deß jungen Kauffmanns-Dieners Heimat und erzelte den ganzen Verlauff, welches dann die lezte Urkund von im gewesen. Dann ob man gleich zum öfftern ausgesprengt, daß er in einer oder andern Stadt wäre gesehen worden, hat sichs doch auf eingezogene Kundschafft nicht also erfinden wollen, und [37] ist also so wol der Ort als die Art seines Tods noch zur Zeit niemand, als dem Allwissenden GOtt bekandt[3].


25 Einfältiges Gedicht von der Bärmutter

Ich kan nicht fürbey ein solch einfältiges Gedicht allhier zu erinnern, wie eine sich klug dünckende Frau zu Mayenfeld in Pünthen mir einmals, wider meine Natur, glaubend machen wolte, daß sie es gewiß und von warhafftem Mund gehöret, wie daß die Bärmutter einer am Bach schlaffenden Frauen zum Maul heraus gekrochen, sich in den Bach gebadet, und wie ein Mäußlein in aller Eyl wider zu dem Munde eingekrochen sey, daß von allem die Frau nichts empfunden hatte, welchem aber der darbey gesessene Hirt zugeschauet, und es ir hernach referirt. Ebenso wenig als warhafftes an disem Märlein ist, so wenig ist es auch möglich, daß den Weibern die Bärmutter biß an den Halß kriechen könne.

Joh. Jac. Bräuners Thesaurus Sanitatis oder Schatz menschlicher Gesundheit. Frankf. a. M. 1732 S 262.


26 Das Holderstöckle

Unterhalb des Hochgerichts, begrenzt von dem sog. Schultheißentäle auf Wurmlinger (Tuttlingen) Markung, ist ein uraltes Holderstöckle, das man nicht austilgen kann, trozdem die Leute es immer wider heraushacken. Es soll etwas damit gewesen sein. In der Ebene zwischen Rottenburg und Kiebingersteg ist der Holderstock, der ebenfalls unausrottbar und bei dem einst eine Schlacht geschlagen werden solle.


27 Glockenfund

Nicht weit von Herbertingen, mitten in dem obern Donauriede, ligt ein auffallend runder Hügel, der Bettelbühl genannt. Da soll einst ein Schloß gestanden haben. Die Kirchenglocken von Herbertingen seien daselbst herausgegraben worden.

Mündlich.


[38] 29 Das Ehinger Mirakelbild

Ehingen, sage ich, vereret ein von undenklichen Jaren her mit vilen Gnaden und Guttaten berümtes Mutter-Gottes-Bild, welches aus dem im Würtembergischen zunächst Blaubeyern gelegenen Blauental durch 2 Ochsen nicht one Wunder anhero gebracht worden; maßen solches nicht nur aus einer unbekannten, einem Stein gleichenden Materi siben Schuh hoch, folglich über 20 Centner schwer, sondern auf dem nunmero befindlichen von darumen sogen. Ochsenberg dermaßen unbeweglich geworden ist, daß selbes durch keinen menschlichen Gewalt könnte von dannen gebracht werden. Auf welchem sodann, weilen man daraus abgenommen, die große Himmelskönigin müsse ir dises Ort vor iren Gnadensiz erwälet haben usw.[4]


30 Das Mirakelbild in Mengen

In der Pfarrkirche, der Marienkirche, stet ein umgitterter Altar und darinn ist ein wundertätiges Muttergottesbild. Die gedruckte allda angebrachte Tafel besagt: Den 18. Mai 1632 hat das Marienbild seine echte Farbe verkert, seine Augen wunderbar verdreht, aufgetan, geschloßen. Dises ist geschehen im Beisein von 300 Personen, Mengen 21. Juli 1825. Es hängt dise Legende mit der Rettung der Stadt M. den 18. Mai 1632 zusammen, als die Schweden ob des dichten Nebels von der Berennung abstanden. Diser Tag der Hilfe ward järlich gefeiert mit Gottesdienst und Procession um die Stadt unter Zulauf einer großen Volksmenge aus der Nachbarschaft. Neuerlich ist das Fest auf den Pfingstmontag verlegt worden.


31 Muttergottesbild weint

Eben dises Jar den 27. Mai (1613) hat sich zu Endingen ein groß miraculum mit der Bildnuß B Mariae Virg. zuogetragen; dann als man sie hat wollen zieren, hat sie angefangen zuo wainen.

Kronik des 30jär. Krieges, Handschrift in Ueberlingen.


32 Ursulabronnen

Ursula Heiderin von Leutkirch hat lang zu Reutin gelebt; † 1498 zu Villingen in gemeltem Clarissinnenkloster; da ist ein heilsamer Brunn, welcher der seligen Ursula Brunn genennt wird. Das Wasser von solchem andächtig getrunken hat schon vilen die Gesundheit mitgebracht[5].


[39] Ezechiel Meder wirdt in ansehen aller seiner Anheng verbrant

Es wirdt auß Dresden vermeldt, daß wider Ezechiel Meder bey churfürstlichen Gnaden diser bericht einkomen, das er ein Zauberer ist und auf zeit zuo einem Müller kommen vnd ein Laib brodt von im begert, darauß er drey gemacht vnd den Müller dahin beredt, er solle seinen schaz vergraben, er wurde den auff ein Zeit dreyfach finden, darauf der Müller solches getan vnd wie die Zeit kommen, hat er den schaz erheben wellen, aber nichts funden, darauff er klain müetig haim gangen, beym Zauberer rats gefragt, der im angezaigt, der, so auß einem laib drey gemacht, hab das gelt bekommen. Auf das ists urteil ergangen, das er nicht auff die Enden kommen soll, sonder lebendig verbrendt, auch alle seine anhenger bey leib straff zuo erscheinen erfordert worden, solchem zuozuosehen, wer hinfüro ime nachfolgen oder an in glauben wurde, dem solle dergleichen widerfaren.

Ueberlinger hs. 17. Jhd.

ABIRLINGER     

  1. i. e. dem Besizer des nächst an dem seinigen ligenden Weinberges.
  2. Gedruckt zu Oetingen 1685.
  3. Die Gebrochne Macht der Finsternuß, oder Zerstörte Teuflische Bunds und Buhl-Freundschafft mit den Menschen: Das ist Gründlicher Bericht, wie und welcher Gestalt die abscheuliche und[WS 1] verfluchte Zauber-Gemeinschafft mit den Bösen Geistern angehe; wie diselbe zu- und fortgehe; Ob, und auf was Art und Weise sie widerum zergehe, und denen Teufflischen Bunds-Verwandten, aus dem äussersten Seelen-Verderben wider geholffen werden könne; Allen Heyl- und Gnaden-begirigen, und vom leydigen Satan schändlich-berückten und verstrickten Seelen zum notwendigen Unterricht und Heylsamer Widerkerung, beschriben, und mit vilen merckwürdigen alten und neuen Erzehlungen, wie auch einigen Kupffer-Bildern ausgezieret von Gottlieb Spizeln, Pfarrern zu St. Jacob in Augsburg. Augsburg, In Verlegung Gottlieb Göbels Seel. Wittib. Gedruckt bey Jacob Koppmacher 1687.
  4. Marianisches Ehrenkränzlein. Von dem Ursprung, Gnaden usw. des wundertätigen Gnadenbilds U. L. Frauen zu Ehingen a. D. Constanz 1762.
  5. Glorreiche Frucht der Buß oder kurze Beschreibung des 3. Ordens deß hl. Vaters Francisci von der Buß genannt usw. Solothurn Urs Heuberger 1731 S 427.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: uud

Die Sagen finden sich auch als Einzeltexte unter:

  1. Sage vom Stettelberger in Sernatingen – Ludwigshafen
  2. Eine Ladung ins Tal Josaphat
  3. Spuksagen
  4. Teufelsbundsagen
  5. Einfältiges Gedicht von der Bärmutter
  6. Das Holderstöckle
  7. Glockenfund
  8. Das Ehinger Mirakelbild
  9. Das Mirakelbild in Mengen
  10. Muttergottesbild weint
  11. Ursulabronnen
  12. Ezechiel Meder wirdt in ansehen aller seiner Anheng verbrant