Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Hirpinus, Freund des Horaz
Band XXIV (1963) S. 11051106
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62) Quinctius Hirpinus, ein Freund des Horaz.

Name. Beide Namen sind lateinischen Ursprungs: W. Schulze Eigenn. 229 u. 482.

Persönlichkeit. Die maßgebende Stelle ist Horat. carm. II 11, 2, wo beide Namen des Mannes genannt sind, dem dieses Gedicht gewidmet ist: Hirpine Quincti; dabei ist das Cognomen in echt Horazischer Weise (vgl. carm. II 2, 3; epist. I 2, 1. I 8, 1 u. a. St.) vorangestellt. Die Ode läßt nur sehr wenig von der Wesensart des H. durchscheinen; auch über dessen persönliche Verhältnisse finden sich hier keine kennzeichnenden Andeutungen. Da ihn der Dichter auffordert, nicht unablässig darüber nachzusinnen, was wohl der kriegsfrohe Kantabrer und der so weit entfernte Skythe Böses im Schilde führen (v. 1ff.), liegt die Vermutung nahe, daß sich dieser politische Grübler amtlich mit Staatsangelegenheiten zu befassen hatte. Hingegen sagt es nichts von seinem Verhältnis zu irgendeiner philosophischen Richtung aus, wenn er im Geiste Ewigkeitsgedanken nachhängt (v. 11f.). Es ist übrigens nicht ausgeschlossen, daß wir es mit einem Decknamen zu tun haben.

Die von Horaz gezeichnete Persönlichkeit erscheint jedenfalls als ein guter, um das Staatswohl besorgter Römer, dem der etwas ältere Freund den wohlgemeinten Rat gibt, über sein politisches Dichten und Trachten nicht des Lebens Freuden zu versäumen. Sie sind beide schon Grauhäupter, und es liegt kein Grund vor, canos (v. 15) mit Luc. Müller Sat. u. Epist. des Horaz II. Bd. (1893) 122 für verderbt anzusehen. Unentschieden aber muß es bleiben, ob das Plätzchen, wo sich der Venusiner und sein Freund feuchtfröhlich vergnügen wollen (v. 13ff.), auf Horazens Gütchen oder im Garten des H. zu denken sei.

Nahezu alle Horazerklärer vertreten die Meinung, daß H. mit dem Quinctius gleichzusetzen sei, dem der Dichter epist. I 16 sein Landgut beschreibt. Wenngleich diese Aufstellung ohne sichere Gewähr ist, hat sie doch zweifellos viel Bestechendes. Keinesfalls läßt sie einen triftigen Einwand zu. Diese Gleichsetzung angenommen, lernen wir H. hier als strebsamen, wohl auch ehrgeizigen und beim Römervolke angesehenen Großstädter vorgeschrittenen Alters (v. 18) kennen; für die zuletzt genannte Eigenschaft sprechen allem Anschein nach auch die Worte (v. 25); ,Denke, es redete jemand von den Kriegstaten, die du zu Lande und zur See vollbracht hast.‘ Treffend erscheint uns hier R. Heinzes Erläuterung (Hor. Briefe erkl. v. Kiessling-Heinze4 138): ,Q... wird in den bewegten Revolutionsjahren seiner Dienstpflicht terra marique genügt haben, in den Kämpfen gegen Sextus Pompejus und Gott [1106] weiß wo noch.‘ Die ziemlich preziösen Worte bella tibi pugnata weisen überdies darauf hin, daß H. dabei eine führende Rolle gespielt habe. Zur Zeit, als Horaz seine Episteln an ihn schrieb, dürfte H. ein Ehrenamt bekleidet haben, und die Weisheitslehren, die in v. 17–24 vorgetragen werden, legen den Schluß nahe, daß der Adressat um einige Jahre jünger als der Dichter war. All dies steht mit den – allerdings spärlichen – Wesenszügen des H., die sich aus c. II 11 gewinnen ließen, in bestem Einklang und ist geeignet, die Identifizierung der dort und in unserer Epistel angesprochenen Persönlichkeit zu stützen. – Vgl. noch Prosop. Rom. III 122 nr. 89. Horatius Episteln erkl. v. Krüger-Hoppe16 (1920) S. 74.