Poros (Πόρος), Personifikation von Reichtum, Betriebsamkeit (‚Erfindsamkeit‘, so Pfau in Pauly R.E. V 1917).
Die älteste Stelle, an welcher P. erscheint, ist ein vielbehandeltes ägyptisches, im Louvre aufbewahrtes Papyrusfragment von Alkman (Bergk PLG III⁴ p. 30 [κράτησε γ]ὰρ Αἶσα πάντων | [ἢ Πόρος] γεραίτατοι [σιῶν ἅ τ᾽ ἀπ]έδιλος Ἀλκά Diehl Anth. Lyr. Graec. II [1925] p. 9 [κράτησε γὰρ Αίσα πάντων|[καὶ Πόρο]ς, γεραίτατοι [σιῶν· ἀπ]έδιλος ἀλκά, d. h. etwa: ‚Das Schicksal und die Betriebsamkeit, die lobwürdigsten der Götter, bewältigen alles; Stärke hilft dagegen nichts.‘ Vgl. F. Blass Hermes XIII [1878] 18, mit Facsimile Taf. I. Lit. bei Diehl p. 7, vgl. Crusiuso. Bd. I S. 1568). Höfer im Art. Poros. Myth. Lex. III 2776, zieht in treffender Weise (gegen Weil und zum Teil Jurenka) Soph. Ant. 358 heran: παντοπόρος· ἄπορος ἐπ᾿ οὐδὲν ἔρχεται, von dem δεινὸς ἄνθρωπος, der immer eine ‚Auskunft‘ weiß (vgl. Aischyl. Pers. 751 πολὺς πλούτου πόρος oder πόνος ?). – Der Scholiast erklärt zu V. 13 (D) ὅτι τὸν Πόρον εἴρηκε τὸν αὐτὸν τῷ ὑπὸ τοῦ Ἡσιόδου [Theog. 116] μεμυθευμένῳ Χάει, d. h. beide sind als ‚Väter des Eros‘ identisch, meint der Scholiast (vgl. Bergk Philol. XXII [1865] 4). Zielinski hat (Arch. f. Rel. IX [1906] 43ff.) über P. bei Alk[270] man gehandelt; er bringt Eros (als S. des P.) in das Zitat hinein: κράτησε γ]ὰρ Αίσα πάντων [χώ Πόρω] und verweist (mit wenig Wahrscheinlichkeit) auf die von ihm weit zurückdatierte hermetische Schrift Κόρη κόσμου, in der (Stob. Eclog. I 4, 44 p. 956 Heeren = I 49 p. 397 Wachsm.) Gott vom Throne der Wahrheit aus zu den Seelen vor ihrer Inkorporation sagt: Ἔρως ὑμῶν, ψυχαί, δεσπόσει καὶ Ἀνάγκη. Hier ist von dem gesamten Menschengeschlecht die Rede, bei Alkman muß Eros neben Aisa spezielle Bedeutung für das Schicksal der Hippokoontiden haben, was sich in der Tat nachweisen läßt: Eros hat den Kampf zwischen Hippokoontiden und Dioskuren (Alkm. a. O. 1 Πολυδεύκης, vgl. Kaibel Herm. XXVI [1892] 258) angestiftet. Nach Plut. Thes. 31 hat Theseus die Helena nicht geraubt, sondern ihr Vater Tyndareos, der fürchtete Ἐνάρσφορον τὸν Ἱπποκόωντος ἔτι νηπίαν οὖσαν βιαζόμενον τὴν Ἑλένην λαβεῖν, vertraute sie dem Schutze des Theseus an (vgl. Höfer o. Bd. V S. 2547). Die Hippokoontiden, Vettern der Dioskuren, waren jedenfalls Konkurrenten (ἀντιμνηστῆρες τῶν Διοσκούρων, Euphorion frg. 22 b in Schol. Clem. Alex. Protr. p. 108), die Ursache zum Kampfe, der für die Hippokoontiden verhängnisvoll ausging, war gegeben (vgl. Zwicker o. Bd. VIII S. 1774).
Nach Plat. symp. 203 B (Erzählung der Diotima) hielten die Götter am Geburtstagsfest der Aphrodite einen Festschmaus ab, bei dem auch P., der S. der Metis, zugegen war. ‚Penia‘ (vgl. Höfer Myth. Lex. III 1921. Herzog-Hauser o. Bd. XXI S. 2427) steht bettelnd an der Tür. P. ist berauscht von Nektar (‚Wein gab es damals noch nicht‘), ging in des Zeus Garten und schlief ein. Penia stellte ihm nach διὰ τὴν αὐτῆς ἀπορίαν und wollte ein Kindlein von ihm; sie legte sich zu ihm und wurde mit Eros schwanger (vgl. Lyd. de mens. IV 154 p. 172 Wünsch. Porphyr. de antro nymph. 16 Nauck). Die Fabel wird auch in christlicher Literatur um der allegorischen Bedeutung willen nicht selten erwähnt, z. B. Orig. c. Cels. IV p. 532. 311ff. Koetschau, wo der ‚Garten des Zeus‘ mit dem Paradies, Penia mit der Schlange. P. mit ‚dem Menschen‘ verglichen wird; ausführlicher Euseb. praep. ev. ΧΙΙ 11, wo auch noch die Weltschöpfung und Aphrodites Geburtstag (wegen der Schönheit der Welt) in allegorische Beziehung gebracht sind.