Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Iustina, röm. Kaiserin, Gattin Valentinians I.
Band X,2 (1919) S. 13371338
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15) Iustina, Kaiserin, Tochter des Iustus, der Consularis Piceni gewesen war, aber unter Constantius II. hingerichtet wurde, angeblich weil ein Traum seiner Nachkommenschaft das Kaisertum verkündet hatte, tatsächlich wohl wegen seiner Verschwägerung mit dem Usurpator Magnentius (Socrat. IV 31, 11. Joh. Ant. frg. 187 = FHG IV 609), Schwester des Constantianus und Cerealis (Ammian. XXVIII 2, 10. XXX 10, 5; vgl. o. Bd. III S. 1981, 7. IV S. 960). In erster Ehe war sie mit Magnentius († 353) verheiratet, damals aber noch so jung, daß sie keine Kinder bekommen konnte (Joh. Ant. a. O. Zosim. IV 19, 1. 43, 1). Später heiratete sie Valentinian I., wahrscheinlich um das J. 370, da ihr Sohn Valentinian II. am 2. Juli 371 geboren wurde (Seeck Geschichte des Untergangs der antiken Welt V 439). In den weiteren vier Jahren ihrer Ehe gebar sie noch drei Töchter, Iusta, Grata und Galla, die Gattin des Kaisers Theodosius I. Socrat. IV 31, 17. Iord. Rom. 311. Joh. Ant. a. O. Zonar. XIII 15 p. 30a. Philostorg. IX 16. X 7; vgl. o. Bd. VII S. 608. 1830). Sokrates (a. O.) erzählt, sie habe mit Severa, der ersten Frau Valentinians, als junge Waise viel verkehrt, und als sie auch zusammen gebadet hätten, sei diese von der Schönheit der I. so begeistert gewesen, daß sie ihrem Gatten nicht genug Rühmens davon habe machen können. Dadurch seien dessen Begierden entflammt worden: er habe durch ein Gesetz die Bigamie erlaubt und dann I. neben der Severa zu seiner Frau gemacht. Dieser Roman [1338] wird schon dadurch sehr zweifelhaft, daß die erste Gattin Valentinians nach Chron. Pasch. a. 369. 378 nicht Severa, sondern Marina hieß. Denn diese Überlieferung wird dadurch beglaubigt, daß der Name Marina auch später im Kaiserhause wiederkehrt (Mommsen Chron. min. II 67, 403, 1. Philostorg. XI 6. Sozom. IX 1, 1), während der Name Severa ihm sonst ganz fremd ist. Doch ist es richtig, daß seine erste Frau, die Mutter Gratians, den Kaiser überlebte (Ammian. XXVIII 1, 57). Er wird sich also von ihr geschieden haben, um I., deren Schönheit auch sonst hoch gerühmt wird (Zosim. IV 43. 1. Joh. Ant. frg. 187), zu heiraten. Als Valentinian I. am 17. November 375 zu Brigetio starb, hielt sie sich mit ihrem Söhnchen hundert Millien entfernt, in der Villa Murocincta auf (Ammian. XXX 10, 4). Beide wurden durch ihren Bruder Cerealis nach Acincum geholt und dort der vierjährige Knabe am 22. November zum Augustus ausgerufen (Ammian. XXX 10, 5. Zosim. IV 19, 1; vgl. Mommsen Chron. min. I 242. Socrat. IV 31, 7. Sozom. VI 36, 5. Ambros. de ob. Valent. 59 = Migne L. 16, 1377). Die Regentschaft führte anfangs sein älterer Halbbruder Gratian. Wie sich aus den Ortsdaten der Gesetze ergibt, sind im westlichen Reichsteil alle von ihm gegeben, auch wenn sie sich auf die italische Praefectur beziehen, die seinem kleinen Bruder zugeteilt war. Doch nach seinem Tode (25. August 383, s. o. Bd. VII S. 1839) trat nicht etwa Theodosius an seine Stelle, sondern der dreizehnjährige Valentinian unterzeichnete seine Gesetze selbst, jedenfalls geleitet von seiner Mutter (vgl. Zosim. IV 44, 2). Diese soll schon bei Lebzeiten ihres Gatten im Sinne des Arianismus gewirkt haben (Sulp. Sev. dial. II 5, 5. Socrat. V 11, 4); doch dürfte dies kaum richtig sein, da sie noch nach dessen Tode ihr Söhnchen der Fürsorge des Bischofs Ambrosius empfahl (Ambr. de ob. Val. 28 = Migne L. 16, 1368). Doch seit dem J. 385 tritt sie als entschiedene Arianerin auf (Pilostorg. X 7) und wird allgemein als Anstifterin und Leiterin in dem Kampfe betrachtet, den der junge Kaiser für die Duldung der Ketzerei gegen Ambrosius führte (Ambros. epist. 53, 2. Paulin. vit. S. Ambros. llff. August. confess. IX 7, 15. Rufin. h. e. XI 15. 16. Socrat. V 11, 5. Sozom. VII 13, 2. Theodor. h. e. V 13. 14. Mommsen Chron. min. I 648, 19). Sie wurde bekehrt, nicht, wie Sokrates (V 11, 10) und Sozomenos (VII 13, 9) angeben, durch den Tod Gratians, wohl aber durch die Vertreibung ihres Sohnes aus Italien (387), die sie als Strafe des Himmels betrachtet haben wird. Sie floh mit ihren Kindern nach Thessalonike (Zosim. IV 43, 1. Sozom. VII 13, 11. Rufin. h. e. XI 16) und bewog dort den Kaiser Theodosius, ihre schöne Tochter Galla zu heiraten und zur Wiedereinsetzung ihres Sohnes in sein Reich dem Usurpator Maximus den Krieg zu erklären (Zosim. IV 43, 2ff.). Sie selbst nahm auf der Flotte, die in Italien landen sollte, an dem Feldzuge teil (Zosim. IV 45, 4). Bald darauf, vielleicht noch im J. 388, starb sie (Rufin. h. e. XI 17. Sozom. VII 14, 7. Mommsen Chron. min. I 648, 19). Seeck Geschichte des Untergangs d. antiken Welt V 199ff. 217.