2) Iunior, Dichter des Epigrammes Kaibel Epigr. gr. 810 = IG XIV 889, das die Überschrift Ἰουνιώρος trägt. Es besteht aus sechs nicht ungefälligen, aber schwer verständlichen Distichen und bezieht sich auf einen am Meere bei Sinuessa gelegenen Aphroditetempel. V. 3 heißt es (Aphrodite spricht): ναοί μοι στίλβουσιν ὑπ’ Ἠόνος, ἥν ποτε κόλποις Δρούσου καὶ γεμετῆς θρέψεν ἄθυρμα δόμος. ἐκ δὲ τρόπων πειθώ τε καὶ ἵμερον ἔσπασε κείνης πᾶς τόπος. Daß hier Ἠόνος als Eigenname zu fassen ist, hat Rubensohn Jahrb. f. Philol. CXXXLX 774 erkannt (der Name z. B. CIL VI 17 170); doch sind ihre Beziehungen zum Tempel nicht ganz klar. Rubensohn hält sie für die aeditua des Tempels und Besitzerin der daneben liegenden Weinschenke (v. 7 Βάγχου γὰρ κλισίαις με συνέστιον ἐστεφάνωσεν). Jedenfalls war sie im Hause des Drusus und seiner Gattin aufgewachsen;
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leider ist nicht auszumachen, welcher Drusus das war. Die Inschrift Orelli 2445 = CIL VI 4327 Cerdo Antoniaes Drusi aeditumus Veneris zwingt nicht zu der Annahme, daß wir es auch in diesem Falle mit dem älteren Drusus zu tun haben. Die Frage ist deshalb von Belang, weil Kiessling Coniectanea II (Greifswald 1884) I. mit Senecas Freund Lucilius Iunior gleichgesetzt hatte; Rubensohn, der in Drusus den älteren sieht, wendet ein, daß Eon 20 Jahre älter gewesen sein müsse als Lucilius, dieser sie also nicht habe besingen können. Aber von allem anderen abgesehen, wäre auch das keineswegs ausgeschlossen: eine berühmte Wirtin in der Nähe einer unser beliebtesten Universitäten ist gerade von jüngeren Männern viel angeschwärmt und angesungen worden. Aber daß Lucilius als Dichter dilettiert und nahe Beziehungen zu Campanien gehabt hat, ist freilich kein ausreichender Grund für die Gleichsetzung. Auch der Beiname I. kann nicht viel beweisen, denn er ist zwar nicht häufig, aber doch nicht vereinzelt (vgl. z. B. die Indices zu CIL III. VIII. IX. X und den von Dessau). Vgl. den Art. Lucilius Iunior.